Burn-out: Wie Sie gegensteuern können
Mag. Dr. Peter Stippl ist Präsident des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie.
Viele werden ungeduldiger, unkonzentrierter, fahriger, aggressiver, hören nicht mehr auf das, was andere sagen, gehen rascher in den Gegenangriff über, ihre Frustrationstoleranz geht verloren. Häufig werden die Betroffenen erst durch ihre Mitmenschen darauf aufmerksam: "Fehlt dir etwas, du bist so verändert?" Selbst will man das ja lange nicht wahrhaben. Und viele holen sich erst Hilfe, wenn die Symptome schon sehr die Lebensqualität stören und einschränken.
Wo liegen die Ursachen für so eine Entwicklung?
Burn-out ist ein Missverhältnis von Geben und Nehmen, von Anspannung und Entspannung, die Ursachen kommen von innen und außen: Von innen sind es häufig ein starker Perfektionismus und extrem hohe Ansprüche an die eigene Leistung. Stark gefährdet sind sehr konkurrenzorientierte Menschen, die oft unter selbst sehr perfektionistischen, sehr leistungsorientierten und dominanten Eltern gelitten haben. Und ein starker äußerer Risikofaktor ist das derzeitige Klima in der Arbeitswelt, die allgegenwärtige Angst, seinen Job zu verlieren, nicht mehr mithalten zu können.
Wie kann man selbst gegensteuern?
Jeder Mensch hat liebenswerte, positive Seiten und bestimmte Fähigkeiten. Menschen mit viel Selbstvertrauen sehen bei sich in erster Linie diese Stärken und beschäftigen sich viel weniger mit ihren Schwächen. Bei Menschen mit wenig Selbstvertrauen ist es genau umgekehrt. Sie schauen immer auf das, was sie nicht so gut beherrschen. Das ist fatal: Weil es immer jemand anderen gibt, der etwas besser kann. Deshalb: Erinnern Sie sich an das, was Sie gut können – und versuchen Sie, eine innere Gelassenheit zu entwickeln. Das gelingt viel leichter zum Beispiel mit Sport, Kultur, erfüllenden Freizeitbeschäftigungen und Entspannung als Ausgleich zu ihren Belastungen. Das hilft, ,herunterzukommen‘, zu entschleunigen und nicht ständig um die eigenen Probleme zu kreisen.
Wann benötigt man professionelle Hilfe?
Wenn Sie trotz aller persönlicher Anstrengungen merken, dass Ihre Situation immer schlechter wird. Die Kunst der Psychotherapie liegt darin, den Klienten dazu zu verhelfen, selbst draufzukommen, was für sie wichtig ist und was sie ändern müssen – das ist der Unterschied zu Beratung und Coaching: Da kommen die Anstöße nicht aus einem selbst, sondern vom Coach. In einer frühen Burn-out-Phase kann aber ein Coaching – etwa zur richtigen Prioritätensetzung – ausreichen.
In der Frühphase helfen oft auch bereits einige wenige Psychotherapiesitzungen, um danach selbst wesentliche Dinge im Leben ändern zu können. Die Heilung von bereits an sehr fortgeschrittenem Burn-out Leidende kann einen Krankenstand von einem halben Jahr und länger benötigen.
Dr. Peter Stippl am Tel. (01/526 57 60): Do., 28. 4., 10 bis 11 Uhr. eMail: gesundheitscoach@kurier.at
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