Homöopathie-Kurs der Ärztekammer: Angestellte Ärzte distanzieren sich
Die Fortbildungsveranstaltung der Wiener Ärztekammer zum Thema "Komplementäre ärztliche Homöopathie bei Post- und Long Covid" - der KURIER berichtete - hat jetzt auch innerhalb der Wiener Ärztekammer zu heftigen Diskussionen geführt. Stefan Ferenci, Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, erklärte am Montag in einer Aussendung im Namen der Kurie: "Wir weisen jegliche inhaltliche Verantwortung für diese Schulung zurück und distanzieren uns klar von Fortbildungen, die Homöopathie als anerkannte medizinische Behandlungsmethode propagieren." Übertitelt ist die Aussendung mit "Ferenci: Homöopathie ist keine Wissenschaft."
Bis gestern, Sonntag, schien als Veranstalterin der Fortbildung die "Kurie Angestellte Ärzte" auf. Dies sei einem "organisatorischen Fehler" geschuldet gewesen, der sofort behoben wurde, so Ferenci. Als Fortbildungsanbieter wird seit Montag nur mehr allgemein die "Ärztekammer für Wien" genannt. Die Anmeldung selbst erfolgt dann über das Referat für komplementäre und integrative Medizin der Ärztekammer für Wien.
"Ich habe mich in allen meinen Funktionen in der Wiener Ärztekammer stets dafür stark gemacht, pseudowissenschaftlichen Tendenzen in der Medizin einen Riegel vorzuschieben", wird Ferenci in der Aussendung zitiert: "So habe ich bereits in der letzten Funktionsperiode als Finanzreferent der Wiener Ärztekammer die Abschaffung nicht wissenschaftlich belegter ÖÄK-Diplome (ÖÄK - Österreichische Ärztekammer, Anm.), wie beispielsweise auch jenes für Homöopathie, gefordert. Ich werde mich folgerichtig auch dafür einsetzen, dass solche Veranstaltungen in Zukunft nicht mehr stattfinden", erklärt Ferenci.
Generell sei es notwendig, darüber zu diskutieren, wie zeitgemäß manche Referate in der Wiener Ärztekammer noch sind. "Es braucht ein Referat, das sich kritisch mit pseudowissenschaftlichen Strömungen in der Medizin auseinandersetzt, anstatt eines Referats, das solche Inhalte unkritisch verbreitet", so Ferenci abschließend in der Aussendung.
Die Fortbildungsveranstaltung findet am 20. April in den Räumen der Wiener Ärztekammer in der Weihburggasse in der Wiener Innenstadt statt. Aufgeflammt ist die Diskussion, nachdem der deutsch-britische Mediziner Edzard Ernst Kritik an der Veranstaltung geübt und auf seiner Webseite die Frage gestellt hat: "Hat die Wiener Ärztekammer ihren Verstand verloren?"
Ernst war der weltweit erste Inhaber eines Lehrstuhls für Alternativmedizin - an der Universität Exeter in Großbritannien. Davor hatte er einen Lehrstuhl für Physikalische Medizin und Rehabilitation an der Universität Wien inne. Zu der Fortbildung schrieb Ernst: "Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz dafür, dass die Homöopathie eine spezifische, positive Wirkung bei Long / Post-Covid hat. Daher hat die angekündigte Veranstaltung etwa die gleiche Aussagekraft wie eine Vortragsreihe für 'Bungee-Jumping bei Diabetes' oder 'Donut-Essen gegen Koronare Herzkrankheit' oder 'Zigarettenrauchen zur Krebsprävention'."
Verteidigt wird die Fortbildung hingegen von der Psychiaterin und Allgemeinmedizinerin Elisabeth Lazcano-Kraupp, erste Stellvertreterin im Referat für komplementäre und integrative Medizin der Wiener Ärztekammer. Sie bezeichnete es gegenüber dem KURIER als "befremdlich, gerade bei dem Therapienotstand, den es in der Behandlung von Post- und Long-Covid gibt, sämtliche nicht konventionelle Behandlungsmethoden sofort zu verteufeln und auszuschließen." Mittlerweile gebe es weltweit viele Fallberichte, "die eine positive Wirkung der Homöopathie bei Post- und Long-Covid zeigen, auch qualitativ hochwertige Studien wurden und werden bereits durchgeführt", sagt Lazcano-Kraupp. "Gerade bei Long-Covid haben wir noch keine guten therapeutischen Möglichkeiten. Wir sollten deshalb alles ausschöpfen, um das Immunsystem zu fördern."
Kommentare