Die modernste Art, Bandscheiben zu operieren

Endoskopischer Eingriff: Bei der OP wird eine Mini-Kamera zum Wirbel geführt.
Durch kleine Schnitte und neue Techniken sind Patienten viel schneller schmerzfrei und mobil.

Extreme Schmerzen nach einem Sturz, die wochenlang nicht besser wurden. Im Gegenteil, Joana Nosek litt immer mehr. Bis sich die vermeintliche Prellung im Lendenwirbelbereich als Bandscheibenvorfall herausstellte. Da andere Behandlungen nicht halfen, blieb nur noch eine Operation. "Mir wurde ein neues Leben geschenkt", sagt die Wienerin, die zwei Monate später wieder völlig schmerzfrei und bewegungsfähig ist.

Innovative OP-Technik

Möglich wurde diese rasche Genesung durch eine innovative Operationstechnik, die derzeit im Orthopädischen Spital Speising immer mehr bei schweren Bandscheibenvorfällen eingesetzt wird. Bei dieser endoskopischen Wirbelsäulenchirurgie wird ein Endoskop, an dessen Spitze sich eine zwei Millimeter große Kamera befindet, direkt zur zu operierenden Stelle eingeführt.

Über die auf einem Monitor gezeigten Kamerabilder kann der Operateur nun exakt arbeiten, etwa mit einer (über Arbeitskanäle eingeführten) Zange das vorgefallene Bandscheibenmaterial (Sequester) entfernen. "Der Schnitt bleibt unter einem Zentimeter, die Operation dauert etwa eine halbe Stunde", erklärt Neurochirurg Nazem Atassi. "Die kleinen Schnitte ermöglichen eine raschere Heilung. Endoskopisch operierte Patienten können meist noch am Operationstag mobilisiert werden." Das war auch bei Joana Nosek so. "Ich war skeptisch, aber fünf Stunden nach der OP durfte ich wirklich aufstehen. Ich war schmerzfrei und so glücklich, dass mir die Tränen kamen."

Mehr minimal-invasive Eingriffe

Die Methode, für die spezielle Geräte und ausreichend Erfahrung der Chirurgen nötig sind, gibt es seit rund zehn Jahren. In Speising baut man sie aus. "Heuer werden es knapp 40 Operationen sein, im Vorjahr waren es noch zwei", sagt Atassi.

Minimal-invasive Eingriffe bei Defekten an der Wirbelsäule liegen im Trend. "Statt großer, offener Operationen werden in den führenden Orthopädie-Kliniken immer häufiger Mini-Eingriffe angewandt", sagt Prim. Michael Ogon, Leiter des Wirbelsäulenzentrums in Speising. Bei vielen Bandscheibenvorfällen sei die sogenannte Mikrochirurgie derzeit der Goldstandard. "Dabei wird unter Mikroskopkontrolle operiert. Der Einschnitt beträgt etwa zwei Zentimeter und ist damit noch immer sehr klein."

Team-Arbeit

Welche Behandlungsmethode für den Patienten am besten geeignet wird, entscheiden die Ärzte im Team. "In unserer Ambulanz begutachten sowohl konservativ tätige Orthopäden als auch Wirbelsäulen-Chirurgen die Patienten", betont Ogon. Den häufig gehörten Vorwurf, dass zu schnell operiert werde, kann er nicht nachvollziehen. "Wenn nicht bereits Nervenschäden oder Lähmungen aufgetreten sind, gibt es viele andere wirksame Therapieoptionen."

Die meisten Wirbelsäulenprobleme sind mit konservativen Maßnahmen – Physiotherapie, Massagen, Akupunktur, Infiltrationen unter Röntgenkontrolle – gut in den Griff zu bekommen, betont Thomas Rustler von der Abteilung für Konservative Orthopädie. "Mit Infiltrationen unter Röntgenkontrolle kann man etwa eine Abschwellung der gereizten Nervenwurzel erzielen."

Trotz bester Behandlungsmethoden: Wirbelsäulenprobleme nehmen zu – eine Folge von Bewegungsmangel. Das Rezept dagegen ist banal, aber wirksam, sagt Ogon: "Am wichtigsten ist regelmäßige Bewegung. Bei einem sitzendem Beruf sollte man die Körperhaltung immer wieder verändern ("dynamisches Sitzen") und zwischendurch aufstehen."

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