Brustkrebs ist aller Wahrscheinlichkeit nach heilbar. Aber: Man muss die Therapie durchmachen. Die meisten Patientinnen leiden unter der hormonabhängigen Brustkrebs-Variante. Hier muss man eine Hormontherapie machen, und zwar über fünf bis acht Jahre hinweg. Das ist eine lange Zeit, da braucht man Durchhaltevermögen. Und man braucht einen Arzt, der einen therapeutisch gut begleitet.
Was sind derzeit die vielversprechenden Therapieansätze?
Wir haben gerade in den vergangenen zwei, drei Jahren ganz viele Medikamente auf den Markt bekommen, die risikoangepasste und individualisiertere Behandlungen ermöglichen. Die Bestrahlungstherapie hat sich insofern weiterentwickelt, dass wir nicht mehr fünf bis sechs Wochen bestrahlen müssen, sondern die Einzeldosis der Bestrahlung erhöhen und die Gesamtbehandlungszeit auf ein bis drei Wochen reduzieren können.
Hat ein Feintuning stattgefunden?
Genau. Wir haben heute nicht nur neuere Therapien, wir haben auch anpassbarere Behandlungskonzepte und wissen viel besser, welche Patientin was braucht.
Sie haben viele Arbeiten zur neoadjuvanten Brustkrebstherapie, der Therapie vor einer geplanten Brustkrebs-Operation, publiziert. Wo liegen hier die Potenziale?
Man lernt den Brustkrebs besser kennen. Ich sehe, wie sich der Tumor unter der Therapie verhält. Ich kann dann – entweder im Laufe der Therapie oder nach einer OP – die weitere Therapie individuell anpassen. Verschwindet beispielsweise durch eine neoadjuvante Chemotherapie der Tumor komplett, muss nicht weitertherapiert werden. Verschwindet der Tumor nicht vollständig, erhalten die Patientinnen noch eine weitere Chemotherapie. Man kann auch die Hormonbehandlung vor der OP einsetzen und schauen, wie gut der Tumor darauf reagiert und womöglich auf die Chemotherapie verzichten. Ob so auch auf eine Strahlentherapie verzichtet werden kann, ist noch Gegenstand der Forschung.
Kann so auch das für viele Frauen beängstigende Szenario der Brustabnahme umgangen werden?
Daher kommt die neoadjuvante Therapie ursprünglich: Von den Tumoren, die wegen ihrer Größe inoperabel waren und nach einer Verkleinerung brusterhaltend operiert werden konnten. Wenn der Tumor gut auf die Therapie anspricht, kann man auch das Ausräumen der Lymphknoten in den Achselhöhlen vermindern.
Was passiert eigentlich, wenn eine Patientin einen Knoten in der Brust entdeckt und zum Gynäkologen oder zur Gynäkologin geht?
Idealerweise schickt der Gynäkologe oder die Gynäkologin die Patientin in ein Brustzentrum. Hier gibt es gebündelte multiprofessionelle Kapazitäten zur Diagnose, Therapie, Operation und genetischen Untersuchungen. Zuerst wird die Diagnose gestellt mittels Mammographie, Ultraschall und eventuell MRT. Dann muss man immer eine Gewebeprobe entnehmen, um zu bestätigen, dass es ein Knoten ist, ihn feingeweblich zu untersuchen, damit man weiß, wie man ihn behandeln muss.
Sie beschäftigen sich auch mit Brustkrebs bei jungen Frauen. Macht es bei Behandlung und Prognose einen Unterschied, in welchem Lebensalter der Krebs auftritt?
Alter ist ein wichtiger Prognosefaktor: Patientinnen, die in sehr jungen Jahren erkranken haben ein deutlich höheres Risiko wieder einen Rückfall zu erleiden. Die Tumore sind meist aggressiver und wir müssen häufiger auf eine Chemotherapie zurückgreifen.
Was ist ihre Botschaft an junge Frauen?
Ich glaube, es ist wichtig, dass man weiß, was in der Familie passiert ist. Die familiäre Brustkrebsbelastung weist auf eine mögliche BRCA-Mutation hin. Je jünger die Frauen erkranken, desto wahrscheinlicher.
Gibt es bei Brustkrebs spezielle Ängste, auf die Rücksicht genommen werden muss?
Es gibt sogar sehr viele Ängste – wie reagiert die Familie, wie reagiert mein Partner? Viele Patientinnen werden stigmatisiert, weil sie sich die Brust abnehmen haben lassen, frühzeitig in die Wechseljahre kommen, die Haare wegen der Therapie verlieren oder nicht mehr so leistungsfähig sind. Deswegen ist es so wichtig, dass eine gute psychoonkologische Beratung angeboten wird und auch der Partner ins Boot geholt wird.
Welche Möglichkeiten haben Frauen, Brustkrebs vorzubeugen?
Tatsächlich gehen frühe und viele Schwangerschaften mit einem verringerten Risiko einher. Das ist für viele Frauen aber nicht erstrebenswert. Längeres Stillen verringert das Risiko ebenfalls. Wenig fett- und fleischreiche Ernährung scheint das Risiko auch günstig zu beeinflussen, ebenso wie ausreichend Sport. Die Hormonersatztherapie in den Wechseljahren begünstigt die Entstehung. Manches kann man also beeinflussen, vieles wird uns aber in die Wiege gelegt.
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