Hemmstoffe verhindern die Vermehung von Corona-Viren

Hemmstoffe verhindern die Vermehung von Corona-Viren
Noch basieren die Erkenntnisse auf Laborversuchen. Doch sie wecken Hoffnung auf ein wirksames Medikament.

Ein Forschungsteam von Pharmazeuten der Universität Bonn hat zwei Wirkstoff-Familien entdeckt, die die Vermehrung des Coronavirus SARS-CoV-2 blockieren können. Die Arzneimittelkandidaten scheinen geeignet, das Schlüsselenzym des Virus, die sogenannte Hauptprotease auszuschalten. Die Studie basiert auf Laborexperimenten. Für die Entwicklung von Medikamenten sind noch aufwändige klinische Studien erforderlich. Die Ergebnisse sind nun im Journal “Angewandte Chemie“ veröffentlicht.
 

Vielversprechender Ansatz

Damit sich das Coronavirus SARS-CoV-2 vermehren kann, ist es auf die
Hauptprotease als Schlüsselenzym angewiesen. Das Virus lässt sein Genom aus
RNA zunächst in einen großen Protein-Strang übersetzen. Die virale
Hauptprotease zerschneidet dann dieses Proteinband in kleinere Einheiten,
aus denen die neuen Viruspartikel gebildet werden. “Die Hauptprotease ist
ein äußerst vielversprechender Ansatzpunkt der Coronavirus-Wirkstoffforschung”, sagt Prof. Dr. Christa E. Müller vom Pharmazeutischen Institut der Universität Bonn. "Wird dieses Enzym blockiert, dann ist die Virusvermehrung in den Körperzellen gestoppt." Die Wissenschaftlerin ist Mitglied in dem Transdisziplinären Forschungsbereich "Leben und Gesundheit" der Universität Bonn.

Hemmstoffe

Die Pharmazeutischen Chemiker entwarfen eine große Anzahl an potenziellenHemmstoffen basierend auf der Struktur der Hauptprotease und dem Mechanismus, mit dem das wichtige Virusvermehrungsenzym arbeitet. "Bedingung für einen geeigneten Hemmstoff ist, dass er ausreichend fest an die Hauptprotease bindet und ihr aktives Zentrum blockieren kann", sagt Prof. Dr. Michael Gütschow, der am Pharmazeutischen Institut der Universität Bonn eine eigene Arbeitsgruppe zu solchen Inhibitoren leitet.

Fluoreszierendes Testsystem

Dann ging es in die experimentelle Phase. Die Wissenschaftler entwickelten
für das Hochdurchsatz-Screening ein neues Testsystem. Sie boten der
Hauptprotease einen Ausgangsstoff (Substrat) an, an den ein Reportermolekül
gekoppelt war. Wenn die Protease diese Kopplung katalytisch spaltete, war
ein fluoreszierendes Leuchten des Produkts messbar. Blockierte aber ein
gleichzeitig verabreichter Hemmstoff erfolgreich die Aktivität der Protease,
kam es nicht zum Aufleuchten. „Bei den meisten Testverbindungen beobachteten
wir keine Enzymhemmung. Aber in seltenen Fällen unseres umfangreichen Tests
war die Fluoreszenz unterdrückt: Das waren die erhofften Treffer bei der
Suche nach Hemmstoffen für die Virus-Protease”, berichtet Gütschow.

Wie ein Kaugummi

Zwei Wirkstoffklassen sind nach dem Hochdurchsatz-Screening der Forscher
besonders vielversprechend, und maßgeschneiderte Verbindungen aus diesen
Klassen wurden neu synthetisiert. An der Hauptprotease kleben sie wie
Kaugummi und blockieren das entscheidende katalytische Zentrum, wodurch die
Hauptprotease die Virusvermehrung nicht mehr vorbereiten kann. “Einige der
Verbindungen haben sogar noch einen weiteren Effekt”, berichtet Müller. „Sie
hemmen darüber hinaus ein menschliches Enzym, das dem Virus dabei hilft, in
Körperzellen einzudringen.“

Die Beteiligten brachten ganz unterschiedliche Expertisen in die Studie ein.
“Nur durch die großartige Kooperation ist es uns gelungen, geeignete
Wirkstoffkandidaten zu entwerfen, zu synthetisieren und biochemisch zu
charakterisieren”, sagt Gütschow. „Die besten Wirkstoffe stellen
vielversprechende Leitstrukturen für die Arzneistoffentwicklung dar“, so
Müller. Umfangreiche klinische Tests müssten aber erst noch erweisen, ob
diese Kandidaten auch im Menschen die Vermehrung des SARS-Coronavirus-2
hemmen, so Gütschow.

Neben der federführenden Universität Bonn war das Institut für Virologie und
Immunbiologie der Uni Würzburg beteiligt.

Kommentare