Schlechtere Schulnoten für dicke Kinder

Schlechtere Schulnoten für dicke Kinder
Experten schlagen Alarm: So schlecht ist in Österreich die Hilfe für übergewichtige Kinder.

Dicke Kinder haben schlechtere Noten als ihre schlanken Mitschüler. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des deutschen Robert-Koch-Instituts, die der Spiegel in Auszügen vorab veröffentlichte. Danach liegt die Wahrscheinlichkeit, dass füllige Kinder im Fach Mathematik einen Einser oder Zweier bekommen, im Verhältnis um mindestens zehn Prozent niedriger. Dies habe vor allem zwei Ursachen: Lehrer trauen Übergewichtigen weniger zu und benoten sie schlechter - und zwar unabhängig davon, aus welchem Elternhaus das Kind kommt. Dicke Schüler haben zudem ein geringes Selbstwertgefühl, was dazu führt, dass sie tatsächlich schlechtere Leistungen erbringen.

Schlechtere Schulnoten für dicke Kinder

Der Ernährungsmediziner Prof. Kurt Widhalm vomÖsterreichischen Akademischen Institut für Ernährungsmedizin (ÖAIE)schlägt Alarm: „Die Politik muss endlich handeln und wirksame Maßnahmen setzten“, fordert er. „Wir brauchen eine professionelle Prävention und professionelle Therapien für die betroffenen Kinder.“ Mit einem Beratungsgespräch allein sei den jungen Menschen nämlich nicht geholfen: „Die Betroffenen brauchen eine Begleitung von einem Expertenteam aus Psychologen, Sporttherapeuten, Diätologen usw.“ Diese Hilfe werden den Kindern verwehrt, „weil hier jeder , der sich dazu berufen fühlt, dicke Kinder betreuen darf.“ Als Vorbild nennt Widhalm Deutschland, wo das Personal in Betreuungseinrichtungen eine einschlägige Ausbildung absolvieren müssen.

Die Studienergebnisse selbst überraschen Wildhalm nicht. Er ortet mangelndes Problembewusstsein: "Weder gibt es verwertbare flächendeckende Zahlen hinsichtlich der Entwicklung von Gewicht und Größe von allen Schulkindern, noch gibt es wirksame Präventionsprogramme, noch ausreichend zertifizierte Einrichtungen zur Behandlung von Übergewicht im Kindesalter mit entsprechenden Evaluierungen. Auch wenn die Politik sehr bald sagen wird, man wolle das alles bereitstellen, so wird das nicht umsetzbar sein, da in jahrelangen Versäumnissen auf diesem Sektor u.a. die Ausbildung von Fachleuten auf dem Gebiet der Ernährungsstörungen unterblieben ist", so Widhalm.

Die Fakten: 23 Prozent der Wiener Kinder und Jugendlichen sind übergewichtig. Sechs Prozent davon leiden bereits an Adipositas (krankhafte Fettleibigkeit), weitere drei Prozent sind extrem adipös. Das ergab eine Studie von 25.000 jungen Wienern zwischen zwei und 16 Jahren.

Prävention

Der Österreichische Herzfonds sponsert das erste österreichische wissenschaftlich ausgerichtete Präventionsprojekt, das vom ÖAIE durchgeführt wird und derzeit in vier Wiener Schulen anläuft. Teilnehmende Schüler erhalten unter Einbeziehung der Lehrkräfte und Eltern gezielten Ernährungsunterricht und Sport-Trainings, um Gewicht zu reduzieren und somit körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Mit regelmäßigen begleitenden medizinischen Testungen wird der Erfolg des Projekts gemessen.

"Ziel ist, mit evaluierten Methoden nachhaltig das Ernährungs- und Bewegungsverhalten der 10- bis12-jährigen Kinder günstig zu beeinflussen. Dies erfolgt mit permanenten Schulungen unter Einbeziehung der LehrerInnen und Eltern. Mit Smartphone Apps werden die Kinder über ihre Ernährungsgewohnheiten befragt und nachfolgend Vorschläge für gesünderes Ernährungsverhalten gegeben. Das Ausmaß der körperlichen Aktivität wird mit sogenannten Accelerometern gemessen, ebenso der Effekt des sportlichen Trainings", beschreibt Widhalm das Programm.

"Die Ergebnisse von ähnlichen Projekten im Ausland zeigen eine Einbremsung des Anstieges von Übergewicht und können somit als wirksame Maßnahme gegen die Volkskrankheit angesehen werden. Eine verpflichtende Einbeziehung der Schulärzte, deren Aufgaben klar definiert und deren Erfüllung auch kontrolliert werden müssen, ist in Österreich überfällig", so Widhalm.

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