Depressionen: Anzahl der Erkrankten steigt

Symbolbild
Neue Therapien, aber wenig Prävention.

Man kann nachts nicht schlafen, fühlt sich permanent erschöpft und positive Ereignisse erreichen einen nicht mehr: Fast eine halbe Million Österreicher leiden an Depressionen. Viele überleben sie, manche aber nicht. 2011 gab es 1286 Suizidtote – im Vergleich dazu starben 537 Menschen bei Verkehrsunfällen. "Wir haben unzählige Maßnahmen gegen den Tod durch Verkehrsunfälle, möglicherweise geschieht zur Verhütung von Suiziden durch Depressionen nicht ganz so viel," sagt Georg Psota, Chefarzt der Psychosozialen Dienste in Wien.

Laut WHO werden Depressionen bis zum Jahr 2015 in den Industrieländern höheren Schaden anrichten als Herzgefäßkrankheiten. Grund dafür sind unter anderem gesellschaftliche Probleme: Verlust an Solidarität und Sicherheitsgefühl, traditionelle Strukturen lösen sich auf. Außerdem rücken Zukunftsängste in den Vordergrund. Betroffen sind vor allem Frauen. Dabei spielen, laut Psota, etwa biologische Faktoren eine Rolle. Frauen erleben hormonell bedingt in bestimmten Etappen große Veränderungen.

Punkto Behandlung hat sich in den letzten Jahren einiges verändert. Neue psychotherapeutische Möglichkeiten, wie die interpersonelle Therapie, haben sich als schnelles und wirksames Verfahren bewährt. Die Gesprächstherapie zielt darauf ab, die eigene Rolle zu erkennen und zwischenmenschliche Probleme zu lösen. Eine andere Therapie ist das "Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy" – kurz CBASP, das speziell für chronische Depressionen entwickelt wurde. Hauptziel ist, traumatisierende Beziehungserfahrungen durch neue, positive Erfahrungen zu korrigieren. Trotzdem, so Psota, sei es fraglich, ob genug für psychisch Kranke getan wird: "Österreich hat 140 niedergelassene Fachärzte (für Psychiatrie, Anm.) mit Kassenpraxis."

Negative Darstellung

Bedenken äußerten die Mediziner auch in Bezug auf die mediale Darstellung psychischer Erkrankungen. Menschen, die etwa an Schizophrenie leiden, werden in Film, Fernsehen und Boulevard oft als "Irre" und "Täter" abgestempelt. Psychiater Thomas Stompe: "Schwere Delikte sind bei Menschen mit Psychosen häufiger, bei Männern sechs bis zehn Mal häufiger, bei Frauen sieben bis 19-mal häufiger. Doch die Schizophrenie ist eine vergleichsweise seltene Erkrankung mit 0,5 bis einem Prozent unter der Bevölkerung." Deshalb wirke sich diese Gruppe sehr gering auf die Kriminalitätsstatistik aus. 12,7 Prozent der Schizophrenen sind Obdachlose. Sie sterben meist an Suizid und werden häufig selbst Opfer von Raub und Gewaltakten.

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