Brustkrebs: Welche neuen Therapien es gibt

Viele Brustkrebserkrankungen werden heute geheilt.
Neue Behandlungen senken das Rückfallrisiko.

Univ.-Prof. Dr. Michael Stierer ist Facharzt für Chirurgie in Wien und Brustkrebsexperte.

Brustkrebs: Welche neuen Therapien es gibt

Für Frauen nach dem Wechsel, denen ein hormonabhängiger Brusttumor entfernt wurde, gibt es eine zusätzliche Behandlungsmethode. Welchen Nutzen hat sie?

Im Rahmen einer von der österreichischen Studiengruppe ABCSG durchgeführten Untersuchung konnte vor Kurzem gezeigt werden: Bei Patientinnen nach dem Wechsel mit operiertem, hormonabhängigen Brustkrebs ging durch die Gabe des Antikörpers Denosumab (sechs Injektionen unter die Haut in einem Abstand von je sechs Monaten) das Risiko eines neuerlichen Auftretens von Brustkrebs um 18 Prozent zurück. Die Zahl der Knochenbrüche sank um 50 %. Die Verträglichkeit des Präparates war sehr gut. Die behördliche Zulassung ist demnächst zu erwarten.

Gibt es auch bei jungen Patientinnen neue Behandlungsstrategien?

Bei Patientinnen unter 35 mit einem hormonabhängigem Tumor und auch jenen Frauen vor dem Wechsel mit einem solchen Hochrisikotumor, die Chemotherapie erhalten haben, kann durch eine Kombination einer Tablette (Aromatasehemmer) mit einer medikamentösen Blockade der Eierstockfunktion im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie eine Reduktion der Rückfallrate um 35 Prozent erzielt werden.

Ist nach der Operation eines Milchgangkrebses (Brustkrebsvorstufe) Strahlentherapie notwendig?

Im Regelfall ist eine Nachbestrahlung sinnvoll. Allerdings muss diese Frage unter Bedachtnahme auf die individuelle Situation (Ausdehnung und Gewebsaufbau des entfernten Tumors, Alter, Begleiterkrankungen) mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Im Einzelfall kann eventuell auf die Strahlentherapie verzichtet werden.

Warum können Frauen im Alter unter 40 Jahren nicht am Brustkrebsscreening teilnehmen?

Einerseits wegen der geringen Erfolgsquote des Bruströntgens – einer reduzierten Rate entdeckter Tumoren und einer erhöhten Rate an falsch-positiven Befunden, also falschen Alarmen. Andererseits ist Brustkrebs bei unter 40-Jährigen sehr selten und die Sensibilität des Brustdrüsengewebes gegenüber der Strahlung erhöht. Die Nachteile überwiegen den Nutzen. Deshalb wird die regelmäßige Mammografie bei unter 40-Jährigen nicht empfohlen – auch wenn z. B. die eigene Mutter mit 70 Jahren an Brustkrebs erkrankt ist. Ein einzelner Fall in der Familie erhöht das Risiko nur gering.

Wie hoch ist das Risiko von Überdiagnosen?

Im Rahmen des Brustkrebsscreenings werden auch kleinste, nicht tastbare Brustkrebsvorstufen gefunden, die im weiteren Verlauf niemals bemerkt und lebensbedrohend geworden wären. Da man aber nicht voraussagen kann, bei welchen Veränderungen dies der Fall ist und bei welchen nicht, müssen alle behandelt werden. Man schätzt, dass etwa 10 bis 20 Prozent der entdeckten Vorstufen solche "Überdiagnosen" sind.

Dr. Michael Stierer am Tel. (01/526 57 60): Mi., 11. 5., 14 bis 15 Uhr. eMail: gesundheitscoach@kurier.at

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