"Klo-Po" – diese etwas zugespitzte Begrifflichkeit ist Zacaria Sow, Facharzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie, neu. Das dahinterliegende Phänomen nicht: "Es ist bekannt, dass langes Sitzen auf der Toilette einen Einfluss auf die Entstehung von Hämorrhoidalleiden hat", weiß der Proktologe.
Allgemein seien die Ursachen meist vielschichtig: "Wir wissen, dass mit dem Alter das Risiko steigt, auch die Gene können relevant sein", sagt Sow. Lebensstilfaktoren spielen ebenso eine Rolle: "Ich sage meinen Patientinnen und Patienten immer, dass sie die Entstehung von Hämorrhoiden in drei Aspekten selbst beeinflussen können. Da steht die Zeit, die auf der Toilette verbracht wird, ganz oben auf der Liste."
Sow rät, den Toilettengang so kurz wie möglich zu gestalten. "Im Grunde sollte der Stuhlgang nach maximal zwei Minuten abgeschlossen sein", präzisiert er. Von Tätigkeiten, die den Besuch des WCs verlängern, rät er ab: "Das betrifft das Surfen oder Spielen am Handy genauso wie das Lesen von Büchern oder Zeitungen."
Lange Klogänge als Hinweis auf Enddarmproblene
Muss man sich die Zeit auf der Toilette regelrecht vertreiben, sei das ein Hinweis darauf, "dass der Stuhlgang schlecht abgeschlossen werden kann". Ursachen können etwa zu harter Stuhl sein, der mit wiederholtem Pressen einhergeht. Hier kommen Hämorrhoidalleiden ins Spiel: "Intensives Nachdrücken ist für die Hämorrhoiden, ringförmig angeordnete durchblutete Gefäßpolster am Ausgang des Enddarms, ungünstig." Um den Stuhlgang zu erleichtern, empfiehlt Sow Hilfsmittel wie kleine Hocker, auf denen die Füße platziert werden und so die Sitzposition optimiert wird. "Das kann die Defäkationszeit erheblich verkürzen."
Neben kurzen Klobesuchen rät der Experte zu mehr Bewegung im Alltag, um den Enddarm gesund zu halten: "Wir sitzen und stehen im Alltag meist viel, was unseren Venen allgemein, und jenen im Enddarm im Speziellen, schadet, da dadurch das Blut schlechter zirkulieren und es zu Erweiterungen kommen kann." Die Ernährung sei ebenfalls ein wesentlicher Hebel. "Man sollte darauf achten, dass der Stuhl möglichst weich ist, indem man genug Flüssigkeit zu sich nimmt, sich ballaststoffreich ernährt und eventuell die Mahlzeiten mit Flohsamen oder Magnesium ergänzt."
Im Normalzustand erfüllen Hämorrhoiden wichtige Funktionen für die Feinkontinenz. Sind sie vergrößert, können Beschwerden auftreten, die in Stadien eingeteilt werden. "Im ersten und zweiten Stadium kommt es zu Blutungen als Hauptsymptom – Blut im Stuhl sollte immer hellhörig machen und ärztlich abgeklärt werden, weil auch Dickdarmkrebs dahinterstecken kann, der dritthäufigste Krebs bei Männern und Frauen."
In späteren Stadien kommen Nässen, Juckreiz, ein Gefühl von Unbehagen oder auch Schmerzen hinzu.
Lebensstiländerung bis Operation
Behandelt wird – je nach Beschwerdebild – zuerst immer konservativ über eine Lebensstiländerung und Aufklärung. "Dann stehen auch Medikamente zur Verfügung, die bewirken, dass sich die Venen wieder zusammenziehen", sagt Sow. Wenn das nicht ausreicht, kann via Laser oder mit kleineren operativen Eingriffen Linderung erzielt werden. "Erst als letztes Mittel werden die vergrößerten Hämorrhoiden komplett entfernt."
Ob sich durch moderne Lebensgewohnheiten die Zahl der Betroffenen erhöht, sei laut Sow schwierig abzuschätzen: "Es gibt dazu ganz unterschiedliche epidemiologische Daten und auch wenig ganz solide Studien. Unter anderem deswegen, weil über Hämorrhoiden nach wie vor leider ungern gesprochen wird." Es gebe Zahlen, wonach bis zu 70 Prozent aller Erwachsenen einmal im Leben Probleme mit Hämorrhoiden haben. "Wobei hier auch Probleme wie Fissuren im Enddarmbereich, Perianalvenenthrombosen oder Krebserkrankungen umfasst sind, die ein ähnliches Beschwerdebild machen."
"Menschen trauen sich mit Beschwerden mehr aus der Deckung"
In seiner Praxis erlebt Sow, dass das Bewusstsein für Enddarmprobleme wächst: "Die Menschen trauen sich mit ihren Beschwerden immer mehr aus der Deckung, was begrüßenswert ist, denn ihnen kann geholfen werden."
Ein Termin beim Proktologen sei, das ist Sow wichtig zu betonen, ein Besuch wie bei jedem anderen Facharzt auch. "Man kann bei Enddarmproblemen viel verhindern, wenn man zeitig medizinisch eingreift."
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