Die Rhetorik des Norbert Hofer
Einen Club 2 gibt es nicht mehr. Lange Diskussionen sind TV-Geschichte, heute duelliert man sich mit rhetorischen Waffen – viel Zeit für Argumente bleibt da nicht. Im Präsidentschaftswahlkampf kommt dieses Format eher dem Kandidaten Norbert Hofer zugute, meint Kommunikationstrainerin und Rhetorik-Profi Tatjana Lackner (www.sprechen.com): "Im Club 2 blieb Zeit, Argumente abzugleichen, was Alexander Van der Bellen entgegengekommen wäre. Themen bestimmten dort die Diskussionen, keine Nebelwerfer." Ganz anders sei das heute: "Bei TV-Duellen geht es um Polit-Unterhaltung und darum, die Emotionen der Zuschauer zu gewinnen. Bei 20-Sekunden-Antworten zählen nicht Inhalte, sondern rhetorische Kniffe."
Dauernd diskreditieren
Braun meint, dass Van der Bellen genauso geschult sei: "Nur ist ihm das alles ziemlich egal. Über die Jahre hat er sich die Strategien herausgepickt, die zu ihm passen. Deshalb wirkt er sehr authentisch." Hofer sei hingegen zu sehr gecoacht: "Langsam wird er sich etwas Neues einfallen lassen müssen. Wenn er angegriffen wird, lacht er immer laut. Das fällt schon langsam auf."
Van der Bellen mache den Fehler, in Hofers Falle zu tappen und noch Teilgeständnisse abzugeben: "So gerät er in die Defensive und in die Rechtfertigungsposition. Bei den Zuhörern bleibt hängen, dass Hofer recht hat.
Ein weiterer Kniff Hofers laut Lackner: Er gibt vor, nur er sei Vertreter der "Menschen". Damit will er jene Wähler ansprechen, die einst Haider als "kleinen Mann" tituliert hat. "Hofer, der HTL-Absolvent, gegen ,die da oben’, gegen den Herrn Doktor Van der Bellen, der von der Hautevolee unterstützt wird. Auch damit hat er im Duell gepunktet."
Hofer beherrscht zudem die "drei Bs" der Rhetorik: bagatellisieren, beschwichtigen, bemitleidet werden. Wird Hofer etwas vorgeworfen, dann redet er es klein, indem er sagt: "Wo haben Sie denn diese Information her?" Oder er meint, "die FPÖ schließt niemanden aus".
Dass nicht nur in Österreich, sondern auf der ganzen Welt Menschen, die schlichte Botschaften hätten, immer populärer werden, wundert die Kommunikationsexpertin wenig: "Wenn übertriebene politische Korrektheit und eine unklare Sprache den politischen Diskurs bestimmen, wird der Boden dafür bereitet, dass Menschen mit einfachen Botschaften und einem überschaubaren Wortschatz besser gehört werden."
In Sachen Körpersprache macht Stefan Verra niemand etwas vor – auch nicht Norbert Hofer. Seit vielen Jahren analysiert Autor Verra Körperhaltung, Gestik und Mimik der Menschen und füllt mit seinen Live-Shows große Hallen. Den blauen Präsidentschaftskandidaten hat er während der vergangenen Monate besonders gut beobachtet.
Verras Urteil: „Hofers Körpersprache ist recht farblos. Er macht nichts, womit er aus der Rolle fällt. Ein gefälliges Lächeln, wenig Pendeln mit dem Kopf. Es fällt schwer, in ihm die Aggression zu finden, die man so gerne bei populistischen Politikern finden möchte.“ Zu viel Atem in der Stimme sorgt dafür, dass seine Worte sanft rüberkommen – selbst, wenn er auf Angriff geht, analysiert Verra. „Als ich ihn persönlich getroffen habe, ist mir aufgefallen, dass er sehr interessiert am Gegenüber ist. Scheinbar. Denn das zustimmende Nicken, das Lächeln, das Hinwenden des Körpers kommt zu schnell – unabhängig vom Inhalt. Bei nicht genauem Hinsehen wirkt es allerdings besser als Van der Bellens körpersprachliches Unbeeindruckt-Sein.“
Noch etwas fällt Verra auf: „Er sucht den Blick des anderen mehr, als er bei ihm gesucht wird. Das ist ein klarer Hinweis darauf, dass er sich eher nach den anderen richtet. Van der Bellen sucht weit seltener den Blick des anderen.“
So kommunikativ dieses Signal auch sein mag – Körpersprache-Experte Verra sieht genau darin Hofers größtes Problem. „Wir wollen keinen Präsidenten, der sich zu sehr nach anderen richtet, sondern einen, der uns als stabiler Orientierungspunkt dient, an dem wir uns festhalten können.“ Verra ist sicher: „Sollte Hofer Präsident werden, wird er diese Rolle ganz anders ausfüllen als seine Vorgänger.“
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