Der Datenchip im Brustimplantat

Implantat mit Chip und bläulicher Schutzschicht. Der Nutzen des Chips ist umstritten
Gespeicherte Zahlenkombination soll Sicherheit erhöhen - warum viele Frauen dennoch skeptisch sind.

Früher bewahrte man ein Geheimnis in seiner Brust – in Zukunft könnte es ein Chip sein: Die US-Firma Establishment Labs hat ein Brustimplantat auf den Markt gebracht, das – wahlweise – auch einen sieben Millimeter langen Chip enthält. Mit einem Handlesegerät, das nahe an die Brust gehalten werden muss, kann von außen eine 15-stellige Zahlenkombination abgelesen werden. Gibt sie der Arzt in eine Datenbank ein – er muss zutrittsberechtigt sein – bekommt er Informationen über den Hersteller, die Artikel- und Seriennummer des Implantats sowie das Datum der Implantation. Der Chip wurde von der US-Arzneimittelbehörde FDA zugelassen.

"Ich habe schon einige Implantate entfernt, bei denen ich nicht mehr ermitteln konnte, um welche Marke und welches Modell es sich handelte. Mit so einem Chip kann der Chirurg das immer nachvollziehen", sagt Prim. Thomas Hintringer, Leiter der Abteilung für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz.

Sollte einmal eine fehlerhafte Charge überprüft werden müssen, könnte – falls sonst keine Unterlagen mehr auffindbar sind – rasch ermittelt werden, ob die Patientin ein Produkt aus dieser Serie erhalten habe.

Der Datenchip im Brustimplantat
Brustimplantat

Jedoch sind viele Frauen noch skeptisch gegenüber einem Chip in der Brust: "Es ist eine sinnvolle Sache, aber vielleicht ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für die Einführung. Denn derzeit ist die Angst vor Datenmissbrauch sehr groß", so Hintringer, der bisher nur die Implantat-Variante ohne Chip verwendet hat: "Manche Frauen haben Angst, dass dann ihr Standort geortet werden kann – aber das ist völlig unmöglich." Und ohne Lesegerät direkt in Körpernähe könne die Zahlenkombination nicht abgelesen werden. Es gebe auch keine Probleme beim Sicherheitscheck auf Flughäfen oder bei Untersuchungsmethoden wie MRT oder Mammografie.

Generell hohe Qualität

Eine Innovation sei auch eine Schutzschicht in blauer Farbe. "Durch die Färbung kann ich vor der Implantation kontrollieren, ob diese Schicht rundum intakt ist."

"Die heute verwendeten Implantate haben alle eine sehr hohe Qualität", sagt der plastische Chirurg Jörg Knabl. "Die größten Fehlerquellen liegen beim Chirurgen, nicht beim Produkt." Auch er mache die Erfahrung, dass Frauen davor zurückschrecken, sich ein Implantat mit Chip einsetzen zu lassen. "Überdies ist bei uns in Mitteleuropa die Dokumentation der Daten sehr gut, dadurch bringt der Chip im Moment keinen Zusatznutzen", so Knabl. "Was man aber anerkennen muss, ist, dass es in diesem Bereich seit Langem wieder eine Innovation gibt."

Jahrelang hatte das französische Unternehmen Poly Implant Prothese (PIP) mit billigem Industriesilikon gefüllte Brustimplantate verkauft. Der Firmengründer wurde im Dezember zu vier Jahren unbedingter Haft und einer Geldstrafe verurteilt (nicht rechtskräftig). Der VKI führt für 69 geschädigte Frauen aus Österreich eine Sammelklage durch.

Mediziner betonen, dass dies eine kriminelle Aktion war. Moderne Brustimplantate seien durchwegs von sehr hoher Qualität und würden im Schnitt rund 20 Jahre halten – teilweise auch länger. In der Regel werde eine „kohäsive Gelsubstanz“ verwendet. „Auch wenn die Hülle reißt, fließt das Gel nicht mehr einfach ungebremst aus“, so Chirurg Hintringer.

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