Halsweh, Husten, Durchfall: Mit Abstand am häufigsten derzeit von Corona
Wer derzeit an Halsschmerzen oder Husten leidet, bei dem ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es sich um eine Infektion mit dem neuen Coronavirus handelt. "SARS-CoV-2 ist derzeit an erster Stelle von allen Viren, die wir in unserem Sentinel-Netzwerk nachweisen." Dabei werden Nasen-Rachensekret-Proben von Patientinnen und Patienten analysiert. "In 20 Prozent der eingesendeten Proben ist das neue Coronavirus detektierbar", sagt die Virologin Monika Redlberger-Fritz vom Zentrum für Virologie der MedUni Wien. Die untersuchten Proben stammen einerseits von ausgewählten niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in allen Bundesländern sowie von Spitälern, vor allem aus dem Raum Wien. "Von SARS-CoV-2 sehen wir weit mehr als von allen anderen Viren, die derzeit nur sporadisch vorkommen."
Im Vergleich zum Vorjahr habe heuer der Anstieg schon früher begonnen. 2023 gab es nach der späteren Winterwelle erst im Juli die niedrigsten Werte, und erst ab Juli begann ein langsamer Zuwachs der Virenbelastung des Abwassers. Heuer lief die Winterwelle bereits im April aus (dafür startete sie auch früher) und der leichte neuerliche Anstieg der Werte begann bereits Ende April/Anfang Mai. Der frühere Anstieg könnte auch mit einem Rückgang der Immunität zu tun haben (weil bei vielen die letzte Infektion oder Impfung schon länger zurücklag) oder auch, worauf Virologin Redlberger-Fritz hinweist, mit der heuer wieder sehr starken Reiseaktivität: "Damit sind auch wesentlich mehr Viren eingeschleppt worden."
Derzeit verlaufe der Anstieg langsam, ein "exponentielles Wachstum sehen wir jetzt noch nicht". Ein solches würde eine extrem rasche Zunahme bedeuten. Dieses könne aber in den kommenden Wochen relativ rasch eintreten "und dann werden wir das Problem haben, dass wir bereits von einem höheren Grundniveau aus exponentiell nach oben gehen als dies im Vorjahr der Fall war. Das ist der Unterschied zur vergangenen Saison". Oben es aber tatsächlich so kommt, lässt sich nicht vorhersagen, betont die Virologin. Die derzeitige Situation würde sie noch nicht als richtige Welle, sondern als "eine Phase erhöhter Aktivität bezeichnen". Im Vorjahr startete das exponentielle Wachstum im November.
Bei den Symptomen dominieren nach wie vor Hals- und Kopfschmerzen, Husten, teilweise auch Durchfall und generell vielfach ein schweres Krankheitsgefühl. Hinweise auf schwerere Krankheitsverläufe durch die aktuellen Virusvarianten gebe es nicht.
Dass es in den Spitälern wieder mehr stationäre Covid-Fälle gibt - Mitte August waren es bereits rund 200 Patientinnen und Patienten auf Normalstationen - hänge mit der zurückgehenden Immunität zusammen: "Gerade bei Menschen mit Grunderkrankungen kann Covid schwere Symptome verursachen. Und der Schutz vor schweren Krankheitsverläufen geht rund ein Jahr nach der letzten Infektion bzw. Impfung zurück."
Die intensive Saison der Erkältungsviren habe gerade noch nicht begonnen, "aber wir haben ein starkes Augenmerk darauf, weil wir anhand der Daten der Vorjahre wissen, dass immer in den ersten zwei bis drei Wochen nach Schulbeginn eine starke Aktivität der Erkältungsviren einsetzt".
Einen "massiven Anstieg" von Covid-Infektionen bemerkt auch der Wiener Kinderarzt Peter Voitl vom Kinder-Primärversorgungszentrum Donauinsel. "Bei uns steigen aber auch schon die Infektionen mit Erkältungsviren an." Was Corona betreffe, haben die allermeisten Kinder einen milden Verlauf. "Das Besondere an den momentan zirkulierenden Varianten ist, dass bei den Kindern Muskelschmerzen und Muskelkater häufiger als Begleitsymptome zusätzlich zu den Atemwegssymptomen auftreten." Und die aktuellen Varianten "sind offenbar sehr infektiös, sonst hätten wir nicht so viele Infektionen derzeit".
Covid und Erkältung: Kaum zu unterscheiden
Ein milder Covid-Verlauf könne wie ein Schnupfen verlaufen und sei daher von einer Erkältung anhand der Symptome nicht zu unterscheiden, sagt Redlberger-Fritz. Bei einem starken Krankheitsgefühl mit Kopf- und Gliederschmerzen, massiven Halsschmerzen sei es meist Covid, "das macht in der Regel ein Erkältungsvirus bei einem normalen Schnupfen nicht". Für Risikopersonen ab 18 Jahren ist ein positiver Corona-Test die Voraussetzung, um Anspruch auf das antivirale Medikament Paxlovid zu haben.
Auch Kinderarzt Voitl betont, dass bei milden Verläufen nicht klar erkennbar sei, ob es sich um eine Erkältung oder Covid handle. Das sei bei Kindern aber auch nicht relevant: Ein positiver Covid-Test habe keine Konsequenz für die Therapie (Paxlovid ist für Unter-18-Jährige nicht zugelassen, Anm.). Und zuhause bleiben sollten die Kinder bei Symptomen sowieso, egal, welches Virus sie auslöse. "Worauf man derzeit achten sollte ist Keuchhusten, der derzeit nach wie vor vermehrt auftritt. Kinder haben in der Nacht Hustenanfälle bis zum Erbrechen oder beinahe Ersticken. Diese Fälle herauszufiltern und rasch zu behandeln ist wichtig, denn in der Frühphase von Keuchhusten kann man wirksame Antibiotika verschreiben."
Kindern mit Grundkrankheiten (etwa. Herzfehler, Lungenkrankheiten) werde die Covid-Impfung besonders empfohlen, betont Voitl. Für alle Kinder ab dem 6. Lebensmonat ist ihm aber die Influenza-Impfung ab Oktober ein besonderes Anliegen: "Es werden auch im kommenden Winter wieder alte Menschen und Kinder an Influenza sterben, so wie leider jedes Jahr. Und das ist mit der Influenza-Impfung vermeidbar."
Covid-Impfungen bereits angelaufen
Covid-Impfstoff gegen die JN.1-Varianten ist in vielen Ordinationen verfügbar, heißt es bei der Wiener Ärztekammer. Eine Liste der Wiener Ordinationen, die Impfungen durchführen, gibt es unter impfordi.at. "Die derzeit hauptsächlich zirkulierende KP.3-Variante wird von dem JN.1-Impfstoff gut abgedeckt", sagt Redlberger-Fritz. Die Impfung bietet neben dem längerfristigen Schutz vor schweren Erkrankungen auch einen gewissen Schutz (50 bis 70 Prozent) vor Infektionen, "aber nur in einem relativ kurzen Zeitfenster von zirka zwölf Wochen", sagt Redlberger-Fritz.
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