Influenza: Jeder 10. Erwachsene wird sich infizieren

Man liegt im Bett und misst Fieber
Die Grippesaison steht bevor. Besonders ältere Menschen, Kinder und Personen mit Vorerkrankungen sind gefährdet. Wie man unbeschadet durch die Saison kommt.

Eins vorweg: Die Grippe ist keine harmlose Erkältung. Sie kann schwer verlaufen – und im schlimmsten Fall sogar tödlich enden. Besonders Menschen ab 60 Jahren sind gefährdet, doch auch Jüngere können ernsthaft erkranken.

Nach den stillen Jahren während der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie heftig die Grippe zurückkehren kann: In der Saison 2022/23 wurden in Österreich noch 723.256 Fälle registriert, im Jahr darauf sank die Zahl deutlich auf 45.354. Doch schon im vergangenen Jahr stieg sie wieder auf 122.571 Fälle. Wie sich die kommende Saison entwickeln wird, lässt sich nicht sicher vorhersagen. „Influenzaviren sind unberechenbar und die Mutationen zum heutigen Zeitpunkt nicht absehbar“, erklärte der Virologe Florian Krammer von der MedUni Wien kürzlich bei einer Informationsveranstaltung. Und Monika Redlberger-Fritz vom Zentrum für Virologie der MedUni Wien ergänzte: „Durchschnittlich infizieren sich pro Saison etwa 5 bis 10 Prozent der Erwachsenen und 10 bis 20 Prozent der Kinder.

Die Folgen sind gravierend: Je nach Saison und dominierendem Virustyp gibt es zwischen 400 und 4.000 Todesfällen, die mit Influenza in Verbindung stehen. Im Durchschnitt sterben jedes Jahr rund 1.300 Menschen in Österreich an den Folgen der Grippe.

Umso wichtiger ist es, rechtzeitig vorzusorgen. Die Impfung ist der wirksamste Schutz – und die Zahlen sprechen für sich, so Krammer und Redlberger-Fritz: Sie verringert, abhängig von der Saison, das Risiko einer Erkrankung um 40-60 Prozent.

Der KURIER hat die wichtigsten Infos zur Grippe und der Influenza-Impfung zusammengefasst. 

Wie erkennt man eine Influenza?

Während der Influenza-Saison von Mitte Dezember bis Ende März sind die typischen klinischen Symptome nahezu beweisend für eine Erkrankung. Charakteristisch ist der plötzliche Beginn mit Fieber und Husten, insbesondere bei Erwachsenen. Hinzu kommen häufig Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit sowie gelegentlich Schnupfen, der jedoch nicht zwingend auftritt. Bei älteren Erwachsenen zeigt sich die Influenza oftmals mit milderen Symptomen und verläuft nicht selten ohne Fieber. Stattdessen können Verwirrtheit und ein funktioneller Abbau im Vordergrund stehen. Kinder wiederum entwickeln häufiger gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall, was besonders bei Infektionen mit Influenza-B-Viren beobachtet wird.

Warum zeigen ältere Menschen oft atypische und mildere Symptome?

Der Grund dafür liegt vor allem in der veränderten Immunantwort: Mit zunehmendem Alter reagiert das Immunsystem weniger stark auf Infektionen, weshalb typische Anzeichen wie hohes Fieber oder plötzliches Krankheitsgefühl oft fehlen. Stattdessen treten unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit oder Verwirrtheit in den Vordergrund. Hinzu kommt, dass bestehende chronische Erkrankungen die Symptomatik überlagern oder verändern können, etwa durch eine Verschlechterung von Herz- oder Lungenerkrankungen. Dadurch wirkt die Grippe bei älteren Menschen zwar manchmal weniger dramatisch, ist aber in Wirklichkeit häufig gefährlicher, da das Risiko für Komplikationen wie Lungenentzündungen, Herzprobleme oder Krankenhausaufenthalte deutlich höher ist.

Warum kann es zu Komplikationen kommen?

Influenza belastet den Körper als Ganzes. Das Virus schädigt die Schleimhäute, wodurch Bakterien leichter eindringen können und beispielsweise eine Lungenentzündung entstehen kann. Gleichzeitig reagiert das Immunsystem sehr heftig, was zwar der Abwehr dient, aber auch gesunde Organe in Mitleidenschaft ziehen kann. Hinzu kommt, dass die Grippe nicht nur die Lunge, sondern auch andere Organe direkt befallen kann, etwa den Herzmuskel oder das Gehirn. Besonders gefährdet sind Menschen mit Vorerkrankungen, weil ihr Kreislauf, ihr Herz oder ihr Stoffwechsel durch die zusätzliche Belastung schnell aus dem Gleichgewicht geraten. Kurz gesagt: Komplikationen entstehen, weil die Influenza den gesamten Organismus schwächt, eine starke Immunreaktion hervorruft und dadurch auch andere Organe angegriffen werden können.

Wie wird Grippe übertragen?

Die Grippe wird in erster Linie durch Tröpfcheninfektion übertragen. "Beim Niesen können dabei enorme Mengen an Viren freigesetzt werden laut Schätzungen geht man von etwa 1 bis 100 Millionen ausgeschiedenen Viruspartikeln aus", so Redlberger-Fritz. In der Raumluft lassen sich anschließend noch bis zu 16.000 Viruspartikel pro Kubikmeter nachweisen. Neben der Tröpfcheninfektion spielt auch die Schmierinfektion eine Rolle: Beim Kontakt mit kontaminierten Flächen werden rund 10 Prozent der vorhandenen Viruspartikel auf die Kontaktfläche übertragen und können so weitergegeben werden.

Wie lange ist die Inkubationszeit von Grippe?

Die Inkubationszeit ist sehr kurz und beträgt ein bis zwei Tage. Das ist die Zeitspanne, die durchschnittlich vergeht, bis nach einer Infektion mit Influenzaviren die ersten Symptome wie Fieber oder Halsschmerzen auftreten.

Und wie lange ist man ansteckend?

Wer an Grippe erkrankt ist, kann andere Menschen anstecken – solange der Körper Viren ausscheidet. Dabei gilt: Je stärker die Symptome, desto höher auch die Viruslast. Besonders zu Beginn der Erkrankung ist das Risiko einer Ansteckung groß, mit abklingenden Beschwerden nimmt es ab. Im Durchschnitt sind Erkrankte ab dem ersten Auftreten von Symptomen etwa vier bis fünf Tage lang infektiös. Bei Menschen mit chronischen Vorerkrankungen, geschwächtem Immunsystem oder schwerem Krankheitsverlauf kann die Ansteckungszeit jedoch deutlich länger andauern. Und: Auch bevor die ersten Symptome auftreten, ist eine Übertragung der Viren bereits möglich.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es im Krankheitsfall?

Bei einer unkomplizierten Grippe steht vor allem die Linderung der Symptome im Vordergrund – etwa durch fiebersenkende Medikamente, Schmerzmittel und ausreichend Bettruhe. Bei Riskikogruppen etwa mit geschwächtem Immunsystem können antivirale Medikamente zum Einsatz kommen, sofern die Influenza-Virus-Infektion bestätigt ist – diese müssen allerdings sehr früh verabreicht werden um gut zu wirken.

Welche Virustypen zirkulieren bei uns?

Die saisonale Grippe wird durch Influenza-A- und Influenza-B-Viren ausgelöst. Bei den A-Viren gibt es vor allem zwei Untergruppen, H1N1 und H3N2. Bei den B-Viren unterscheidet man eigentlich zwei Linien: „Victoria“ und „Yamagata“. Allerdings wurde die Yamagata-Linie seit März 2020 weltweit nicht mehr gefunden. Das bedeutet, dass derzeit nur drei Grippeviren im Umlauf sind:

  • Influenza A(H1N1),
  • Influenza A(H3N2) und
  • Influenza B/Victoria. 

Ob die Yamagata-Linie irgendwann zurückkehrt, ist unklar – sollte das passieren, würden es die weltweiten Überwachungssysteme aber frühzeitig bemerken.

Welche Impfstoffe stehen zur Verfügung?

Für den Schutz vor der Grippe stehen verschiedene Impfstoffe zur Verfügung. "Klassisch werden sogenannte trivalente Impfstoffe eingesetzt, die gegen die beiden Influenza-A-Subtypen H1N1 und H3N2 sowie gegen ein Influenza-B-Virus schützen. Dabei handelt es sich in der Regel um inaktivierte Impfstoffe, die keine vermehrungsfähigen Viren enthalten," erklärt Krammer. Für ältere Menschen gibt es spezielle Präparate: hochdosierte Impfstoffe mit der vierfachen Antigenmenge, die ab 60 Jahren empfohlen werden, sowie adjuvantierte Impfstoffe wie „FluAd“, die ab 50 Jahren zugelassen sind und das Immunsystem zusätzlich stimulieren. Für Kinder wiederum gibt es einen nasalen Lebendimpfstoff („FluEnz“), der über die Nasenschleimhaut verabreicht wird und besonders einfach anzuwenden ist.

Neben den Impfungen stehen auch antivirale Medikamente zur Verfügung, die im Falle einer Erkrankung wirksam sein können. Wichtig ist dabei allerdings, dass sie möglichst früh nach Ausbruch der Symptome verabreicht werden.

Für wen ist die Grippeimpfung besonders empfohlen?

Eine jährliche Grippeimpfung wird grundsätzlich für alle Menschen ab sechs Monaten empfohlen. Besonders wichtig ist sie für Personen ab 60 Jahren, Kleinkinder sowie Menschen mit geschwächtem Immunsystem, darunter chronisch Kranke und übergewichtige Personen. Auch wer in Gemeinschaftseinrichtungen lebt oder beruflich und privat häufig mit vielen Menschen in Kontakt kommt, sollte sich impfen lassen, um sich selbst und andere zu schützen.

Können sich auch Schwangere impfen lassen?

Das Nationale Impfgremium empfiehlt allen Schwangeren die Grippeimpfung, da das geschwächte Immunsystem in der Schwangerschaft Infektionen begünstigt. Gleichzeitig schützt die Impfung auch das Baby: Antikörper gelangen über die Plazenta und bieten dem Neugeborenen in den ersten Monaten einen gewissen Schutz. Die Impfung mit Totimpfstoffen ist jederzeit während der Schwangerschaft möglich, idealerweise im 2. oder 3. Schwangerschaftsdrittel. Bei bevorstehender Grippewelle kann sie auch schon im 1. Drittel sinnvoll sein. Stillende Frauen können ebenfalls geimpft werden.

Welche Nebenwirkungen können nach der Impfung auftreten?

Nach der Impfung kann es an der Einstichstelle zu Rötung, Schwellung oder leichten Schmerzen kommen – bei Hochdosis- und adjuvantierten Impfstoffen etwas häufiger. Auch grippeähnliche Beschwerden wie Fieber, Frösteln, Müdigkeit oder Muskelschmerzen sind möglich, klingen aber meist nach wenigen Tagen von selbst wieder ab.

Wie oft muss man sich gegen Grippe impfen lassen?

Die Grippeimpfung muss jährlich wiederholt werden, da der Impfstoff auf die saisonalen Veränderungen der Grippeviren angepasst werden muss. Die Krux bei den Influenzaviren ist ihre Tendenz, sich genetisch recht rasch zu verändern, so Krammer und Redlberger-Fritz. Das sei wie ein "Stille-Post-Spiel der Natur", erklärte letztere. Die immer etwas veränderte Erbgut-Kopie "von einer Kopie und ihrer Kopie und wiederum deren Kopie" sieht einfach irgendwann derart anders aus, dass sie unser Immunsystem nicht mehr ausreichend erkennt. 

Bereits im Februar legt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) legt auf Grundlage globaler Überwachung der Grippeviren fest, welche Virusstämme im kommenden Herbst am wahrscheinlichsten zirkulieren. Es folgt die Produktion in bebrüteten Hühnereiern oder Zellkulturen und die Auslieferung des Impfstoffes im Spätsommer bzw. Frühherbst. Die Influenza-Impfung ist für die Bevölkerung im Rahmen des öffentlichen Impfprogramms kostenlos

Wann ist der beste Zeitpunkt für die Grippe-Impfung?

Die Grippeimpfung sollte idealerweise jedes Jahr zwischen Oktober und Mitte Dezember erfolgen. Nach der Impfung benötigt der Körper etwa 10 bis 14 Tage, um einen ausreichenden Schutz gegen eine Ansteckung aufzubauen. Auch eine spätere Impfung zu Beginn des Jahres kann noch sinnvoll sein – vor allem, wenn die Grippewelle gerade erst beginnt oder noch nicht eingesetzt hat. Nach der Impfung kann es an der Einstichstelle zu Rötung, Schwellung oder leichten Schmerzen kommen – bei Hochdosis- und adjuvantierten Impfstoffen etwas häufiger. Auch grippeähnliche Beschwerden wie Fieber, Frösteln, Müdigkeit oder Muskelschmerzen sind möglich, klingen aber meist nach wenigen Tagen von selbst wieder ab.

Kann man trotz Impfung an Grippe erkranken?

Ja, das ist möglich, da der Schutz nicht 100 Prozent beträgt. Allerdings verläuft die Erkrankung bei Geimpften meist deutlich milder, und schwere Komplikationen treten seltener auf.

Welche Schutzmaßnahmen helfen, abgesehen von der Impfung, am besten, eine Ansteckung zu vermeiden?

Neben der Impfung schützen auch die von der Corona-Pandemie gelernten einfache Hygienemaßnahmen vor einer Ansteckung: Hände regelmäßig gründlich waschen, in die Armbeuge husten oder niesen, benutzte Taschentücher sofort entsorgen und Räume regelmäßig lüften. Schleimhäute von Mund, Nase und Augen möglichst nicht berühren. Masken mit Partikelfilter können zusätzlich helfen, sich selbst und andere zu schützen. Wer krank ist, sollte den Kontakt zu anderen so weit wie möglich vermeiden – und bei notwendigen Terminen, etwa beim Arzt, unbedingt eine Maske tragen. 

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