Werden Augentropfen künftig Kurzsichtigkeit bei Kindern bremsen?
Kurzsichtigkeit ist weltweit auf dem Vormarsch: Bis 2050 wird Prognosen zufolge die Hälfte der Weltbevölkerung kurzsichtig sein. Besonders rasant steigt die Zahl der kurzsichtigen Kinder und Jugendlichen. Verantwortlich dafür ist unter anderem die häufige Nutzung von Handys und Tablets. Damit steigt auch ihr Risiko, früher an degenerativen Augenerkrankungen zu erkranken.
Neben der Vorbeugung und Früherkennung der Myopie, wie diese Form der angeborenen oder erworbenen Fehlsichtigkeit genannt wird, wird auch an neuen Behandlungsansätzen geforscht.
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Potente Tropfen fürs Auge
Die häufigste Form der Kurzsichtigkeit ist ein übermäßiges Längenwachstum des Auges, das durch Brillen, Kontaktlinsen oder chirurgisch korrigiert werden kann. Bei Erwachsenen wird auch häufig auf Atropin-Augentropfen zurückgegriffen. Einmal täglich (abends) angewendet, verhindert das Medikament zur Erweiterung der Pupillen ein fortschreitendes Längenwachstum des Auges. Die Tropfen haben kaum Nebenwirkungen, eine bestehende Kurzsichtigkeit können sie aber nicht verändern. Ein Sehbehelf muss also weiterhin getragen werden.
Im Kindesalter sinnvoll
Geringdosierte Atropin-Augentropfen sollen auch das Fortschreiten von Kurzsichtigkeit bei Kindern verlangsamen können. Neueste, groß angelegte Forschungen aus den USA belegen nun ihren Nutzen. Konkret zeigte sich in der dreijährigen Studie, dass ein täglicher niedrigdosierter Atropintropfen in jedes Auge bei kurzsichtigen Kindern im Alter von sechs bis zehn Jahren besser wirkte als ein Placebo.
Untersucht wurden in Summe knapp 500 Kinder. Durch das Eintropfen am Abend konnte der störende Effekt der verschwommenen Sicht auf ein Minimum reduziert werden. Die Sicherheit des Arzneimittels wurde in einer noch größeren Stichprobe untersucht, die Kinder im Alter von drei bis 16 Jahren umfasste. Die verwendeten Tropfen waren sicher und wurden gut vertragen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Lichtempfindlichkeit, allergische Bindehautentzündungen, Augenreizung, erweiterte Pupillen und besagtes verschwommenes Sehen.
Wie viele Menschen genau von Kurzsichtigkeit betroffen sind, ist schwierig zu ermitteln. Laut einer Metaanalyse der American Academy of Ophthalmology dürfte der Prozentsatz der westeuropäischen Bevölkerung aber zwischen 28,5 und 37 Prozent liegen. Bis 2050 wird nach Modellrechnungen die Hälfte der Weltbevölkerung (54 – 56 Prozent) kurzsichtig sein. Eine besonders hohe Prävalenz besteht für Europa für die Altersgruppe zwischen 25 und 29 Jahren.
Hauptursachen für die Kurzsichtigkeit sind zu viel Naharbeit bzw. Lichtmangel in der Kindheit oder Jugend. Die österreichischen Augenärzte empfehlen daher, dass sich Kinder so viel wie möglich im Freien aufhalten sollten (mind. eine Stunde pro Tag) und gleichzeitig die Zeiten der Naharbeit (Lesen, Arbeiten am Handy, PC, Laptop, Tablet) reduzieren. Regelmäßige augenärztliche Kontrollen helfen außerdem, die Myopie rechtzeitig zu erkennen, gegenzusteuern und Folgeerkrankungen zu verhindern. Expertinnen und Experten fordern auch Hersteller elektronischer Geräte dazu auf, ihre Produkte augenfreundlicher.
"Optionen für Millionen von Kindern"
"Das ist eine aufregende Sache für die Myopie-Forschungsgemeinschaft, der ich seit 35 Jahren angehöre", wird Optometristin und Studienautorin Karla Zadnik von der Ohio State University in einer Aussendung zu Studie (JAMA Ophthalmology) zitiert. "Und es ist aufregend zu erkennen, dass es in Zukunft Optionen für Millionen von Kindern geben könnte, von denen wir wissen, dass sie kurzsichtig sein werden."
In diesen Fällen könnte eine Therapie mit Atropin helfen. Derzeit ist weder in den USA noch in Europa ein pharmazeutisches Produkt zur Behandlung der Myopie offiziell zugelassen. Viele Augenärztinnen und Augenärzte bieten Therapien mit Atropintropfen aber inzwischen im "Off-Lable-Use" an.
Bei der aktuellen Studie handelt es sich den Autorinnen und Autoren zufolge um die erste Untersuchung mit niedrigdosiertem Atropin, die drei Jahre lang auch Placebo-Kontrollen umfasste und an eine große Zahl an Probandinnen und Probanden aus 26 klinischen Einrichtungen in Nordamerika und fünf Ländern in Europa teilnahm. In einem zweiten Teil der Studie soll nun untersucht werden, wie die Augen nach Beendigung der Behandlung reagieren.
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