„Die Zigaretten brauchst du nicht“
Mindestens eine Schachtel täglich und das fast 16 Jahre lang. Zigaretten haben das Leben von Daniel Jelic (29) bestimmt. So wie er wollen fast ein Viertel der 3,2 Millionen heimischen Raucher ihr Laster loswerden. Seit fast eineinhalb Monaten ist der Niederösterreicher nun rauchfrei. Im KURIER-Gespräch erzählt Jelic, mit welcher Motivation er sich von den Glimmstängeln fernhält.
Angefangen hat der Angestellte aus St. Pölten bereits im zarten Alten von 13 Jahren: „Dass es ungesund ist und viel Geld kostet, war mir bewusst, aber ich wollte cool sein. Nur bin ich seitdem nicht mehr von den Zigaretten losgekommen.“ Mittlerweile kann er dem Rauchen nichts Positives mehr abgewinnen. „Es war in den letzten Jahren nur mehr eine Belastung, finanziell und körperlich“, sagt der 29-Jährige.
Ehrgeiz
Unzählige Male nahm sich der junge Mann vor, mit dem Rauchen aufzuhören, jedoch ohne Erfolg. Erst als sein Arbeitgeber den Mitarbeitern ein Entwöhnungsprogramm anbot, packte ihn der Ehrgeiz. „Ich dachte mir, mehr als probieren kann nicht schiefgehen. Jetzt bin ich selbst total baff, dass ich schon länger als ein Monat nicht mehr geraucht habe“, sagt der Niederösterreicher.
„Die ersten drei Tage sind sehr belastend, besonders für starke Raucher. Danach wird es besser“, sagt Mediziner Ernest Groman, Leiter des Nikotinstitutes. Neben den Entzugserscheinungen ist die größte Sorge seiner Klienten die Angst, andere zu enttäuschen. Falls ihr Entzug scheitert, fürchten sie, bei Familie und Freunden als Versager abgestempelt zu sein.
Daniel Jelic hat, im Gegensatz zu seinen anderen Versuchen, keine Freunde eingeweiht. „Ich wollte es nicht herumposaunen, sondern warten, bis den Leuten auffällt, dass ich nicht mehr rauche. Die überraschten Reaktionen haben mich total gepusht.“ Experte Groman empfiehlt, zumindest die Familie über einen Entzug zu informieren (siehe Tipps rechts).
Motivation
In dem Elektronikunternehmen, in dem Jelic angestellt ist, raucht fast die Hälfte der Belegschaft. Versuchungen konnte er bisher widerstehen. „Ich versuche mich abzulenken. Früher habe ich beim Fernsehen sehr viel geraucht, jetzt räume ich zusammen oder wasche ab.“ Seine größte Motivation spielt sich im Kopf ab. Nachdem er am ersten Tag ohne Zigarette ein Nikotinpflaster benutzte, ließ er es am zweiten Tag bleiben. „Ich dachte mir, es kann nicht sein, dass ein kleines Papier stärker ist als ich. Deshalb habe ich mir selbst gut zugeredet: Die Zigaretten brauchst du nicht. Diesen Satz lasse ich mir immer durch den Kopf gehen.“
Die Motivation zum Aufhören muss letztendlich jeder für sich finden, meint der 29-Jährige. So nebenbei erwähnt Daniel Jelic, dass für ihn auch ein bestimmter Mensch der Grund war, sich von den Zigaretten zu verabschieden. Klar, denn sie ist Nichtraucherin.
Morgen: Aufbruch in eine bessere Beziehung
Kontrolle Wer das Rauchen reduzieren will, sollte darüber Kontrolle haben. Möglichkeiten gibt es viele: Bestimmte Räume werden zu Nichtraucherzonen, Zigaretten abgezählt und ein schriftliches Protokoll verfasst. Dadurch wird der automatische Ablauf unterbrochen.
Konsequenz Wird das Aufhören weit im Voraus geplant, neigt der Mensch dazu, in der Zeit davor eine Ausrede nach der anderen zu finden. Erfahrungsgemäß entstehen im Unterbewusstsein immer mehr Gründe, um weiterhin zu rauchen. Deshalb sollte zwischen Entschluss und Umsetzung nur eine minimale Zeitspanne liegen. Lange im Vorhinein runde Geburtstage als Anlass zu nehmen, sich von der Zigarette zu verabscheiden, funktioniert nur in manchen Fällen.
Information Die Familie sollte zur gegenseitigen Motivation auf jeden Fall eingebunden werden. Vor allem, wenn beide Partner rauchen, ist es wichtig, dass der eine auf den anderen Rücksicht nimmt. Raucher stimulieren einander gegenseitig, die Gefahr, rückfällig zu werden, ist deshalb groß. Warum nicht einfach statt der gemeinsamen Zigarette am Morgen das Frühstück in ein Nichtraucher-Lokal verlegen?
Bewegung Wenn jemand gerne Sport treibt, dann sollte er das intensivieren. Für alle anderen gilt: Anfangs nicht übertreiben und klein anfangen! Statt in öffentlichen Verkehrsmittel n können Wege zu Fuß bewältigt werden. Dazu empfehlen sich regelmäßige Spaziergänge oder Walken.
Zum neuen Jahr werden wieder viele gute Vorsätze gefasst – doch die meisten sind Tage später schon wieder vergessen. Die Psychologin und Psychotherapeutin Theresia Gabriel erklärt, wie sich Ziele am besten erreichen lassen.
KURIER: Wir nehmen uns immer wieder viel vor, setzen es aber nicht um. Was sind die größten Hindernisse?
Theresia Gabriel: Schwierig ist es, wenn sich Menschen etwas vornehmen, was sie gar nicht wollen – zum Beispiel mit dem Rauchen aufhören. Man glaubt, man sollte, aber man will eigentlich gar nicht aufhören. So jemand hat dann kein positives Bild von sich als Nichtraucher. Andere nehmen sich zu viel vor: Wenn ein Nicht-Sportler einen 5000er erklimmen will, wird er schnell demotiviert sein. Wenn etwas zu schwierig ist, dann ist Scheitern vorprogrammiert. Umgekehrt wirken Erfolgserlebnisse motivierend. Wenn ich etwas geschafft habe, dann glaube ich eher daran, dass ich das nächste Ziel auch erreiche. Das treibt viel mehr an, als wenn ich mich ständig als scheiternde Person erlebe. Es geht also darum, sich realistische Ziele vorzunehmen.
Wie könnte man ein realistisches Ziel definieren?
Es sollte eine Sogwirkung entfalten. Das Gefühl sollte sein: Da will ich hin! Man sollte sich vorher überlegen: Ist mir das wirklich wichtig? Wie sehr bin ich bereit, mich dafür anzustrengen? Was sind meine großen Herzensanliegen?
Besteht da nicht die Gefahr, dass man sich zu viel vornimmt?
Es sollte realistisch und nicht zu viel auf einmal sein. Oft hilft es, das Vorhaben in realistische Häppchen zu zerlegen. Wenn ich unsportlich bin und den Marathon laufen will, sollte ich vielleicht zuerst bei einem Staffellauf mitmachen und dann einen Halbmarathon laufen, bevor ich den Marathon auf mich nehme.
Was hilft gegen Durchhänger bei der Motivation?
Man kann daran denken, was man schon alles geschafft hat. Außerdem wäre es gut, sich vorab darauf vorzubereiten, dass nicht alles reibungslos ablaufen wird. Es hilft auch sich zu überlegen, was früher in ähnlichen Situationen geholfen hat.
Sind Vorbilder und Mitstreiter eine gute Unterstützung oder eher ein Risiko?
Wichtig ist ein realistisches Vorbild. Berge wie Gerlinde Kaltenbrunner zu erklimmen, ist unrealistisch. Bei einem alten Freund oder Nachbarn sieht man, dass der es mitunter auch schwer hat. Das gibt ein Gemeinschaftsgefühl wie in einer Selbsthilfegruppe.
Was hilft dabei durchzuhalten, wenn Mitstreiter aufgeben?
Man sollte sich nie auf eine Klaviertaste verlassen,um eine Melodie zu spielen. Es ist immer gut, mehrere Stützen zu haben. Zum Beispiel nicht nur jemanden, der mit mir das Rauchen aufgibt, sondern auch eine Freundin, mit der ich darüber reden kann. Ich kann mir Dinge überlegen, die ich statt dem Rauchen tun kann. Außerdem kann ich bevorzugt in Lokale gehen, in denen nicht geraucht wird oder ein Gruppentreffen mit Ex-Rauchern besuchen.
Das Ziel ist erreicht – wie verhindere ich einen Rückfall?
Man sollte sich immer bewusst sein, in welchen Situationen es schwierig werden könnte und wie man damit umgeht. Außerdem darf man ruhig stolz sein, das Ziel erreicht zu haben. Dafür darf man sich auch ruhig eine Belohnung gönnen.
Telefonberatung: Das Rauchertelefon ist eine Kooperation der Sozialversicherungsträger, Länder und des Bundesministeriums für Gesundheit. Psychologinnen beraten Mo.–Fr. von10 bis18 Uhr unter 0810810013 (max. 10 Cent/Minute).
Entwöhnungsprogramm: Das Nikotininstitut und die NÖGKK bieten Programme an. Zum Nichtraucher in fünf Wochen in Einzelberatungen mit einem Experten. Teilnahmekriterien: NÖGKK-Versicherung, Kosten 25 Euro,Terminvereinbarung unter 01/585 85 44.
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