Drei Jahre nach der Ice Bucket Challenge: Erstes neues Medikament seit Jahren

Infusionen sollen das rasche Forschreiten der Symptome verhindern.

Viele Jahre war die Krankheit ALS den meisten Menschen unbekannt. Doch seit dem Hype um die Ice Bucket Challenge im Sommer 2014 weiß beinahe jeder, worum es bei der sogenannten Amyotrophen Lateralsklerose, auch Lou Gehrig Krankheit genannt, geht.

Um auf das rasch fortschreitende neurodegenerative Leiden aufmerksam zu machen, schütteten sich Menschen einen Kübel mit kaltem Wasser über den Kopf und filmten sich dabei. Dann stellten sie das Video etwa via Facebook online und nominierten via Social Media weitere Personen, die innerhalb von 24 Stunden das Gleiche tun sollten. Idee war es, Aufmerksamkeit für die fatale Erkrankung zu erzeugen und Spenden für die ALS Association zu lukrieren, um die Forschung für diese seltene Erkrankung voranzutreiben. Stars wie Charlie Sheen, Eminem, Rihanna oder der deutsche Komiker Oliver Pocher machten mit. Innerhalb von acht Wochen wurden 115 Millionen US-Dollar gespendet. Der Hype klang ab, um ALS wurde es wieder ruhiger.

Forschreiten der Symptome verlangsamt

Doch nun hat die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) ein neues Medikament für die Therapie von ALS in den USA bewilligt – das erste seit mehr als 20 Jahren. Radicava wurde von der japanischen Pharmafirma MT Pharma America, Mitsubishi Tanabe entwickelt und nun auch vertrieben. Es wird in Form einer intravenösen Infusion zwei Wochen lang täglich verabreicht, mit einer darauffolgenden zweiwöchigen Pause – ein Jahreszyklus kostet 145.000 US-Dollar. Die Therapie wirkt nicht lebensverlängernd, bremst aber das Fortschreiten der Symptome.

Vollständig gelähmt - bei intaktem Bewusstsein

Eine der bekanntesten Patienten mit ALS ist der Physiker Stephen Hawking. Die Idee für die Ice Bucket Challenge-Spendenaktion kam unter anderem von dem ehemaligen Baseballstar und an ALS erkrankten 32-jährigen Peter Frates, der sich seit Jahren für die Forschung einsetzt. Er ist bereits vollständig gelähmt.
ALS gilt nach wie vor als unheilbare Krankheit, die Ursachen dafür sind unbekannt. Davon Betroffene können sich im Verlauf der Erkrankung nicht mehr bewegen, und haben Schwierigkeiten beim Schlucken, Sprechen und Atmen. Das Bewusstsein und der Intellekt bleiben aber in der Regel intakt. Etwa die Hälfte der Patienten stirbt innerhalb der ersten drei Jahre, meist an Atemlähmung. Die meisten Fälle treten spontan auf. Am häufigsten erkranken Menschen im Alter von 50 bis 70 Jahren, Männer etwas häufiger als Frauen.

Die ALS Association begrüßt die Entscheidung der FDA: „Wir danken der FDA und MT-Pharma für die Zusammenarbeit und die Bewilligung der ersten ALS-Therapie seit Jahrzehnten“; sagte die Präsidentin der Association Barbara Newhouse, laut CNN. Und: „Wir hoffen, dass das das ein Signal für den Anfang eines neuen Kapitels im Kampf gegen diese schreckliche Erkrankung ist.“

Die zugunsten der Patienten ins Leben gerufene "Ice Bucket Challenge" hat am Freitag die Spendenmarke von 100 Millionen US-Dollar (76 Millionen Euro) durchbrochen. Das teilte die ALS-Vereinigung am Freitag mit. Die "Ice Bucket Challenge" war am 29. Juli ins Leben gerufen worden und soll auf die Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) aufmerksam machen.

Wer nominiert wird, soll sich gemäß der Regeln einen Eimer eiskalten Wassers über den Kopf schütten, ein Video davon ins Internet stellen und darf dann drei weitere Kandidaten benennen. Wer dies ablehnt, soll Geld an die ALS-Vereinigung spenden, die sich dem Kampf gegen die unheilbare neurologische Erkrankung verschrieben hat.

Im vergangenen Jahr hatte die Organisation während des Zeitraums vom 29. Juli bis 29. August lediglich 2,8 Millionen Dollar (2,13 Millionen Euro) eingeworben. Die nun mithilfe der "Ice Bucket Challenge" erzielte Summe entspricht dem 36-fachen Vorjahreswert. An der populären Internet-Kampagne haben sich bereits zahlreiche Prominente beteiligt, darunter Microsoft-Gründer Bill Gates, Hollywood-Regisseur Steven Spielberg, Topmodel Gisele Bündchen, Fußballstar David Beckham und der frühere US-Präsident George W. Bush.

Die Aktion stammt aus den USA, wo Betroffene - ganz anders als in europäischen Sozialstaaten - oft auf karitative Hilfe angewiesen sind. In Österreich ist deren Betreuung durch das Gesundheits- und Sozialsystem abgesichert, was nicht bedeutet, dass sie oft zusätzliche Unterstützung benötigen.

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