Impfskepsis begegnen: Warum das hausärztliche Impfen jetzt so wichtig ist

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Die Ärztekammer sieht in der persönlichen Impf-Beratung von besorgten Bürgerinnen und Bürgern Potenzial.

Dass die heimischen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zum Impfstart Anfang des Jahres weder mit ausreichend Impfstoff noch mit Impfmaterial (Spritzen, Kanülen) beliefert werden konnten, missfällt der Ärztekammer bis heute. Aufgrund der knapp kalkulierten Bestellungen habe man damals viel Zeit verloren.

Doch der Blick geht auch nach vorne: "Wir befinden uns jetzt in einer anderen Phase des Impfens", erläutert Rudolf Schmitzberger, Leiter des Referates für Impfangelegenheiten der Österreichischen Ärztekammer, bei einem Pressegespräch am Donnerstag. Der Impf-Beitrag der niedergelassenen Ärzteschaft zur Beendigung der Pandemie sei nun relevanter denn je.

Ergänzung zu Impfstraßen

Der große Erfolg der terminlosen Impfevents der vergangenen Tage zeigt: Je barrierefreier der Zugang zur Impfung, desto eher lassen sich – bislang zu bequeme oder unentschlossene – Menschen mobilisieren. Vonseiten der Ärztekammer sieht man keinen Widerspruch zum Impfen in der Praxis, im Gegenteil: "Die Menschen vertrauen ihren Hausärztinnen und Hausärzten, die Hemmschwelle in die Praxis zu gehen, ist meist niedrig", sagt Schmitzberger.

Stichwort Vertrauen

"Vertrauen ist eine ganz zentrale Facette des Impfens", schickt Schmitzberger voraus. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) listet die mangelnde Impfbereitschaft derzeit als eine der zehn größten globalen Gesundheitsbedrohungen. "Wir dürfen uns nicht auf den ersten Lorbeeren der Corona-Impfung ausruhen und beim Impfen locker lassen", betont Schmitzberger. In den österreichischen Arztpraxen könne durch das persönliche Patientengespräch eine Hebelwirkung erzielt werden, was die Impfbereitschaft betrifft: "Jetzt, wo die vielen Impfmotivierten schon gut durch die Impfstraßen gelotst wurden, stehen wir im niedergelassenen Bereich vor der großen Herausforderung, all jene, die Bedenken bezüglich der Impfung haben, gut und individuell zu beraten", sagt Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer. Eine Herausforderung, die man annehme, immerhin liege in der individuellen Beratung die Kernkompetenz der Hausärztinnen und Hausärzte. "Hier liegt großes Potenzial für die Steigerung der Durchimpfungsrate", sagt Steinhart.

Dass in vielen anderen Ländern nicht nur Ärztinnen und Ärzte, sondern auch andere Gesundheitsberufler die Corona-Impfung verabreichen, sieht die Ärztekammer naturgemäß kritisch. Man könne aber nicht kommentieren, ob oder in welchem Ausmaß dadurch ernstzunehmende Risiken für die Menschen entstünden. Allerdings habe eine aktuell eigens in Auftrag gegebene Umfrage ergeben, dass über 80 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher Impfungen von medizinisch ausgebildetem Personal erhalten wollen.

"Mehr als ein Stich"

Persönliche Impfberatung statt Massenabfertigung sieht auch Naghme Kamaleyan-Schmied, Allgemeinmedizinerin und Leiterin des Referates für Primärversorgung und ärztliche Zusammenarbeitsformen der Ärztekammer, als Schlüssel zum breiten Impferfolg in Österreich: "Wir können all jene Patientinnen und Patienten, die jetzt noch zweifeln, im direkten Gespräch Sicherheit geben und auf ihre Ängste eingehen. Wir wollen hier gute Partner sein, die Menschen an der Hand nehmen und sie aus der Pandemie begleiten. Impfen ist einfach mehr als ein Stich", schildert Kamaleyan-Schmied, die seit zehn Jahren Hausärztin ist und weiß, wie stark die Corona-Impfung polarisiert. Manche Patientinnen und Patienten hätten panische Angst vor dem Erststich, "in der Praxis ist da auch schon der eine oder andere wegen einer Angstreaktion oder Kreislaufproblemen umgekippt".

Neben der Aufklärung, der Einschätzung, ob ein Mensch impffähig ist, und dem Impfstich an sich könnten Hausärztinnen und Hausärzte vor allem bei der Nachbeobachtung und etwaigem Notfallmanagement kompetent reagieren.

Schon jetzt prognostizieren manche Expertinnen und Experten steigende Infektionszahlen für den Herbst. Steinhart: "Es muss jetzt mehr denn je ein Anliegen sein, die Pandemie so rasch wie möglich beherrschbar zu machen." Bald wird bei vielen außerdem der Drittstich fällig. "Hier muss man vor allem darauf hoffen, dass im Spätsommer und Herbst genügend Impfstoff vorhanden ist."

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