Protein-Boom: Wie viel Eiweiß brauchen wir wirklich?

Nach dem Sport ist ein Müsli mit proteinhaltigem Joghurt eine gute Wahl.
Ob Pudding, Müsli oder Brot – immer mehr Lebensmittel werden als High-Protein-Produkte beworben. Während früher vor allem Sportler zu Proteinriegeln und Shakes griffen, finden sich heute proteinangereicherte Produkte in nahezu allen Lebensmittelkategorien. Doch: Brauchen wir diese Extraportion Eiweiß wirklich?
„Der Proteinbedarf wird oft überschätzt“, sagt Ernährungswissenschaftlerin Katharina Bruner. "Bei einer ausgewogenen Ernährung ist er normalerweise gut gedeckt." Eine Ausnahme bildet die vegane Ernährung, bei der gezielt auf Eiweißquellen geachtet werden sollte – jedoch nicht zwingend durch High-Protein-Produkte.
Der tägliche Protein-Bedarf eines Erwachsenen
Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), deren Empfehlungen auch in Österreich gelten, benötigen Erwachsene zwischen 19 und 65 Jahren täglich 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Das entspricht bei 70 Kilogramm Körpergewicht 56 Gramm Eiweiß pro Tag.
Mit zunehmendem Alter steigt der Protein-Bedarf: Ab 65 empfiehlt die DGE 1 g/kg Körpergewicht/Tag, da die Fähigkeit zur Muskelbildung abnimmt. Fehlt die notwendige Proteinzufuhr, kann es zu Muskelabbau kommen. Dieser erhöhte Bedarf lässt sich aber durch eine ausgewogene Ernährung decken. Bruner rät zu möglichst naturbelassenen Lebensmitteln mit wenigen Zusatzstoffen. Natürliche Eiweißquellen sind unter anderem:
- Fleisch,
- Fisch,
- Milchprodukte,
- Eier sowie
- Hülsenfrüchte wie Linsen, Soja und Erbsen.
So beurteilt eine Ernährungswissenschaftlerin High-Protein-Produkte
„Wichtig ist, verschiedene Eiweißquellen zu kombinieren und die Proteinzufuhr über den Tag zu verteilen, statt große Mengen auf einmal zu konsumieren“, empfiehlt die Ernährungswissenschaftlerin. Proteinprodukte seien nicht grundsätzlich schlecht, doch sollte man auf den Verarbeitungsgrad achten.
Es erscheint verlockend, einfach ein vermeintlich gesünderes Produkt zu wählen, anstatt die Ernährung grundsätzlich anzupassen.
zu High-Protein-Produkten
Insbesondere Sportler greifen häufig zu Proteinprodukten. Tatsächlich kann eine angemessene Proteinzufuhr den Trainingsprozess unterstützen. Dies gilt allerdings eher für Profis als für Hobbysportler. Laut DGE haben Erwachsene mit bis zu fünf Stunden Sport pro Woche keinen erhöhten Proteinbedarf. Bei intensiverer sportlicher Aktivität kann eine Proteinzufuhr von 1,2 bis 2 g/kg Körpergewicht/Tag sinnvoll sein, abhängig von Trainingszustand und -ziel.
„Nach dem Sport sollten Kohlenhydrate und Proteine kombiniert werden – etwa ein Fruchtjoghurt, Buttermilch oder eine pflanzliche Eiweißquelle“, so Bruner. Beispiele für Post-Training-Mahlzeiten sind etwa Fisch oder Fleisch mit Erdäpfeln oder ein Joghurt mit Banane und Müsli. Fertige Proteinriegel seien zwar praktisch, doch sollte man nicht täglich dazu greifen.
Wie viel Eiweiß steckt wirklich in High-Protein-Produkten?
Zudem enthalten High-Protein-Produkte nicht zwangsläufig mehr Eiweiß. Laut einem Test des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) weist Eiweißbrot oder Protein-Joghurt nicht immer einen höheren Proteingehalt auf. Stattdessen enthalten sie häufig mehr Fett, Zusatzstoffe wie Süßungsmittel und eine höhere Kalorienmenge wie ihre herkömmlichen Alternativen.
„Es erscheint verlockend, einfach ein vermeintlich gesünderes Produkt zu wählen, anstatt die Ernährung grundsätzlich anzupassen“, betont Bruner. Eine abwechslungsreiche Ernährung bleibe der beste Weg, den Körper optimal mit Nährstoffen zu versorgen.
Kommentare