Stress als Treiber eines zu hohen Blutdrucks
Neben biologischen Risikofaktoren, Bewegungsmangel und hohem Salz- und Alkoholkonsum gilt auch Stress als Mitverursacher eines zu hohen Blutdrucks. Die Vielfalt an Entspannungsmethoden ist allerdings enorm. Um zu ermitteln, welche bei Bluthochdruck – oder Vorstufen davon – am günstigsten sein könnten, schlossen die Fachleute insgesamt 182 Studien zum Thema in eine Meta-Analyse ein.
Es zeigte sich: Die meisten Entspannungstechniken hatten in einem dreimonatigen Zeitraum tatsächlich Effekte auf den Bluthochdruck Betroffener, schreiben die Autorinnen und Autoren im British Medical Journal.
Verglichen mit einer passiven Vergleichsgruppe – Personen, die keine Entspannungsübungen durchführten, auf einer Warteliste standen oder die übliche Versorgung bei Bluthochdruck erhielten – senkten Achtsamkeitstechniken den systolischen Blutdruck in der übenden Teilnehmergruppe am deutlichsten.
Darauf folgen Entspannungstechniken, wie Tai-Chi, Yoga, Meditation und Atemübungen. Auch Musik, progressive Muskelentspannung und Psychotherapie senkten den systolischen Blutdruck, wobei alle Reduktionen im moderaten Bereich lagen. Auch der diastolische Wert wurde von den Maßnahmen günstig beeinflusst.
Studie mit vielen Schwächen
Aussagen über langfristige Effekte lassen die Daten nicht zu. So beobachteten nur vereinzelte Untersuchungen Probandinnen und Probanden länger als drei Monate. Tendenziell schwanden die Wirkungen auf den Blutdruck mit der Zeit. Belastbare Erkenntnisse für Bluthochdruck-Vorstufen konnten wegen mangelnder Daten nicht ermittelt werden, heißt es. Defizite habe es auch bei der Vergleichbarkeit der Einzelstunden gegeben: Meist waren die Entspannungsmethoden ungenau beschrieben, allgemeine Informationen zur Herzgesundheit der Teilnehmenden fehlten.
Dass dadurch beträchtliche Verzerrungen der Ergebnisse entstehen können, bestätigt Georg Delle Karth, Präsident der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft (ÖKG). "Davon abgesehen glaube ich nicht, dass man Bluthochdruck durch Entspannungstechniken heilen wird können – das wäre eine zu optimistische Sicht auf das Potenzial solcher Methoden", sagt der Facharzt für Kardiologie.
Allerdings, auch das betont Delle Karth, können Lebensstilveränderungen insbesondere bei Vorstufen des Bluthochdrucks relevante Effekte haben. "Wir wissen, dass körperliche Aktivität und Sport – 150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive Bewegung pro Woche – sehr wohl den Blutdruck senken können. Auch ein reduzierter Salz- und Alkoholkonsum, die Reduktion von Übergewicht und gesündere Ernährung allgemein sind förderlich."
Entspannung sieht der Kardiologe als weiteren Puzzlestein: "Entspannung ist Bestandteil eines gesunden Lebensstils. Da gehören die bereits genannten Verhaltensweisen und auch gezielte Methoden der Stressbewältigung dazu. Ebenso wie Nicht-Rauchen und erholsamer Schlaf. Insgesamt kann all das den Bluthochdruck sicherlich positiv beeinflussen."
Basis für eine medikamentöse Behandlung von Bluthochdruck sei immer eine solide Diagnostik: "Wir sagen unseren Patientinnen und Patienten, dass sie den Blutdruck in einer Ruhesituation messen sollen, um aussagekräftige Resultate zu erzielen. Oft stellt man durch diese Herangehensweise fest, dass ein vermeintlicher Bluthochdruck gar nicht behandlungsbedürftig ist."
Kurzzeiteffekte in weiteren Untersuchungen prüfen
In der Medizin haben sich zur Beurteilung des Blutdrucks wiederholte Messungen zuhause bewährt. "Im Spitalssetting sind viele Patientinnen und Patienten angespannt, diesen Faktor kann man durch das veränderte Setting ausschalten", sagt Delle Karth.
Dennoch halten die Studienautorinnen und -autoren die beobachteten Kurzzeiteffekte für bedeutsam – aber weitere Forschungen für notwendig: "Die Ergebnisse (…) deuten darauf hin, dass Entspannungs- oder Stressbewältigungstechniken nach einer Nachbeobachtungszeit von bis zu drei Monaten zu einer deutlichen Senkung des Blutdrucks führen könnten."
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