Diabetesrisiko: Der Einfluss des Geschlechts
Eigentlich ist die Lebenserwartung von Frauen in Österreich rund fünf Jahre länger als jene von Männern. Bei Typ-2-Diabetes gilt das nicht: Da verkürzt sich die Lebenserwartung der Frauen und gleicht sich ungefähr an jene der Männer an: „Bei Frauen braucht es in der Regel mehr Risikofaktoren, bis sie Diabetes bekommen, er tritt bei ihnen auch erst in höherem Alter auf: Aber wenn sie ihn haben, gibt es mehr Komplikationen und der Anstieg des Risikos für Herzinfarkt, Schlaganfall und einen frühzeitigen Tod ist höher als bei Männern“, sagt die Diabetes-Spezialistin Alexandra Kautzky-Willer von der MedUni Wien.
Gemeinsam mit Jürgen Harreiter (ebenfalls MedUni Wien) wurde sie von dem renommierten Fachmagazin Endocrine Reviews eingeladen, den aktuellen Stand der Forschung zu den Geschlechterunterschieden bei Diabetes zusammenzutragen – damit ist das weltweit die erste Erhebung in diesem Umfang.
Höheres Männerrisiko
Männer haben ein grundsätzlich höheres Risiko, an Diabetes zu erkranken. Frauen sind unter anderem durch die erhöhte Ausschüttung des Hormons Östrogen bis zur Menopause „geschützt“ – ebenso durch einen grundsätzlich niedrigeren Blutzuckerspiegel in nüchternem Zustand (in der Früh vor der ersten Mahlzeit). Auch die Werte des „schlechten“ LDL-Cholesterins sind (zumindest bis zur Menopause) bei Frauen niedriger, ebenso wie der Blutdruck.
Männer schützt u. a. die höhere Muskelmasse, der größere Energieverbrauch ein hoher Testosteronspiegel – ist er niedrig, haben sie öfter Übergewicht und ein deutlich höheres Diabetesrisiko. Zum Nachteil gerät ihnen auch, dass sie mehr Bauch- und Leberfett haben und weniger stark auf Insulin ansprechen.
Worauf Frauen achten müssen
Ein Nachteil für die Früherkennung bei Frauen ist, dass ihr Nüchternblutzucker länger im Normalbereich bleibt: „Deshalb wird Diabetes bei ihnen oft erst später entdeckt.“ Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass v. a. jede Frau mit Risikofaktoren – etwa Übergewicht, Bluthochdruck, hohe Blutfette, höheres Alter, ein früherer Schwangerschaftsdiabetes – zu Beginn der Schwangerschaft (sowie auch außerhalb einer solchen) einen „oralen Glukosetoleranztest“ macht, um Diabetes oder Prädiabetes rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Dazu muss in nüchternem Zustand eine Zuckerlösung getrunken werden. Davor und danach wird mit einer Blutabnahme aus der Vene der Blutzuckerwert bestimmt.
Auch Umwelteinflüsse wie Weichmacher in Kunststoffartikeln scheinen unterschiedliche Effekte auf Männer und Frauen zu haben. Und die Diabetes-Diagnose könnte ebenfalls geschlechtsspezifischer werden: So gibt es offenbar Biomarker (Krankheitsanzeiger) im Blut, die bei Diabetes nur bei Frauen, nicht aber bei Männern erhöht sind – und umgekehrt.
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