"Die Implantate waren völlig kaputt"

"Die Implantate waren völlig kaputt"
Nur eine Ärztin soll in Österreich die Produkte verwendet haben. Trotzdem könnten mehr Frauen betroffen sein.

Das war ein einziger Gatsch.“ Der Wiener Plastische Chirurg Jörg Knabl erinnert sich gut an „vier oder fünf Patientinnen“, die „in Ungarn, Tschechien oder Russland“ Brustimplantate der französischen Firma Poly Implant Prothese (PIP) erhalten hatten – und sich von ihm diese Implantate austauschen ließen: „Diese Implantate waren alle völlig kaputt, die Hülle hatte sich zersetzt.“ Er selbst hat diese Produkte nie verwendet: „Dass bei PIP die Qualität des verwendeten Silikons nicht gestimmt hat, war hinlänglich bekannt.“ Sie zählten zu den preisgünstigsten Produkten.

In Frankreich haben 30.000 Frauen PIP-Implantate enthalten. Laut französischen Medienberichten bereiten die Behörden eine „Rückrufaktion“ vor: Die Frauen sollen sich demnach die Implantate austauschen lassen. Denn statt medizinischem wurde billigeres Industriesilikon eingesetzt – das leichter Entzündungen auslöst. „Den Ärzten kann man keinen Vorwurf machen“, sagt der Plastische Chirurg Edvin Turkof: „Die Produkte waren ordnungsgemäß zertifiziert, das Industrie-Gel hätte nicht verwendet werden dürfen.“ Der TÜV Rheinland, der die PIP-Produkte ursprünglich europaweit zertifiziert hatte, betont, „nachweislich umfassend und fortgesetzt getäuscht worden zu sein“.

Wurden die Implantate auch in Österreich eingesetzt?

In ersten Meldungen war von fünf Ärzten in Österreich die Rede. „Unsere Recherchen haben jetzt ergeben, dass zwar fünf österreichische Ärzte als potenzielle Implanteure bei PIP gemeldet waren, aber vier davon haben sie nie verwendet“, sagt Univ.-Prof. Marcus Müllner von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Lediglich eine Plastische Chirurgin haben PIP-Implantate bei acht Frauen verwendet. „In drei Fällen sind sie aufgrund unserer Warnungen und einer medizinischen Notwendigkeit bereits wieder entfernt worden.“ Fünf Frauen tragen die Implantate noch, werden aber engmaschig überwacht.

Was sollen betroffene Frauen tun?

„Sie sollen bei ihrem Arzt den Zustand des Implantats regelmäßig kontrollieren und bei Verdacht auf einen Riss entfernen lassen“, sagt Müllner. In Frankreich raten viele Mediziner zu einer sofortigen Entfernung. „Es gibt aber noch keine offizielle Empfehlung dafür“, sagt Prim. Thomas Hintringer, Präsident der Gesellschaft für Plastische Chirurgie.

Haben die Behörden früh genug gewarnt?

Ende März 2010 hat die französische Agentur für die Sicherheit von Gesundheitsprodukten die weitere Vermarktung und den Einsatz der PIP-Implantate verboten. Die Grüne Frauensprecherin Judith Schwentner kritisiert, dass daraufhin die österreichische Behörden vor dem Einsatz der Produkte nur gewarnt, diesen aber nicht untersagt haben. Müllner: „Wir haben sofort reagiert. Nach unserer Warnung wurden in Österreich keine Produkte mehr eingesetzt. “

Sind Billigangebote im Ausland ein Risiko?

„Man sollte gezielt fragen, welche Implantate verwendet werden“, sagt Turkof, „weil die Firmen beteuern, dass die Implantate überall dasselbe kosten. Wenn im Ausland eine OP z.B. nur 2500 Euro kostet, dann bleiben nach Abzug der 1000 Euro für die Implantate lediglich 1500 Euro für Spital, OP-Saal, Anästhesist und OP-Honorar“, schreibt Turkof in seinem Buch „Brustvergrößerung“ (siehe re.) „Da muss man sich schon überlegen, wie das gehen soll. Im Sinne Ihrer Sicherheit müssen Sie darauf bestehen, dass sie einen Implantatpass bekommen, damit Sie genau wissen, was Ihnen eingesetzt wurde.“ Man dürfe aber Eingriffe im Ausland nicht generell schlecht machen.

Welche Sicherheit haben Patientinnen in Österreich?

„Mit Produkten der großen Produzenten gab es noch keine Probleme“, sagt Turkof: „Dieser Fall ist ein Ausreißer. “

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