NS-Kinderlandverschickung: "Rucksack voll ungeweinter Tränen"

NS-Kinderlandverschickung: "Rucksack voll ungeweinter Tränen"
Ältere Semester erinnern sich mit gemischten Gefühlen an die Kinderlandverschickung der Nazis. Ihre Berichte dienen jetzt der Wissenschaft.
Von Uwe Mauch

"Da ist unser Klassenvorstand, das war der Schönbrunner." Der Archivar in der Runde, Dieter Roth, zeigt auf eine Fotografie aus dem sorgsam gehüteten Album. Seine ehemaligen Mitschüler nicken. Schönbrunner! Diesen Namen haben sich alle gemerkt. „Der war ein überzeugter Nazi“, sagt einer aus der Runde.

„Das sind wir beim Habt-Acht-Stehen in Bad Pieštány“, erklärt Walter Beckenbauer, weitschichtig verwandt mit dem ehemaligen Münchner Weltklassefußballer „Kaiser“ Franz Beckenbauer.

Vier Herrschaften haben sich heute zum Klassentreffen in einem Kaffeehaus neben der Wiener Oper eingefunden. Sie gehen schnurstracks auf ihren Neunziger zu, doch das sieht man ihnen nicht an. Vor allem, wenn sie sich an ihre gemeinsame Zeit in den Kinderlandverschickungslagern des NS-Regimes erinnern, ist vieles wieder so wie gestern.

„Wir waren ja damals erst zehn, elf Jahre alt“, gibt Karl Matuschka zu bedenken. „Das war auch unser Glück“, fügt Emmerich Kolovic hinzu. „Für eine Einberufung zu den letzten Abwehrschlachten der Nazis waren wir zu jung.“

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