Diskussion um Neuro-Reha
Die Fortschritte in der Akutversorgung von Schlaganfallpatienten sind beachtlich – aber bei der Rehabilitation danach gibt es große Probleme." Kritische Worte findet Prim. Andreas Winkler, ärztlicher Direktor der Klinik Pirawarth, NÖ – sie ist auf die Rehabilitation neurologischer Patienten spezialisiert – anlässlich des heutigen Welt-Schlaganfalltages (29.10.).
Im Akutspital sollten die Phasen A (Akutbehandlung) und B (Frührehabilitation) durchgeführt werden, erst die Phase C (weiterführende Rehabilitation) in Reha-Zentren. "Es gibt aber einen enormen Druck der Spitäler auf uns, auch Phase-B-Patienten aufzunehmen, weil sie nicht genug Betten für die Frührehabilitation haben", so Winkler. "Außerdem sind die Übergänge zwischen B und C fließend, das derzeitige Einstufungssystem berücksichtigt etwa Beeinträchtigungen der Hirnfunktion viel zu wenig."
"Die hohen Kosten für einen Phase-B-Patienten – der eine Vielzahl an Therapien benötigt – werden den Reha-Zentren von den Sozialversicherungsträgern aber nicht abgegolten", sagt Winkler: "Wir erhalten auch für Phase-B-Patienten nur 214 Euro am Tag. Damit sollen neben der Unterbringung alle ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Kosten – z. B. für individuelle Physio-, Ergo- oder Trainingstherapie – abgedeckt werden. Das kann sich nicht ausgehen. Ein adäquater Satz wären 300 bis 400 €."
Die derzeitige Situation sei für Reha-Zentren ein Anreiz, nur leicht zu betreuende Patienten aufzunehmen. "Die pflege- und therapieintensiven Patienten nehmen viele gar nicht oder nur zu einem sehr geringen Teil. Weil es aber auf den Schlaganfall-Stationen der Spitäler zu wenig Betten gibt, kommen viele Patienten auf ungeeignete Spitalsstationen oder in Pflegeheime – ca. jeder fünfte Patient wird vom Akutkrankenhaus direkt in eine Pflegeeinrichtung verlegt. "
Es gebe Patienten, die ein halbes Jahr auf die Reha warten müssen – "obwohl die ersten drei bis sechs Monate entscheidend sind". Verschlimmert werde die Situation dadurch, dass Pensionisten "keinen Rechtsanspruch auf Rehabilitation" haben. "Rehabilitation ist aber das Bollwerk vor der Pflege." Die neurologische Langzeitrehabilitation werde ausgehungert, sagt Winkler. "Dabei bringt ein Euro, der in die Neurorehabilitation investiert wird, der Gesamtwirtschaft – durch die Reduktion von Krankenständen und Frühpensionierungen – fünf Euro zurück."
"Keine Probleme"
"Wir haben in Österreich eine sehr gute Versorgung in der Neuro-Rehabilitation", entgegnet Rudolf Müller, Chefarzt der Pensionsversicherungsanstalt (PVA). 1400 Betten stünden dafür zur Verfügung, jährlich gebe es rund 12.000 vierwöchige Aufenthalte. "Wenn man nicht in einem ganz bestimmten Haus sein möchte, bekommt man innerhalb von zwei bis vier Wochen ein Bett." Dass jemand in ein Pflegeheim komme, wenn noch die Möglichkeit zur Rehabilitation bestehe, sei ihm nicht bekannt. Und nach einem akuten Schlaganfall gebe es keine Ablehnung einer Reha.
Die kritisierten 214 Euro seien ein Mischsatz für Phase C und D, "manchmal fällt auch ein leichter E- und manchmal ein B-Patient darunter". Das gleiche sich aus. Zur Kritik, dass es auch zu wenig ambulante Reha-Angebote gebe, sagt Müller, dass ein Pilotprojekt auf diesem Gebiet geplant sei. "Das ist Neuland für alle Beteiligten." Sein Fazit: "In der Neuro-Reha gibt es keine großen Probleme."
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