Mehr Dialog zwischen Schulmedizin und neuen Ideen

Therese Schwarzenberg: Kein Entweder-oder, sondern ein Miteinander in der Medizin.
Welche Rolle Selbstheilungskräfte und die psycho-emotionalen Komponenten bei Krankheit spielen.

Ein schwerer Skiunfall veränderte 1992 das Leben von Therese Schwarzenberg von Grund auf: Querschnittlähmung, die ärztlichen Prognosen liefen auf ein Leben im Rollstuhl hinaus. "Ich war ein Jahr lang total gelähmt. Da hat mir ein Arzt in den USA, der eine damals neuartige Therapie entwickelt hatte, sehr geholfen. Und das Unwahrscheinliche gelang der heute 76-jährigen Ehefrau des ehemaligen tschechischen Außenministers Fürst Karl Schwarzenberg. "Als ich nach einigen Monaten zurückkam, konnte ich schon mithilfe eines Rollators gehen. Das war für viele eine Sensation. Aber es war beinharte Arbeit, kein Wunder."

Vieles von damals ist heute Standard

Vieles, wovon sie damals in den USA profitierte, ist heute längst in Reha-Standards integriert, sagt sie im KURIER-Gespräch. "Ich bekam viele Elektrostimulationen mit speziellen Frequenzen, sehr bald folgte intensive Physiotherapie, jeden Tag drei bis vier Stunden. Ich übte Gehen auf dem Laufband, bei dem man in Gehmaschinen aufgehängt wird. Heute gibt es das alles auch in Österreich, in Reha-Zentren wird genauso auf diesen Laufbändern trainiert."

Schulmedizin und ganzheitliche Denkansätze verbinden

Die Verbindung von sogenannter Schulmedizin mit neuen ganzheitlichen Denkansätzen liegt Schwarzenberg, selbst Allgemeinmedizinerin und Homöopathin, noch immer sehr am Herzen. Regelmäßig veranstaltet sie die daher die "Schwarzenberg Lecture", wo verschiedenste Verfahren oder Ideen diskutiert werden. "Die Schulmedizin ist das, worauf jeder Arzt aufbauen muss. Die Grundlage unseres ärztlichen Tuns hängt von unserer guten universitären Ausbildung ab." Diese schaffe zwar wichtige Rahmenbedingungen, verhindere aber mitunter positive Weiterentwicklungen, die dann nicht selten nach Jahrzehnten dennoch selbstverständlich werden. "Es gibt viele Wissenschaftler, die die Probleme unter einer anderen Perspektive betrachten und dazu forschen. Sie werden oft nicht anerkannt."

Gleichzeitig gebe es natürlich auch "viel Unfug, der da getrieben" wird. Bei kranken Patienten "falsche Hoffnungen zu wecken, ist ganz schlecht". Aus Interesse besucht Schwarzenberg immer wieder Kongresse und Tagungen zu den unterschiedlichsten Themen. "Da muss man schon die Spreu vom Weizen trennen. Aber mitunter finden sich auch interessante Dinge."

Keine Entweder-oder-Standpunkte

Sie betont, dass es nicht um Entweder-oder-Standpunkte gehe. Im kenianischen Kreiskrankenhaus in Kwale, das sie seit 20 Jahren unterstützt, sei freilich Schulmedizin gefragt. "Gegen die Krankheiten, an denen die Menschen dort leiden, richtet man nur mit Medikamenten unserer Art etwas aus. Dort etwas alternativ zu machen, ist vollkommene Illusion."

Generell sieht sie aber durchaus "Bereiche, wo man zusammenarbeiten sollte". Ein Beispiel dafür könnte die psycho-emotionale Komponente bei Krebs sein, wo der Nutzen der Schulmedizin unbestritten ist. "Die Krebserkrankung ohne Operation und sehr oft Chemo zu behandeln, wird wahrscheinlich nicht gehen." Ein zusätzlicher Fokus auf die Psyche, auf mentale Ausgeglichenheit etwa, könnte den Behandlungserfolg aber verbessern.

Die Selbstheilungskräfte aktivieren

Die Aktivierung der Selbstheilungskräfte erscheint ihr ebenso ein wesentlicher, ergänzender Beitrag für die Bewältigung von Krankheiten. "Ich glaube, man kann diese auf verschiedene Arten anregen." Sie selbst habe im ersten Jahr ihrer Querschnittlähmung viel mit Visualisierung gearbeitet. "Man visualisiert sich in eine andere Bahn, die einem vielleicht als Kranker gar nicht möglich ist. Man muss sich geistig motivieren." Vor ihrem Skiunfall sei sie sehr sportlich gewesen. "Ich habe mir also die Bewegungsabläufe beim Reiten, beim Skifahren, beim Bergsteigen usw. genau vorgestellt, über Monate hindurch."

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