Covid-Impfung für Kinder ab 6 Monaten zugelassen: Wer soll sie bekommen?
Bereits in der kommenden Woche könnten laut Gesundheitsministerium die ersten Dosen des neuen Covid-Impfstoffes für Kleinkinder ab sechs Monaten in Österreich eintreffen. Mittwochabend hat die Europäische Arzneimittelagentur EMA die Zulassung von zwei Vakzinen für die Altersgruppe von sechs Monaten bis vier bzw. fünf Jahren empfohlen, am Donnerstagabend erfolgte dann die offizielle Zulassung durch die EU-Kommission. Beide Impfstoffe sind bereits für Erwachsene und ältere Kinder (Biontech/Pfizer bisher ab fünf Jahren, Moderna ab sechs Jahren bisher) zugelassen, die Dosen für Babys und Kleinkinder sind aber deutlich niedriger. Aber wie wichtig ist die Impfung für Kleinkinder tatsächlich? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Welcher Impfstoff kommt nach Österreich?
Österreich soll insgesamt 326.000 Dosen des Kleinkinderimpfstoffes von Biontech/Pfizer (Comirnaty) für die Altersgruppe sechs Monate bis vier Jahre erhalten. Bisher gab es erst eine Zulassung ab 5 Jahren. Eine Lieferung des neuen Kleinkinderimpfstoffes von Moderna ist derzeit nicht vorgesehen. Der Comirnaty-Impfstoff ist gegen den ursprünglichen Virustyp gerichtet, den Wildtyp. Es handelt sich also noch nicht um einen an Omikron-Subvarianten angepassten Impfstoff. Der Kleinkinderimpfstoff enthält ein Zehntel der Erwachsenendosis (3 statt 30 Mikrogramm), es gibt drei Teilimpfungen (die ersten beiden Dosen im Abstand von drei Wochen, die 3. Dosis mindestens 8 Wochen nach der zweiten). Die Impfungen können sowohl in die Muskeln des Oberarm als auch des Oberschenkels injiziert werden.
Auf welchen Daten basiert die erwartete Zulassung des Kleinkinderimpfstoffes von Biontech / Pfizer?
Grundlage sind die Daten einer Studie mit 4.526 Kindern zwischen 6 Monaten und vier Jahren. Die Reaktion des Immunsystems der Kinder war mit der 3 Mikrogramm-Dosis vergleichbar mit der Immunsystemreaktion bei 16- bis 25-Jährigen mit der 30 Mikrogramm-Dosis. Die Wirksamkeit in der Verhinderung von Covid-19 wird in einer Mitteilung der Firmen mit 73 Prozent angegeben. Das heißt: Für geimpfte Kleinkinder ist die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu erkranken, um mehr als zwei Drittel reduziert. Allerdings war zum Studienzeitpunkt noch die BA.2-Variante dominant, der Schutz vor Infektionen und milden Erkrankungen ist bei BA.4/BA.5 wahrscheinlich etwas geringer, nicht aber der Schutz vor schweren Verläufen.
Welche Impfreaktionen sind aufgetreten?
Etwa Reizbarkeit, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Hautausschlag oder Schmerzen an der Einstichstelle. Diese Nebenwirkungen waren laut EMA aber gewöhnlich "mild bis moderat" und haben sich innerhalb weniger Tage gebessert. Der Nutzen des Impfstoffs überwiege die Risiken.
Dänemark und Schweden empfehlen die Covid-Impfung für Kinder und Jugendliche nicht mehr, die USA hingegen empfehlen sie ab sechs Monaten generell. Was ist in Österreich für die Kleinkinder zu erwarten?
Das Nationale Impfgremium hat bereits einen Text ausgearbeitet und dem Ministerium übermittelt. „Ich kann der Veröffentlichung nicht vorgreifen, aber es ist davon auszugehen, dass eine Zulassung nicht bedeutet, dass es eine generelle Impfempfehlung für alle Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren geben wird“, sagt Infektiologe und NIG-Mitglied Herwig Kollaritsch. „Es wird ein Mittelweg zwischen den extremen Polen USA sowie Dänemark/Schweden sein. Aber natürlich wird es eine Empfehlung für Kinder mit Risikofaktoren geben.“
Kollaritsch betont, dass nach den bisherigen Meldungen an Impfreaktionen und Nebenwirkungen die Impfung von Kindern und Jugendlichen deutlich besser vertragen werde als von Erwachsenen. "Und dass jetzt plötzlich bei den Kleinkindern eine Nebenwirkung auftritt, die wir noch nie gesehen haben, das halte ich für ausgeschlossen."
Was sagen Kinderärzte?
„Man muss abwägen zwischen einer Infektion, die die Kinder nicht sehr bedroht und einer Impfung, die bei Kindern sehr gut verträglich ist“, sagt Kinderinfektiologe Volker Strenger von der MedUni Graz. „Kleinkindern mit Risikofaktoren rate ich auf jeden Fall zur Impfung. Auch bei allen anderen spricht nichts dagegen, zumal es Einzelfälle gibt, wo auch Kinder ohne Grunderkrankung schwer an Covid erkranken. Es ist also eine individuelle Möglichkeit, aber ich sehe derzeit keine Notwendigkeit für eine allgemeine Impfempfehlung.“
Dass es wahrscheinlich keine allgemeine Impfempfehlung geben wird, hängt auch damit zusammen, dass man noch mehr Daten speziell von Kindern abwarten will, auch wenn es keinerlei Hinweise auf erhöhte Risiken der Impfung gibt. "Wir sehen bei Infektionen mit Omikron, dass die schwere Entzündungsreaktion PIMS viel seltener geworden ist. Wäre das nicht der Fall, dann gäbe es eine klare Impfempfehlung für alle Kleinkinder."
Der Wiener Kinderarzt Peter Voitl hat seit dem Frühjahr mehrere Hundert Kleinkinder „off label“ (also außerhalb des bisherigen Zulassungsbereiches) mit der Kinderdosis geimpft: „Die Nachfrage ist groß, wir hatten etwa schon Familien aus Kärnten bei uns. Eine Familie kam sogar aus London. Aus meiner Erfahrung sind die Impfreaktionen geringer als bei der ,Zeckenschutzimpfung‘. Für mich ist der Nutzen der Impfung für alle Kinder eindeutig.“
Probleme seien bei den von ihm geimpften Kindern keine aufgetreten: "Wir hatten auch so gut wie keine Impfabbrecher bisher, dass also Eltern nach der ersten oder nach der zweiten Impfung nicht mehr zu den noch ausständigen Impfterminen gekommen wären. In der Regel wurden immer alle drei Impfungen durchgeführt."
Ist es ein Nachteil, dass es sich bei dem Kinderimpfstoff noch nicht um ein Präparat handelt, das an eine Omikron-Variante angepasst ist?
"Das sehe ich nicht", sagt Kinderarzt Voitl. "Man hat damit auch eine gute Schutzwirkung gegen den Wildtyp und die Delta-Variante, die ja die schwereren Verläufe verursacht haben. Sollten die zurückkommen, ist man auf jeden Fall dagegen geschützt. Und man ist ja mit diesem Impfstoff auch gegen die schweren Verläufe bei den Omikron-Varianten geschützt." Studien mit Kindern seien aufwendig in der Durchführung und benötigen ihre Zeit: "Wir haben jetzt die Daten zu dem Kinderimpfstoff mit dem Wildtyp-Virus, er ist geprüft. Das gibt Sicherheit und gleichzeitig sehe ich keinen entscheidenden Vorteil in den angepassten Impfstoffen."
In Schweden und Dänemark wird argumentiert, dass eine Coronainfektion bei Kindern und Jugendlichen in der Regel mild verlaufe, besonders jetzt auch bei Omikron.
"Natürlich stimmt das Argument, dass nur wenige Kinder schwer krank werden", sagt Voitl. "Aber es gibt schwer kranke Kinder, die auf die Intensivstation müssen." Laut Gesundheit Österreich wurden im Juli und August 278 Kinder bis 1 Jahr mit der Hauptdiagnose Covid in einem Spital (Normal- und Intensivstationen) aufgenommen (inkl. Frischgeborene), im Alter von 1 bis 4 Jahren waren es 123.
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