Muskelaufbau: Ist pflanzliches oder tierisches Protein besser?

Ob pflanzliche oder tierische Proteinquellen besser für den Muskelaufbau sind, untersuchten US-Forscher.
- Die Studie zeigt, dass pflanzliches und tierisches Protein gleichermaßen effektiv für den Muskelaufbau ist.
- Die Verteilung der Proteinaufnahme über den Tag hat keinen Einfluss auf die Muskelproteinsynthese.
- Entscheidend ist die ausreichende Aufnahme von hochwertigem Protein nach dem Training, um den Muskelaufbau zu unterstützen.
Wer Muskeln aufbauen will, muss Fleisch essen. Und das Protein am besten gleichmäßig über den Tag verteilen. Diese Überzeugungen gehören laut einer neuen Studie der University of Illinois in den USA möglicherweise der Vergangenheit an.
Die Forscherinnen und Forscher kommen zu einem überraschend klaren Ergebnis: Weder die Herkunft des Proteins – pflanzlich oder tierisch – noch die Verteilung über den Tag hinweg machen einen Unterschied beim Muskelaufbau. Entscheidend sei lediglich, dass genügend hochwertiges Eiweiß aufgenommen wird.
"Lange Zeit ging man davon aus, dass tierisches Eiweiß dem pflanzlichen überlegen ist – vor allem, wenn es um den Muskelaufbau geht", erklärt Studienautor Nicholas Burd. Diese Sichtweise basierte bisher vor allem auf Kurzzeitstudien, in denen die Wirkung einzelner Mahlzeiten untersucht wurde. "Wir wollten herausfinden, ob sich dieses Ergebnis auch über mehrere Tage hinweg in der Praxis bestätigt."
Pflanzlich, tierisch – egal. Hauptsache, genug
Für die Untersuchung rekrutierte das Forschungsteam 40 gesunde, sportlich aktive Erwachsene zwischen 20 und 40 Jahren. Nach einer einwöchigen Einführungsdiät wurden die Teilnehmenden in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine ernährte sich streng vegan, die andere omnivor, also mit tierischen Produkten wie Fleisch, Eiern und Milch. Beide Gruppen erhielten sämtliche Mahlzeiten vorgegeben – rund 70 Prozent des tierischen Proteins stammten aus klassischen Quellen wie Rind, Schwein oder Geflügel.
Besonderes Augenmerk legten die Forschenden auf eine ausgewogene Zusammensetzung pflanzlicher Proteine, um eine vollständige Versorgung mit allen notwendigen Aminosäuren sicherzustellen – ganz ohne Eiweißpräparate.
Zusätzlich wurden beide Gruppen nochmals aufgeteilt: In einer Variante wurde das Protein gleichmäßig auf drei Mahlzeiten verteilt, in der anderen über den Tag variiert, mit einem höheren Anteil gegen Abend.
Parallel zur Ernährung absolvierten die Teilnehmenden regelmäßig Krafttraining. Um den Muskelaufbau exakt zu messen, setzten die Wissenschafter auf ein ungewöhnliches Hilfsmittel: mit Deuterium angereichertes Trinkwasser, das es ermöglicht, neu gebildete Muskelproteine genau zu verfolgen. Dieses sogenannte "schwere Wasser" wird in der Wissenschaft zur Markierung von Molekülen – wie in der Muskelstudie – verwendet.
Die Auswertung brachte klare Ergebnisse: Zwischen veganer und fleischhaltiger Kost zeigte sich kein Unterschied bei der Muskelproteinsynthese – also der Bildung neuer Muskelmasse. Auch die Verteilung der Eiweißaufnahme über den Tag hatte keinen erkennbaren Effekt. Die entscheidende Variable war allein die Menge: Rund 1,1 bis 1,2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht täglich reichten vollkommen aus.
"Es zählt, was nach dem Training auf den Teller kommt"
"Ich war ehrlich gesagt überrascht", sagt Burd. "Wir dachten, dass vor allem bei pflanzlichen Proteinen die Verteilung wichtig sein könnte. Doch unsere Ergebnisse zeigen: Es spielt keine Rolle – weder für die Proteinquelle noch für den Einnahmezeitpunkt."
Sein Fazit fällt pragmatisch aus: "Wenn mich heute jemand fragt, was für den Muskelaufbau am besten ist, sage ich: Das, was man nach dem Training isst. Solange man ausreichend hochwertiges Eiweiß zu sich nimmt, ist der Rest zweitrangig."
Die Erkenntnisse könnten weitreichende Folgen für Ernährungsberatung, Sportmedizin und Fitnesstrends haben. Sie entkräften gängige Mythen und zeigen: Auch eine vollwertige pflanzliche Ernährung kann den Muskelaufbau effektiv unterstützen – ohne zusätzliche Präparate oder komplizierte Zeitpläne.
Für Freizeitsportlerinnen und -sportler bedeutet das vor allem eins: weniger Druck, alles "richtig" machen zu müssen – und mehr Spielraum für persönliche Vorlieben auf dem Speiseplan.
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