Corona: Wer regelmäßig trainiert, erhöht Schutzwirkung der Impfungen
Die Schutzwirkung der Corona-Impfstoffe vor schweren Erkrankungen und Todesfällen ist hoch. Sie kann allerdings noch weiter gesteigert werden: Und zwar durch die Form des Lebensstils. Das zeigt jetzt eine neue Studie. Demnach beeinflusst auch das Ausmaß der täglichen Bewegung den Schutzeffekt.
In die Studie, die im British Journal of Sports Medicine erschienen ist, flossen die anonymisierten Daten von fast 200.000 ungeimpften und geimpften Frauen und Männern aus Südafrika ein. Dabei zeigte sich zunächst, dass die Impfungen bei den allermeisten von ihnen schwere Verläufe bei einer Covid-Erkrankung verhindert hatten.
Aber die Detailanalyse zeigte: "Die Impfung wirkte am besten bei jenen, die regelmäßig trainieren", berichtete kürzlich auch The Washington Post: Denn in dieser Personengruppe waren Spitalsaufnahmen um 25 Prozent weniger wahrscheinlich als in der Gruppe der Personen mit einem bewegungsarmen Lebensstil.
"Die Studienergebnisse fügen sich in die wachsende Evidenz ein, dass - zusammen mit den Impfungen - tägliche körperliche Aktivität der wichtigste Faktor ist, um schwere Verläufe von Covid-19 zu verhindern", sagt der Familien- und Sportmediziner Robert Sallis, früherer Präsident des American College of Sports Medicine. Er hat zum Thema Covid-19 und Bewegung bzw. Training geforscht, war aber nicht in die neue Studie involviert.
Zahlreiche Untersuchungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass körperliche Aktivität und körperliche Fitness das Risiko senken, dass es bei einer Covid-19-Erkrankung zu einem schweren Verlauf kommt. Sallis selbst hat - noch vor der Zulassung der Impfstoffe - eine Studie mit 50.000 Bewohnerinnen und Bewohnern von Kalifornien durchgeführt. Diejenigen, die vor ihrer Infektion regelmäßig viel Bewegung machten oder ein anderes Training absolvierten, mussten nur rund halb so oft in einem Spital wegen Covid-19 aufgenommen wie Bewegungsmuffel.
Eine Analyse aus dem heurigen August von 16 früheren Studien zu dem Thema - zusammen umfassten sie Daten von fast zwei Millionen Menschen - kam zu dem Ergebnis: Aktive Menschen werden deutlich weniger als inaktive von SARS-CoV-2 infiziert, werden seltener im Spital aufgenommen und sterben auch seltener an den Folgen von Covid-19.
Diese Zusammenhänge zwischen Bewegung bzw. Training und erhöhtem Covid-Schutz seien naheliegend, so Sallis: "Wir wissen, dass sich die Funktion des Immunsystems mit regelmäßiger körperlicher Aktivität verbessert". Dasselbe gilt für die Gesundheit der Lunge. Und es sinken Entzündungsparameter, die andernfalls zu einer Verschlechterung der Covid-Erkrankung beitragen können.
Doch bisher wurde in den Studien noch nicht das Zusammenspiel von Impfungen und Bewegung untersucht. Diese Erkenntnisse liefert jetzt die Untersuchung aus Südafrika.
Die Ergebnisse im Detail
Die Daten von den 200.000 Personen, die an Covid-19 erkrankt waren, stammen von der größten Krankenversicherung in Südafrika. Sie umfassten den Impfstatus, Daten zum Covid-Verlauf und Angaben zu den Trainingsgewohnheiten, die von Aktivitätsmessern und Daten von Fitnesscentern gewonnen wurden. Da diese Versicherung Punkte und Preise für mehr körperliche Aktivität vergibt, führten die Versicherten in der Regel über jedes Workout Aufzeichnungen.
Im ersten Schritt wurden die Geimpften und die Ungeimpften miteinander verglichen: Wie erwartet, gab es bei den Ungeimpften deutlich mehr schwere Krankheitsverläufe als bei den Geimpften.
Aber auch unter den Geimpften machte die Bewegung einen signifikanten Unterschied bei den Covid-Verläufen aus, sagt Jon Patricios von der Universität von Witwatersrand in Johannesburg-Braamfontein, einer der Studienautoren:
- Geimpfte Personen, die in der Woche für mindestens 150 Minuten Bewegung in moderater Intensität machten, hatten ein um das fast Dreifache niedrigeres Risiko für eine Spitalsaufnahme als Menschen mit sitzendem Lebensstil. Ihr Impfschutz war um 25 Prozent höher als in der Gruppe mit dem geringsten Bewegungsausmaß.
- Aber bereits eine Stunde Bewegung pro Woche hatte einen Effekt - hier sank das Risiko um das 1,4-Fache. In dieser mittleren Gruppe (zwischen eher sitzendem und hoch aktivem Lebensstil) war der durch die Impfungen vermittelte Schutz um immerhin rund 12 Prozent erhöht gegenüber der inaktiven Gruppe.
"Jede Bewegung zählt, auch wenn man nicht das Ausmaß der offiziellen Bewegungsempfehlungen erreicht", sagt Patricios. "Wir nennen das 'small steps, strong shield' - kleine Schritte, großes Schutzschild."
Wer statt 30 Minuten Bewegung am Tag nur zehn Minuten schafft, ist besser daran, als auch diese zehn Minuten noch ausfallen zu lassen.
Warum regelmäßige Bewegung den Impfschutz weiter erhöht, ist nicht endgültig wissenschaftlich geklärt. Aber Patricios geht davon aus, dass das kräftige Immunsystem von trainierten Menschen höhere Antikörperspiegel nach den Impfungen produziert. Auch der generelle Lebensstil könnte Auswirkungen haben, die Ernährung und der soziale Status etwa.
"Ich glaube, es ist nie zu spät, mit dem Training zu beginnen", sagst Patricios. "Ein Spaziergang heute sollte Ihr Immunsystem bereits darauf vorbereiten, mit größerer Intensität auf Ihre nächste Impfung oder Covid-Erkrankung zu reagieren."
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