Clusterkopfschmerz: So schmerzhaft wie „ein Messer im Auge“

Close Up von einer Frau mit einem roten Auge
Unbehandelter Clusterkopfschmerz ist eine Qual. Je früher er therapiert wird, umso besser sind die Erfolgsaussichten.

„Wie wenn jemand mit einem Messer in das Auge hineinbohrt“; „wie ein Monster, das im Kopf tobt“; „kaum zu ertragen“: So bezeichnen Patientinnen und Patienten einen der stärksten Schmerzzustände: den „Clusterkopfschmerz“. Die Beschwerden treten zu Beginn der Erkrankung in Clustern (engl. cluster = Gruppe) auf – „das sind Episoden von rund sechs bis acht Wochen, häufig im Frühjahr und Herbst“, erläutert die Neurologin Dr. Sonja-Maria Tesar. In diesen Phasen kommt es täglich zu ein bis acht Attacken, die jeweils zwischen 15 und 180 Minuten dauern.

Die Neurologin Sonja-Maria Tesar im Landeskrankenhaus Klagenfurt.

Die Neurologin Sonja-Maria Tesar ist Präsidentin der Österreichischen Kopfschmerzgesellschaft.

Sehr oft setzen sie rund 90 Minuten nach dem Einschlafen ein. „Eine der Ursachen scheint in einer Störung des vom Hypothalamus gesteuerten Schlaf-Wach-Rhythmus zu liegen. Auch das vegetative Nervensystem hat einen Einfluss, das Körperfunktionen wie die Atmung steuert.“ Zusätzlich dürften genetische Faktoren eine Rolle spielen. Alkohol kann ein unmittelbarer Auslöser einer Attacke sein.

Von 1.000 Personen sind ein bis zwei vom Cluster-Kopfschmerz betroffen, Männer rund dreimal so häufig wie Frauen. Meist treten die Attacken zwischen 20 und 40 Jahren erstmals auf.

„Mit dem Kopf durch die Wand“

Dabei kommt es zu den heftigen, einseitigen, stechenden Schmerzen, die meist hinter einem bzw. rund um ein Auge ihren Ausgang nehmen. „Das Auge wird massiv rot, das geschwollene Lid senkt sich, häufig rinnt auch die Nase auf der Seite und schwillt zu.“ Im Gegensatz zur Migräne haben die Patienten aber nicht das Bedürfnis, sich im Dunkeln hinzulegen, sondern „laufen herum und wollen buchstäblich wegen der Schmerzen mit dem Kopf durch die Wand“.

Zwischen diesen mehrwöchigen Clustern sind die Patienten meist beschwerdefrei.

„Ohne Therapie können sich aus diesen saisonalen, episodischen Cluster-Kopfschmerzen chronische Beschwerden entwickeln, die keinerlei Regeln bezüglich des Zeitpunktes ihres Auftretens oder ihrer Häufigkeit mehr folgen“, erläutert Tesar.

Herkömmliche Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Paracetamol helfen bei Cluster-Kopfschmerzen nicht. Viele Patientinnen und Patienten profitieren aber von der Inhalation von hoch konzentriertem Sauerstoff über eine Atemmaske. Der Sauerstoff verengt die bei einer Attacke erweiterten Blutgefäße und dürfte auch den Hypothalamus positiv beeinflussen. „Konzentriert man sich rund 15 Minuten lang auf das Einatmen von 10 bis 15 Liter Sauerstoff, kann das die Attacke stoppen.“

Optimal sei der Effekt, wenn man sich davor mit einem Pen ein schnell wirksames Triptan unter die Haut injiziert.

Diese spezifischen Medikamente werden nicht nur zur Schmerzlinderung akuter Migräne-, sondern auch gegen Clusterkopfschmerzattacken eingesetzt. „Die Kosten der Sauerstofftherapie werden von den Krankenkassen übernommen“, so Tesar. Die Patienten erhalten ein stationäres Gerät für zu Hause und eine mobile Sauerstoffflasche für unterwegs.

Vorbeugung möglich

Ähnlich wie bei der Migräne gibt es auch beim Clusterkopfschmerz eine Form der Prophylaxe. Sie beugt Attacken vor und verhindert, dass eine saisonale in eine chronische Erkrankungsform übergeht. „Gute Erfolge erzielen wir mit einem Medikament, das primär gegen Herzrhythmusstörungen eingesetzt wird, und Cortison. “ Ziel ist, die Zahl der Attacken deutlich zu reduzieren bzw. ihren Verlauf zu lindern. „Sollten Patienten nicht ansprechen, haben wir noch weitere Möglichkeiten, etwa einen der neuen CGRP-Antikörper, die zur Migräneprophylaxe eingesetzt werden. Diese Anwendung ist in den USA zugelassen, in der EU leider noch nicht. Wir können das Präparat aber im Rahmen eines individuellen Heilversuchs verschreiben.“

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