Die Erschöpfung als Wendepunkt

Die Erschöpfung als Wendepunkt
Wer sich rechtzeitig zurückzieht und umdenkt, kann den völligen Zusammenbruch verhindern.

Die Speedkönigin macht eine Vollbremsung: Erschöpfung soll die Ursache dafür sein, dass sich US-Skistar Lindsey Vonn eine Auszeit vom Weltcup nimmt. Zuvor hatte sie in einem Interview mit dem US-Magazin People von psychischen Problemen berichtet („Ich fühlte mich hoffnungslos, leer, wie ein Zombie“) – damit habe aber ihre Auszeit nichts zu tun, betont Vonn.

Wie auch immer: „Besonders ehrgeizige, leistungsbereite Menschen, die lange Zeit immer wieder ihre Grenzen und unter enormem Druck überschreiten, sind häufig von Erschöpfungszuständen betroffen“, sagt die Psychotherapeutin und Burn-out-Spezialistin Lisa Tomaschek-Habrina, Leiterin des Institut ibos für Burn-out und Stressmanagement in Wien.

Die Erschöpfung als Wendepunkt

Eine völlig körperliche und emotionale Erschöpfung, eine Entfremdung von sich selbst und starke Leistungseinbußen sind die Hauptsymptome eines Burn-out-Syndroms.

Ein derartiges Tief sei letztlich eine Strategie des Körpers zum Überleben: „Vielen Menschen fällt es schwer zu erkennen, wann es genug ist. Eine derart schwere Erschöpfung ist dann oft der Anlass, an seinem Leben etwas zu ändern, ein Wendepunkt“, betont Tomaschek-Habrina: „Viele Klienten sagen mir, das Burn-out war das Beste, was ihnen passieren konnte. Sonst hätten sie sich nie verändert. Der deutsche Skispringer Sven Hannawald hat einmal gemeint, dass seine Depression ihm deshalb das Leben gerettet hat.“ Und auch der Grün-Politiker Rudi Anschober hat mit einer mehrmonatigen Auszeit rechtzeitig die Notbremse gezogen. „Andere hingegen machen weiter, bis der vollständige Zusammenbruch kommt.“

„Erschöpfungszustände nehmen zu“, betont Tomaschek-Habrina. Nicht nur durch die viel zitierten Veränderungen in der Arbeitswelt und die ständige Erreichbarkeit: „Auch die vielen Nachrichten zum Thema Wirtschaftskrise tragen dazu bei. Das schwingt ständig mit und verunsichert die Menschen: ,Werde ich morgen noch den Lebensstandard haben, den ich heute habe?’, fragen sich viele besorgt.“

Grundnahrungsmittel

Im Weihnachtsfest drücke sich auch die Sehnsucht nach Ruhe, Begegnung, Gemeinschaft und Lebenssinn aus – „die Grundnahrungsmittel unserer Seele“, sagt Toamaschek-Habrina. „Aber wie soll sich die Seele einklinken, wenn wir erst am 24.12. herunterschalten? Eine solche Vollbremsung führt – wie beim Autofahren – unweigerlich zu einem Rückschlag.“

Der Neurologe und Burn-out Spezialist Univ.-Prof. Wolfgang Lalouschek vom Gesundheitszentrum The Tree gibt einen praktischen Tipp für die letzten Tage vor Weihnachten: „Wenn Sie 20 Prozent der wichtigsten Dinge erledigen, bringt Ihnen das 80 Prozent der maximal erreichbaren Zufriedenheit. Die restlichen 80 Prozent an Erledigungen liefern hingegen nur 20 Prozent mehr Zufriedenheit.“

„Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das im Winter so aktiv ist wie im Frühjahr, Sommer und Herbst zusammen – dabei ist die Naturjetzt eigentlich im Winterschlaf. Das kann auf Dauer nicht gut gehen“, so Tomaschek-Habrina.

Ein Burn-out entwickelt sich aus einer lange andauernden (Mehrfach-)Belastung, sagt Lalouschek: „Das kann der Beruf sein, die Pflege eines Angehörigen oder das sich gleichzeitige Aufreiben für Beruf und Familie.“

Eine Depression kann die Folge eines Burn-out sein, andererseits aber auch recht plötzlich innerhalb von Wochen oder auch Tagen auftreten. Lalouschek: „Der wichtigste Rat ist: „Sprechen Sie mit anderen darüber, wie es Ihnen geht.“

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