Brustkrebs beim Mann: "Männer werden diskriminiert"

Ein Mann hält seine Hände auf seine Brust.
Die Krankheit gilt als "Frauenkrankheit". Viele Männer sind überrascht, dass auch sie betroffen sein können.

Es war ein zufälliges Streichen über die Brust, bei dem Robert Glattau eines Morgens einen Knoten bemerkte. Eine Woche lang griff er immer wieder an die Stelle, bevor er sich untersuchen ließ. Der damals 54-Jährige ging direkt zum Gynäkologen. „Ich habe gedacht, das sind die Experten für Brust. Im Nachhinein hat sich das bestätigt, denn ich habe von einigen Männern gehört, die mit Knoten oder dem Verdacht auf Brustkrebs zum Hausarzt gegangen sind, aber wieder heimgeschickt wurden.“

Viel zu wenig werde bei Männern an Brustkrebs gedacht, wertvolle Zeit gehe dadurch verloren, sagt Glattau. Meist sind es Zufallsbefunde, – Vorsorgeuntersuchungen wie bei Frauen gibt es aufgrund der geringen Häufigkeit von Brustkrebs bei Männern nicht. „Viele merken beim Anziehen oder beim Sport einen Knoten, Einziehungen oder einseitige Veränderungen der Brust. Auch geschwollene Lymphknoten in der Achselhöhle, oder Ausfluss aus der Brustwarze können Anzeichen sein“, sagt Christian Singer, Leiter des Brustzentrums am AKH Wien.

Vom Arzt abklären lassen

Fallen solche Symptome auf, sollten sie von einem Arzt oder einer Ärztin abgeklärt werden – aber von welcher Fachrichtung? Singer empfiehlt Chirurgen, Radiologen oder Gynäkologen – für Männer oft eine Überwindung.

„Die meisten sind sehr erstaunt über die Diagnose Brustkrebs. Viele sagen, das kann nicht sein, das wäre eine Frauenerkrankung. Aber auch Männer können Brustkrebs bekommen und manche können ihn genetisch weitergeben“, so Singer. Bei etwa jedem vierten Betroffenen liegt eine genetische Veranlagung mit Mutationen der Gene BRCA1 und BRCA2 vor. Bei einer Häufung von Brustkrebs in der Familie ist es für Männer sinnvoll, einen Gentest machen zu lassen. Liegt eine Mutation vor, sollte man sich regelmäßig abtasten.

„Tiefes Loch“

Ein Mann hält ein Schild des Netzwerks „Männer mit Brustkrebs e.V.“ in die Kamera.

Robert Glattau

Auch bei Robert Glattau wurde die Veranlagung nachgewiesen. Er fiel nach der Diagnose zunächst in ein tiefes Loch. „Das war die schlimmste Zeit meines Lebens. Ich habe mich abgekapselt.“ Nach einer Operation, bei der der Tumor entfernt wurde, erhielt er Chemotherapie und ließ sich beide Brüste entfernen. „Die Alternative wäre eine noch engmaschigere Kontrolle gewesen – das wollte ich mir ersparen.“ Die dadurch bedingten optischen Veränderungen, etwa keine Brustwarzen mehr zu haben, lassen viele an dem Eingriff zweifeln, Glattau sind sie egal. Er engagiert sich im Netzwerk „Männer mit Brustkrebs e. V.“ und möchte Betroffenen eine Stütze sein.

Geringere Lebenserwartung

„Statistisch haben Männer mit Brustkrebs eine geringere Lebenserwartung als Frauen – nicht, weil der Krebs ein anderer ist, sondern weil er zu spät erkannt wird. Ich will mit gutem Beispiel vorangehen“, so Glattau. Die Erfahrung von Christian Singer zeigt zudem: Männer halten sich oft weniger gut an Therapie und Nachsorge. „Vielen fällt schwer, dass in den Einrichtungen wie Reha-Heimen oder bei Kontrollen überwiegend Frauen sind. Männer werden da ehrlicherweise diskriminiert“, meint Singer. Insbesondere aufgrund von Nebenwirkungen wie Libidoverlust und Hitzewallungen brechen einige die Therapien ab. Robert Glattau musste fünf Jahre ein Medikament nehmen, das ihn „schwitzen ließ wie einen Rasensprenger“. Heute gilt er aber als geheilt und möchte anderen Mut machen, dranzubleiben.

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