Den Impuls, bei Stress oder gedrückter Laune Trost oder Beruhigung im Essen zu suchen, den kennt wohl jeder aus seinem Alltag. Zum Problem, meint Jahoda, werde das Essverhalten aber dann, „wenn wirklich alle Stresssituationen und alle negativen Emotionen nur übers Essen bearbeitet werden und man keinerlei andere Möglichkeit mehr sieht, damit umzugehen.“
Antrainiert
Eine der ersten Schritte, das eigene Essverhalten zu reflektieren, sei also sich selbst zu fragen: „Versuche ich, meine Probleme mit Essen zu lösen?“ Auch festgefahrene Glaubenssätze, etwa „Schokolade macht glücklich“, sollte man bewusst hinterfragen. Womit man bei einem anderen Problem des emotionalen Essens wäre – man greift dabei nur in den seltensten Fällen zu „gesunden“ Lebensmitteln. Ein knackiger Salat nach einem harten Tag? Fehlanzeige. Eher landen in dem Fall Tiefkühlpizza, Chips, Schokoriegel und Kekse auf dem Esstisch.
Auch hier ist, so Jahoda, die Wurzel in den meisten Fällen in der Kindheit zu finden. Denn Schokolade als Belohnung für eine gute Note oder ein Stück Kuchen als Trost bei einem aufgeschlagenen Knie waren bei vielen gang und gäbe. Kein Wunder, immerhin wirken Zucker und kohlenhydratreiche Speisen stimmungsaufhellend: Sie steigern – wenn auch nur kurz – die Ausschüttung der als Glückshormone bekannten Neurotransmitter Dopamin und Serotonin.
Kreislauf
Dass es der Alltag Eltern und Großeltern sehr schwer macht, Kindern und Enkeln kein verworrenes Verhältnis zum Essen anzutrainieren, ist Jahoda bewusst. „Es ist nun einmal das einfachste und in so gut wie jeder Situation verfügbar – für eine gemeinsame Unternehmung fehlt oft die Zeit.“ Dennoch rät sie, zumindest da, wo es vermeidbar ist, Essen in der Kindererziehung nicht als Belohnung oder Trost einzusetzen.
Zu schnell kann man sich später im Leben in einem toxischen Kreislauf wiederfinden: Man fühlt sich schlecht, man tröstet oder beruhigt sich mit Ungesundem, man nimmt an Gewicht zu, man fühlt sich schlecht. Dieses Muster zu durchbrechen, das ist schwer – doch es ist möglich.
Alternativen
„Überlegen Sie: ‚Was gibt es anderes, das mir jetzt gut tun könnte?‘“, rät Jahoda. Das könne etwa ein entspannendes Bad sein, ein Telefonat mit einer Freundin oder ein Spaziergang. So verschaffe man sich eine Verschnaufpause, eine Möglichkeit den Impuls zu überbrücken, der einen direkt zur Naschlade geführt hätte.
„In diesen Momenten können Sie auch einmal überlegen, was Sie akut so belastet hat“, sagt die Expertin. Denn eines sei klar: Um tatsächlichen Hunger gehe es beim emotionalen Essen nicht. „Es ist viel mehr ein emotionaler Hunger – und der kann oft nicht gestillt werden.“
Noch weniger gehe es beim Emotional Eating um den Genuss oder die Gemeinschaft. Gibt zum Beispiel der Kollege an einem stressigen Bürotag eine Runde Kekse aus, ist daran absolut nichts auszusetzen, beruhigt Jahoda. Das sei ein gemeinsamer Beschluss, über die Kekse können sich in dem Fall alle miteinander freuen. „Emotional Eating auf der anderen Seite ist etwas sehr einsames, das nicht in Gesellschaft passiert. Man kapselt sich ab, um seine Emotionen übers Essen zu regulieren.“
Eines ist der Expertin wichtig: „Seien Sie nicht so streng zu sich selbst.“ Das gelte bei einem Rückfall in alte Muster. „Das ist nicht tragisch. Viel wichtiger ist es zu lernen, ein Stück liebevoller mit sich umzugehen. Und auch nicht zu zögern, sich Hilfe zu holen, wenn man alleine nicht weiterkommt.“
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