HIV-Prävention: Medikamentöse Vorbeugung wird ab Sommer 2024 kostenfrei

Die medikamentöse Infektionsprophylaxe ist eine wichtige Voraussetzung für das Ziel, bis 2030 die HIV-Neuansteckungen zu beenden.
Nehmen HIV-Negative vor dem Sex ein Medikament ein, sinkt das Infektionsrisiko um 75 Prozent. Regierung stellt fünf Millionen Euro zur Verfügung.

Am Welt-Aids-Tag vor zwei Wochen (1.12.) haben sich Aids-Hilfen und die Österreichische Aids-Gesellschaft mit Appellen an die Öffentlichkeit gewandt: 473 HIV-Infektionen wurden 2022 in Österreich diagnostiziert - ein Anstieg nach den Pandemiejahren: Ein "guter Teil" davon wäre zu verhindern gewesen, sagte damals der Infektiologe und HIV-Spezialist Bernhard Haas, Generalsekretär der Österreichischen Aids-Gesellschaft. Und zwar mit einer flächendeckenden, niederschwelligen HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP).  Die PrEP ist eine Safer-Sex-Methode, bei der HIV-Negative ein HIV-Medikament einnehmen, um sich vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen. Doch bisher war die PrEP nicht kostenfrei verfügbar. Am Freitag gab Gesundheitsminister Johannes Rauch bekannnt, dass die die PrEP noch vor dem Sommer 2024 kostenfrei wird. Die Bundesregierung stellt der Sozialversicherung dafür fünf Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Präventionsmaßnahmen wie die PrEP gehören bisher nicht zum klassischen Leistungsspektrum der allgemeinen Krankenversicherungen.

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Das Risiko einer HIV-Infektion sinkt bei einer korrekten Einnahme der infektionsvorbeugenden Medikamente um mindestens 75 Prozent.  Nach Schätzungen des Gesundheitsministeriums werden mehr als 3.000 Personen in Österreich von der Neuregelung profitieren, sagte Minister Rauch Freitag bei einer Pressekonferenz.

Die HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) wird nicht infizierten Personen empfohlen, deren Partnerin oder Partner HIV-positiv ist bzw. die generell ein erhöhtes Risiko für HIV-Infektion haben, unter anderem Männer, die Sex mit Männern haben (MSM).  Die Medikamente sind mit ärztlicher Verschreibung erhältlich. Die monatlichen Kosten für Medikamente und begleitend notwendige Laborkontrollen belaufen sich auf bis zu mehrere hundert Euro, heißt es in einer Information des Gesundheitsministeriums. Ausgewählte Apotheken bieten PrEP derzeit für rund 50 Euro pro Monat an, aber auch hier kommen noch die Kosten für die Laboruntersuchungen dazu. 

Infektiologe Haas verwies Anfang Dezember auch auf einen Bericht des Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA).  Dieser "zeigt nochmals ganz klar auf, dass durch den Einsatz von PrEP auch in Österreich HIV-Infektionen verhindert, Krankheit reduziert und schlussendlich sogar Kosten eingespart werden könnten", betonte Haas.  Präventive Maßnahmen wie die PrEP seien entscheidend, um das langfristige Ziel HIV-Neuinfektionen auf null zu reduzieren zu erreichen.

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Mit dem kostenlosen Zugang zu PrEP folgt das Gesundheitsministerium jetzt den Empfehlungen des AIHTA. Es hatte im Auftrag des Gesundheitsministeriums insgesamt 17 internationale, randomisierte und kontrollierte Studien ausgewertet und eine hohe Wirksamkeit für bestimmte Personengruppen bestätigt. Dies gilt vor allem bei Männern, die Sex mit Männern haben sowie bei Personen, die selbst HIV-negativ sind, aber in einer Partnerschaft mit einer HIV-positiven Person leben.

Insgesamt konnte die tägliche Einnahme von PrEP die HIV-Infektionsrate bei diesen Zielgruppen jeweils um mindestens 75 Prozent reduzieren. Voraussetzung hierfür ist die Einhaltung der Therapie, die auch medizinisch begleitet wird. Ein Anstieg der Diagnosen von anderen sexuell übertragbaren Infektionen oder eine Änderung des Sexualverhaltens wegen der Einnahme von PrEP konnte in den ausgewerteten Studien nicht beobachtet werden.

"Dass sich viele Menschen die Präparate bisher nicht oder nur schwer leisten konnten, ist untragbar", betonte Rauch. "Gesundheit darf keine Frage des Einkommens sein. Mit dem kostenlosen Zugang zu HIV-PrEP kommen wir unserem gemeinsamen Ziel einen großen Schritt näher: AIDS soll bis 2030 verschwinden - auch hier in Österreich.“

HIV-Prävention: Medikamentöse Vorbeugung wird ab Sommer 2024 kostenfrei

Andrea Brunner ist Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien.

Positiv äußerte sich auch Andrea Brunner, Geschäftsführerin Aids Hilfe Wien: „Mit dieser Maßnahme werden wir in Österreich dem Ziel einen Riesenschritt näherkommen, die HIV-Neuansteckungen in Österreich bis 2030 zu beenden. Wirksame HIV-Prävention wird damit auch für vulnerable Gruppen zugänglich. Und Österreich geht damit den Weg der europäischen Vorbilder, die hier schon wichtige Erfolge im Kampf gegen HIV erzielen. Denn die PrEP ist wirkungsvoll und bei korrekter Einnahme bezogen auf HIV ebenso zuverlässig wie das Kondom oder auch TasP (Treatment as Prevention).“

Details der Regelung wird das Gesundheitsministerium gemeinsam mit der Sozialversicherung in den kommenden Wochen erarbeiten. Dazu gehört auch ein Ausbau der Möglichkeiten für Tests und Beratungen. Starten soll die kostenlose Abgabe von HIV-PrEP noch vor dem Sommer 2024.

 

 

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