Drinks, Pulver, Riegel: Brauchen (Hobby-)Sportler Nahrungsergänzungsmittel?

Eine Frau isst einen Proteinriegel.
Viele Hobbysportler greifen oft zu Produkten, die für Profiportler bestimmt sind. Doch wer braucht was tatsächlich?
  • Eine ausgewogene Ernährung sollte die Grundlage für Sportler sein, Nahrungsergänzungsmittel sind nur in spezifischen Fällen sinnvoll.
  • Bestimmte Nahrungsergänzungen wie Sportgetränke und Proteinsupplemente haben wissenschaftliche Unterstützung, während andere keinen gesicherten Nutzen bieten.
  • Proteine unterstützen die Regeneration nach dem Training, der Bedarf kann jedoch meist durch natürliche Lebensmittel gedeckt werden.

Nahrungsergänzungsmittel (NEM) gehören für viele Breitensportler genauso zum Alltag wie für Profis. Doch längst nicht alle Präparate bringen den erhofften Nutzen. Fachgesellschaften empfehlen deshalb klar: Zuerst sollte immer eine ausgewogene, auf Trainings- und Wettkampfbelastungen abgestimmte Ernährung stehen – getreu dem Motto „Food first“. Nur in bestimmten Fällen könne der gezielte Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln sinnvoll sein, heißt es aus der Wissenschaft.

Eine solide wissenschaftliche Basis gibt es vor allem für einige spezifische Produkte, sagt Oliver Neubauer vom Department für Ernährungswissenschaften der Uni Wien sowie der Universität für Weiterbildung Krems. „Eine gute fachliche Evidenz haben je nach Art und Intensität des Sports und in jeweils sportartspezifischen Situationen Sportgetränke, kohlenhydratreiche Energieriegel, Gels und Proteinsupplemente, Eisen, Multivitamine, Vitamin D und Probiotika“, so Neubauer.

Solche Ergänzungen seien etwa sinnvoll, um bei langen und intensiven Ausdauerbelastungen wie einem (Halb-)Marathon den Bedarf an Energie, Kohlenhydraten und Flüssigkeit zu decken. Wie viele Kohlenhydrate bei welcher Belastung?

  • Schon bei Belastungen zwischen 45 und 75 Minuten könnten kleine Mengen an Kohlenhydraten leistungssteigernd wirken. 
  • Ab einer Belastungsdauer von einer bis zweieinhalb Stunden werden 30 bis 60 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde empfohlen, bei längerer Belastung bis zu 90 Gramm. 

Wichtig sei dabei, dass Energieriegel leicht verdauliche und schnell verwertbare Kohlenhydrate enthielten. Wer extremen Bedingungen wie Hitze oder starkem Schwitzen ausgesetzt ist, sollte zudem auf Natriumzusätze in Sportgetränken achten.

Proteine: Wichtig für die Regeneration

Nach dem Training unterstützen Proteine die körpereigene Neubildung von Eiweißen – Grundlage für Anpassungen an Kraft- und Ausdauerreize. Ein erhöhter Bedarf von 1,2 bis 2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht lässt sich laut Neubauer gut durch natürliche Lebensmittel decken. Auch die empfohlene Aufnahme von 20 bis 30 Gramm hochwertigem Protein unmittelbar nach intensiven Belastungen sei ohne Supplemente möglich.

Proteinsupplemente bieten keinen physiologischen Vorteil im Vergleich zu Lebensmitteln.

von Oliver Neubauer

Pflanzliche Quellen mit hohem Eiweißgehalt wie Pilze, Hülsenfrüchte, Nüsse und Soja haben meist einen höheren Ballaststoff-, Kohlenhydrat- und Vitaminanteil als tierische Proteinquellen. Gleichzeitig enthalten sie weniger gesättigte Fettsäuren. 

Gute Eiweißquellen sind Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Eier sowie Hülsenfrüchte wie Linsen, Soja und Erbsen und Getreideprodukte. Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) benötigen gesunde Erwachsene im Alter von 19 bis 65 Jahren, die maximal fünf Stunden pro Woche sportlich aktiv sind, keine erhöhte Proteinzufuhr. Bei mehr als fünf Stunden Sport pro Woche „wird abhängig vom Trainingszustand und Trainingsziel eine Proteinzufuhr von 1,2 bis 2,0 g/kg Körpergewicht/Tag empfohlen.

Vorsicht bei Mikronährstoffen

Zu den Mikronährstoffen, die bei Sportlern kritisch werden können, zählen Eisen, Calcium, Natrium und Vitamin D. Ursachen für Defizite können ein erhöhter Bedarf durch sportliche Belastungen, Verluste durch Schwitzen oder spezielle Ernährungsweisen in bestimmten Trainingsphasen sein. Dennoch könne auch ein Bedarf von 100 bis 200 Prozent über den Normalwerten meist problemlos durch eine ausgewogene Ernährung gedeckt werden. Nahrungsergänzungsmittel seien hier nur in Ausnahmefällen notwendig – und dann müsse auf eine „physiologische“, also an den Körper angepasste, Dosierung geachtet werden.

Unzureichend untersucht, aber mit potenziellem Nutzen, seien Nahrungsergänzungen wie isolierte Polyphenole, Kollagen-Protein, Carnitin und Fischöl. Kein gesicherter Nutzen bestehe dagegen für Magnesium, Beta-Hydroxy-beta-Methylbutyrat (HMB) sowie verzweigtkettige Aminosäuren (BCAAs) und Leuzin.

Gesunde Ernährung bleibt die Basis

Das Fazit der Experten ist eindeutig: Sowohl für Freizeit- als auch für Leistungssportler bietet eine ausgewogene, naturbelassene Ernährung ein enormes Potenzial zur Leistungssteigerung und Gesundheitsförderung. Nahrungsergänzungsmittel sind laut Neubauer nur sinnvoll „in Situationen, in denen die bedarfsdeckende Aufnahme von Energie, Nährstoffen (besonders Kohlenhydrate) und Flüssigkeit in Form von ‚natürlichen‘ Lebensmitteln nicht praktikabel ist. Oder bei einem klinisch diagnostiziertem Nährstoffmangel.“ Doch auch, wenn Proteinriegel oder -drinks praktisch sind, sollten sie nicht statt einer ausgewogenen Ernährung verwendet werden - nach dem Motto: hin und wieder ist okay, täglich aber nicht. 

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