Fischölkapseln: Nutzen umstritten

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Neue Studie sieht gar Zusammenhang zwischen Omega-3-Fettsäuren und Prostatakrebs.

Omega-3-Fettsäuren wurden in den vergangenen Jahren nachgerade zu einer Art Wundermittel. Sie sollen vor allem das Herz- und Kreislaufsystem schützen und sogar Krebs vorbeugen. Diese essenziellen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren müssen über die Nahrung zugeführt werden.

In hohen Konzentrationen kommen sie in Kaltwasserfischen (Thunfisch, Lachs, Makrele) vor, ebenso in Ölen wie Lein-, Walnuss- oder Hanföl. Für ein Gramm Omega-3-Fettsäure müsste man aber zum Beispiel 460 Gramm Lachs essen. Deshalb werden häufig Fischöl-Kapseln als Nahrungsergänzung empfohlen.

Umstrittene Praxis

Die regelmäßige Einnahme solcher Kapseln ist nicht unumstritten. „Rund um Omega-3-Fettsäuren ist ein richtiger Hype entstanden. Das halte ich für übertrieben“, sagt Univ.-Doz. Maximilian Ledochowski, Ernährungsmediziner und Internist, Innsbruck.

Laut einer aktuellen US-Studie des Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle können hohe Gaben dieser Kapseln nicht nur nicht den gewünschten Präventionserfolg haben. Die Epidemiologen stellten Zusammenhänge zwischen hohen Konzentrationen von Omega-3-Fettsäuren im Blut und Prostatakrebs her. Männer mit der höchsten Serumkonzentration hatten um 43-mal häufiger ein Karzinom als die anderen. Die Forscher vermuten deshalb, dass die essenziellen Fettsäuren trotz ihrer bekannten entzündungshemmenden Eigenschaften an der Tumorentstehung beteiligt sind. Die Ursache ist unklar.

Diese Schlussfolgerungen sind anderen Forschern zu wenig: Die Ergebnisse würden anderen Studien widersprechen, die exakt auf den Zusammenhang von Omega-3-Fettsäuren und Prostatakrebs zugeschnitten gewesen waren. Die nun verwendete Datensammlung sei darauf nicht ausgelegt gewesen, betont der Mediziner Robert Rountree aus Boulder, USA. Im deutschen Ärzteblatt kritisieren Experten, dass die US-Analyse fehleranfällig ist. „Es ist nicht auszuschließen, dass künftige Studien zu völlig anderen Ergebnissen kommen.“

Auch Kristal betont allerdings die Notwendigkeit weiterer Studien. Bis dahin warnt er jedenfalls vor hoch dosierten Omega-3-Supplementen: „Sie sind riskant und haben keinen bewiesenen Nutzen.“ Das betont auch Ernährungsmediziner Maximilian Ledochowski. Er lehnt Empfehlungen in die eine oder andere Richtung ab. „Nicht alles, was positiv verkauft wird, hat auch diesen Nutzen.“ Theoretisch haben Omega-3-Fettsäuren zwar eine entzündungshemmende Wirkung. „Es ist aber nicht für jeden sinnvoll,wenn in ein funktionierendes System eingegriffen wird. Überhaupt, wenn keine Notwendigkeit dafür besteht.“

Ledochowski steht Nahrungsergänzungsmitteln generell kritisch gegenüber. „Ein gesunder Mensch hat keinen Bedarf.“ Besser wäre, wenn unsere Nahrungsmittel nicht bereits durch industrielle Verarbeitungsprozesse so entwertet würden.

Omega-3-Fettsäuren zählen zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Sie sind essenziell, müssen also über die Nahrung zugeführt werden. Es gibt verschiedene dieser Fettsäuren. Einige haben besondere Bedeutung für den menschlichen Stoffwechsel, da sie am Zellaufbau beteiligt sind. Alpha-Linolensäure kommt vor allem in pflanzlichen Quellen vor, DHA (Docosahexaensäure) und EPA (Eicosapentaensäure) in fetten Fischen. Der Innsbrucker Ernährungsmediziner Univ.-Doz. Maximilian Ledochowski: „Unter dem Namen Omega-3-Fettsäuren werden drei Substanzen in einen Topf geworfen. Wir wissen aber noch gar nicht, welche davon wir in welchen Mengen brauchen.“

Univ.-Prof. Kurt Widhalm, MedUni Wien, sieht hingegen vor allem positive Effekte. „Vor Kurzem zeigten zwei große Meta-Analysen die schützenden Effekte bei kardiovaskulären Erkrankungen sehr klar.“ Ebenso sei die Wirkung gegen Entzündungen „sehr gut belegt“. Eine weitere Studie aus Mailand kam zum Ergebnis, „dass Omega-3-Fettsäuren sehr gut gegen Triglyceride (bestimmte Blutfette, Anm.)“ wirken. Freilich betont der Experte: „Man darf nicht glauben, dass Omega-3-Fettsäuren nach einem Herzinfarkt alles wiedergutmachen.“

Als Nahrungsergänzung sind Omega-3-Fettsäuren allerdings mit Vorsicht zu genießen, betont Widhalm. „Das Spektrum ist groß, am Markt wird vieles angeboten, das zu geringe Mengen enthält und daher gar keine Wirkung haben kann.“

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