Delta versus Omikron: Was die Forschung inzwischen weiß
Omikron hat die Welt in der Pandemiebekämpfung vor neue Herausforderungen gestellt. Die Infektionszahlen sind in Österreich und vielen anderen Ländern in die Höhe geschossen. Gleichzeitig scheint die jüngste Variante weniger schwere Krankheitsverläufe auszulösen als Delta. Doch was unterscheidet Omikron von früheren Varianten und wie gut ist man mit der Impfung wirklich davor geschützt?
Großangelegte Studie
Mit diesen Fragen hat sich nun eine Forschungsteam des King’s College London auseinandergesetzt. Für eine Studie, die in der Fachzeitschrift The Lancet erschienen ist, werteten sie die Daten der Covid-App ZOE aus. 63.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die zwischen Juni und Januar 2022 positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden waren und ihre Symptome in der App meldeten, fielen in ihre Auswertung.
Die Forschenden teilten den Zeitraum in zwei Studienperioden: Einmal in Juni bis November 2021 – als die Delta-Variante vorherrschte – und einmal in Dezember 2021 bis Januar 2021 – als Omikron grassierte. Für beide Zeiträume wählten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter jeweils 5.000 Probanden im Alter zwischen 16 und 99 Jahren aus. Alle waren zwei oder dreimal gegen SARS-CoV-2 geimpft.
Symptome variieren
Ihre Studienergebnisse zeigen, dass sich die Symptome, die für eine Omikron-Infektion charakteristisch sind, von jenen der Delta-SARS-CoV-2-Variante unterscheiden. So legen die Daten nahe, dass die unteren Atemwege bei Omikron weniger stark angegriffen waren und das Risiko einer Krankenhauseinweisung reduziert ist. Auch Symptome, die zu Beginn der Pandemie als typisch bezeichnet worden waren, waren eher selten - etwa Fieber oder Husten. Stattdessen klagten Omikron-Patientinnen und –Patienten häufiger über Halssschmerzen oder Heiserkeit.
Nach einer Omikron-Infektion gaben außerdem nur 17 Prozent der Probandinnen und Probanden Geruchsverlust als Symptom an, während es bei Delta noch mehr als jeder zweite war.
Die Daten deuten bei Omikron auch auf eine kürzere Krankheitsdauer und kürzere potenzielle Ansteckungsgefahr hin, "was sich auf die Gesundheitspolitik am Arbeitsplatz und die Beratung im Bereich der öffentlichen Gesundheit auswirken sollte“, so das Forschungsteam. Personen, die sich trotz dreifacher Impfung mit Omikron inifziert hatten, hatten rund vier Tage lang Symptome. Bei Delta dauerten die Symptome fast doppelt so lange an.
Bei zweifach Geimpften fiel der Unterschied weniger drastisch aus. Omikron-Infizierte hatten im Schnitt 8,3 Tage Symptome. Bei Delta lag dieser Wert bei 9,6 Tagen.
Nach einer Omikron-Infektion mussten außerdem 1,9 Prozent der Fälle hospitalisiert werden. Bei Delta-Infektionen lag dieser Wert noch bei 2,6 Prozent.
Unterschiedliche Varianten
Auch ein Team um die Genfer Virologin Isabella Eckerle beschäftigte sich mit den Unterschieden zwischen den Coronavirus-Varianten. Kürzlich veröffentlichten sie eine Studie im Fachjournal Nature; die Ergebnisse stellte Eckerle auf der Kurznachrichtenplattform Twitter vor.
Das Forschungsteam hat für die Studie infektiöse Viruspartikel und die RNA-Viruslast aus Nasen-Rachen-Abstrichen von 565 Sars-CoV-2-infizierten Personen in den ersten fünf Tagen nach Auftreten der Symptome in mehreren Wellen untersucht: Im Jahr 2020 bevor von der WHO als besorgniserregend eingestufte Varianten auftraten, während der Delta-Welle im Jahr 2021 und nach Auftreten der Omikron-Variante Anfang 2022.
Laut Eckerle fanden die Forschenden eine geringe Korrelation zwischen viralen RNA-Kopien (gemessen im Ct-wert) und infektiösen Virustitern und keine Korrelation der infektiösen Viruslast mit Alter oder Geschlecht. Es zeigte sich jedoch, dass die infektiöse Viruslast bei ungeimpften Personen höher war, wenn sie mit Delta infiziert waren als mit der Ursprungsvariante von Covid-19.
Außerdem hat das Team die Wirkung von zwei Dosen von mRNA-Impfstoffen auf die infektiöse Viruslast untersucht. Ihre Ergebnisse zeigen: Bei geimpften Personen mit einer Delta-Durchbruchsinfektion war die infektiöse Virusmenge fast fünfmal niedriger als bei ungeimpften Personen, die sich mit Delta infiziert hatten, und wurde auch schneller abgebaut.
Omikron
Für Omikron-BA.1-Infektionen haben die Forschenden die infektiöse Viruslast bei ungeimpften, doppelt und dreifach geimpften Personen untersucht. Bei zweifach geimpften Personen mit einer Durchbruchsinfektion war die infektiöse Viruslast bei Omikron - obwohl die Variante als hoch ansteckend gilt - geringer als bei Delta.
Auch die Wirkung der Impfung – doppelt oder dreifach geimpft - haben die Forschenden auf die infektiöse Viruslast bei einer Omikron-BA.1-Infektionen untersucht. Personen, die zweimal mit einem mRNA-Impfstoff geschützt waren, zeigten eine vergleichbare infektiöse Viruslast wie ungeimpfte Menschen. Mit einer zusätzlichen Auffrischungsdosis wurde jedoch eine mehr als fünffache Verringerung der infektiösen Viruslast festgestellt.
Eckerles Studiendaten zeigen, dass die Messung der viralen RNA (Ct-Werte) nicht die ganze Wahrheit über die Viruslast aussagt. Außerdem sei es wichtig, das infektiöse (kultivierbare) Virus zu bestimmen, um die Profile der Virusausscheidung besser zu verstehen, sagt die Virologin auf Twitter. Ihre Daten würden auch zeigen, dass eine Impfung die infektiöse Viruslast beeinflusst.
Denn die Impfung kann die infektiöse Viruslast verringern, was wahrscheinlich zu einer geringeren Weiterverbreitung führt. Diese Ergebnisse unterstreichen laut Eckerle den Nutzen der Impfung auf die SARS-CoV-2-Zirkulation über den individuellen Schutz vor schwerer Krankheit hinaus.
Kommentare