Wie Freiwillige ältere Menschen stark machen

Regelmäßiges Krafttraining kann Gebrechlichkeit im Alter verhindern.
Eine Studie zeigte: Gemeinsam zu Hause trainieren und über das Essen reden senkt das Risiko für Stürze.

Zu wenig Kalorien, zu wenig Eiweiß für die Muskeln, chronische Entzündungen, und als Folge ein fortgesetzter Muskelabbau: Elf Prozent der Über-65-Jährigen sind gebrechlich, 41 Prozent sind von einer Vorstufe betroffen.

„Das ist ein Prozess, der sich zunehmend verschlimmert, wenn man nichts unternimmt“, sagt der Sozialmediziner Univ.-Prof. Thomas E. Dorner von der MedUni Wien: „Denn die Betroffenen gehen immer seltener außer Haus, ziehen sich sozial zurück. Dadurch werden sie aber noch schwächer.“

Zwei Gruppen

Dorner ist Präsident des bisher größten europäischen Public-Health-Kongresses, der derzeit im Austria Center Vienna stattfindet. Und dort wurde auch ein Projekt vorgestellt, wie man diesen Krankheitsprozess erfolgreich unterbrechen kann: Freiwillige besuchten zwei Mal in der Woche – über zwölf Wochen hindurch – ältere, „gebrechliche“ Menschen. Sie machten mit ihnen Kraftübungen mit dem Theraband und führten Gespräche zum Thema Ernährung. In einer Kontrollgruppe gab es zwar auch Besuche durch Freiwillige, aber ohne Kraftübungen und ohne spezielles Reden über Ernährung.

Training und Gespräche wirkten

Fazit: In beiden Gruppen zeigten sich Verbesserungen des gesundheitlichen Zustandes, in der Trainingsgruppe waren sie aber deutlich größer. Dorner: „In dieser Gruppe hat die Angst vor Stürzen deutlich abgenommen, die Lebensqualität hat sich erhöht und die Menschen trauten sich wieder mehr aus dem Haus zu gehen und waren sozial aktiver.“

Fast 2000 Expertinnen und Experten aus ganz Europa sind bei der Tagung für Öffentliche Gesundheit vertreten.

Die Gesundheitsausgaben liegen in Österreich mit 10,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) höher als im Schnitt der OECD-Länder (8,9 Prozent). "Aber es gibt Länder, die weniger Gesundheitsausgaben, jedoch eine höhere Lebenserwartung haben." In Italien zum Beispiel belaufen sich die Gesundheitsausgaben nur auf 8,8 Prozent des BIP, trotzdem werden die Menschen in Italien im Schnitt um 1, 5 Jahre älter die ÖsterreicherInnen.

Viele kranke Jahre

"Wir feiern alle paar Jahre die steigende absolute Lebenserwartung, das ist die gute Nachricht", sagte Pamela Rendi-Wagner, Sektionsleiterin für Öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministerium: "Die schlechte Nachricht ist: Die gesunde Lebenserwartung ist nicht im gleichen Maß gestiegen. Hier ist Österreich unterdurchschnittlich. Die ÖsterreicherInnen verbringen immer mehr Jahre in Krankheit und Beeinträchtigung."

Hier seien viele Politikbereiche - von der Bildung bis zur Städteplanung - betroffen. Man benötige eine bessere Abstimmung, die Kooperation und Koordination müssten gestärkt werden.

"Wir müssen mehr Prävention verankern statt reiner Reparaturmedizin", betonte Ulrike Rabmer-Koller, Präsidentin des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger. "Und die Gesundheitskompetenz muss bei Kindern und Jugendlichen beginnen."

Migration als Chance

Ein Thema auf dem Europäischen Kongress ist auch die Gesundheit von Migrantinnen und Migranten. "Migration sollte man nicht als Problem, sondern als Prozess sehen, von dem die Menschheit profitiert", sagte der Mediziner Allan Krasnik von der Universität von Kopenhagen und in der Europäischen Gesellschaft für Öffentliche Gesundheit zuständig für die Gesundheit von Migranten und ethnischen Minderheiten: "Ohne Migration säßen viele von uns heute nicht hier. Sie ist eine Chance, kein Problem."

Von einer guten Gesundheit der Migrantinnen und Migranten profitiere die gesamte Gesellschaft: "Gesündere Migranten integrieren sich leichter und finden leichter eine Beschäftigung. Außerdem sind Gesundheit und der Zugang zum Gesundheitswesen ein Menschenrecht."

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