Eizellen hassen Nachtarbeit

Eizellen hassen Nachtarbeit
Eine neue Studie zeigt einen Zusammenhang zwischen Arbeitszeiten und Fruchtbarkeit.

Wenn es mit dem Babywunsch nicht klappt, könnten auch die Arbeitsbedingungen eine Ursache sein. Eine Studie der Harvard T. H. Chan School of Public Health kam zu dem Schluss, dass sich Schichtarbeit und schwere körperliche Tätigkeiten negativ auf die Fruchtbarkeit von Frauen auswirken und die Produktion und Qualität von Eizellen beeinträchtigen können.

Es sei die erste Studie, für die Biomarker und Konzentrationen von Hormonen ebenso gemessen wurden wie die Funktion der Eierstöcke, so die Autoren im Fachmagazin Occupational and Environmental Medicine. Das Team untersuchte die Daten von 473 Frauen, die zwischen 2004 und 2015 das Massachusetts General Hospital in Boston, USA, mit Kinderwunsch aufgesucht hatten.

Jene Frauen, die nachts oder in Wechselschichten arbeiteten, verfügten generell über weniger gereifte Eizellen. Ebenso war es bei Frauen, die während ihrer Arbeit schwere Objekte heben mussten. Besonders stark war der Effekt bei übergewichtigen Frauen, deren Alter über 37 Jahren lag. Der Mechanismus hinter der Eizellenreduktion ist unbekannt. In weiteren Studien soll geklärt werden, ob ein Wechsel der Arbeitspläne die Fruchtbarkeit wieder verbessere.

Nicht verwunderlich

"Es wäre nicht verwunderlich, dass die Arbeitsumstände Auswirkungen auf so sensible Bereiche wie Hormone und Fruchtbarkeit haben. Auch wenn die Studienteilnehmerinnen schon eine Auswahl mit bestehendem Kinderwunsch darstellen", sagt Christine Klien, Vize-Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin (Bild unten).

Eizellen hassen Nachtarbeit
"Wir wissen aus anderen Studien, dass Nacht- und Schichtarbeit große Auswirkungen auf die biologischen Rhythmen hat."

Der Großteil der physiologischen Prozesse – allen voran der Schlaf-Wach-Rhythmus – ist an die sogenannte zirkadiane Uhr gekoppelt. Diese innere Uhr umfasst etwa 24 Stunden. Wird sie wie etwa bei unregelmäßigen Schlaf- und Wachzeiten oder eben Nachtarbeit gestört, gerät sie aus dem Gleichgewicht. Das kann unter anderem das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen ebenso erhöhen, wie die Insulinausschüttung durcheinanderbringen und Übergewicht fördern, sagt Klien.

Acht Stunden Nachtarbeit sind für den Organismus so belastend wie 12,4 Stunden Tagarbeit. In Österreich arbeiten rund 660.000 Menschen im Schicht-, Turnus- oder Wechseldienst. "Frauen sind eher im Wechseldienst, also in Früh- oder Spätschichten tätig, dafür arbeiten mehr Männer in Nachtschichten." Laut österreichischen Arbeitsgesundheitsmonitoring wirkt sich Nachtarbeit negativ auf die Psyche aus. Rund die Hälfte der Nachtarbeiter gab in einer Befragung an, schwer abschalten zu können und erschöpft sowie gereizt zu sein. Verallgemeinern dürfe man aber nicht, warnt Klien. "Manchen kommt dieser Rhythmus entgegen und sie fühlen sich wohl. Jüngere erholen sich generell schneller, der Regenerationsbedarf steigt meist mit dem Alter."

Den optimalen Schichtdienst gibt es ohnehin nicht. Man weiß allerdings aus Untersuchungen, dass Frühschichten so spät und Spätdienste so früh wie möglich beginnen sollten. Die Hintergründe hängen mit den Schlafrhythmen zusammen: "Je später ich morgens beginne, desto eher hat der Körper das Gefühl eines normalen Tagesrhythmus." Rotierende Schichtdienste sollten im Idealfall bereits nach drei Tagen wechseln. "Das kommt dem Biorhythmus am ehesten entgegen", betont Klien.

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