Brustkrebs: Frauen reden über ihre Krankheit

Susanne (li.) über Nora: "Sie trug mich als beste Freundin durch die Krankheit"
Welche Rolle jene Menschen haben, die sie durch diese schwere Zeit getragen haben – die beste Freundin, der Ehemann, die Krebshilfe-Beraterin.

Die Freude war groß: "Meine beste Freundin Nora war die Erste im Bekanntenkreis, die ein Baby erwartet hat", erinnert sich Susanne Safer an den April 2010. Doch drei Monate später war der Jubel vorbei. "Statt ,oh wie schön‘ hieß es nur mehr ,oh wie schrecklich‘. Denn bei mir war metastasierender Brustkrebs diagnostiziert worden. Es war als Gesamtes eine Katastrophe – nicht nur wegen der Krankheit. Einfach ein Big Shit." Denn Susanne Safer und Nora Sri Jascha, beide 41, leiten gemeinsam eine Werbeagentur: "Nora war gerade erst Mutter geworden, musste mich trotzdem in der Arbeit ersetzen und trug mich – als beste Freundin – durch die Krankheit."

Im Vorfeld des Brustkrebsmonats Oktober und der heurigen "Pink-Ribbon-Tour" wollen Safer und Sri Jascha gemeinsam mit der Österreichischen Krebshilfe anderen erkrankten Frauen und ihren Angehörigen Mut machen, offen mit dem Thema Brustkrebs umzugehen.

"Immer für mich da"

"Nora war trotz ihrer vielen Aufgaben von Anfang an immer für mich da", betont Susanne. "Ohne sie hätte ich das alles nicht durchgestanden. Sie hat mich zu den Chemotherapien begleitet, mir zwischendurch immer wieder Bilder und Textnachrichten aus der Firma geschickt – und es gab praktisch keinen Tag, an dem wir nicht zumindest telefoniert hatten. Zu wissen, dass du geliebt wirst – das ist es, was dir in so einer Situation Kraft gibt."

Brustkrebs: Frauen reden über ihre Krankheit
Brustkrebs, Susanne SAFER
"Ich hatte das Gefühl, dass ich gar nicht so viel tun konnte – zumindest nicht was, das man sich von einer besten Freundin eigentlich erwartet", antwortet Nora: "Ich musste immer wieder im Büro sein, habe ein drei Monate altes Baby gehabt – natürlich hat mich das als Freundin eingeschränkt."

"Aber das stimmt doch gar nicht, Nora", erwidert Susanne: "Du hast so viel für mich getan. Erinnere dich doch an den Tag meiner zweiten Operation. Ich dachte, ich schaffe das schon und ging alleine ins Spital. Dann ist mir doch alles zu viel geworden, ich habe dich angerufen – und zehn Minuten später bist zu bereits im Taxi gesessen."

"So verunsichert"

"Ich kann mir gar nicht vorstellen wie es wäre, nicht so eine enge Freundin zu haben", sagt Susanne Safer. "Gerade im Anfangsstadium der Krankheit bis du so verunsichert: Du weißt ja nicht, wirst du sterben? Wann? Wie groß sind deine Chancen tatsächlich? Das klärt sich alles ja erst mit der Zeit. Und als Selbstständige kommt auch immer gleich die Frage hoch: Wie geht jetzt alles in der Firma weiter? Und du siehst dich schon unter der Brücke schlafen. Und mit Nora konnte ich über alles reden, über all die furchtbaren Träume, und auch über die Todesängste." – "Man muss als enge Freundin oder enger Freund gar nichts so Tolles machen", sagt Nora: "Man muss einfach so bleiben, wie man vorher war – und darf sich vor allem nicht vor lauter Angst zurückziehen."

"Fünfter Frühling"

"Ich hatte ja auch Freunde, die dachten sich, sie lassen mich jetzt in Ruhe", erzählt Susanne. Aber wer hat den gesagt, dass ich in Ruhe gelassen werden will? Das hilft dir ja nicht weiter. Für mich war es schon herrlich, wenn Freunde angerufen haben und wir gar nicht über die Krankheit gesprochen, sondern uns einfach nur ausgetauscht haben, wen aller wir in der vergangenen Zeit gesehen und getroffen haben."

Ihre Freundschaft sei "nie anzweifelbar" gewesen, betonen Susanne und Nora. "Aber das gemeinsame Durchmachen der Erkrankung hat sie nochmals zusätzlich gestärkt. Es ist so etwas wie der fünfte Frühling."

Brustkrebs: Frauen reden über ihre Krankheit
Brustkrebs, Susanne SAFER
Jedenfalls wäre es für sie "vollkommen undenkbar" gewesen, alles mit sich alleine auszumachen, betont Susanne: "Ich kenne Menschen, die das versuchen, die sich nach außen hin hart geben. Aber den Menschen, der das wirklich alles alleine schafft, den gibt es nicht. Jeder hat die Angst in sich. Und dann kommen oft noch die völlig irrationalen Schuldgefühle dazu – wo man darüber nachdenkt, ob es an einem selbst liegt, dass man krank geworden ist – was natürlich ein Irrsinn ist. Wer versucht, das alles alleine zu ertragen, der züchtet sich förmlich eine Depression an. Das geht nach hinten los. Man muss einfach mit anderen darüber reden."

Susanne ist überzeugt, dass ihre Art, ohne Tabus mit anderen über die Erkrankung zu sprechen, nichts zu verheimlichen, nicht nur ihrer Psyche gutgetan hat: "Ich glaube, dass das auch einen positiven Einfluss auf den Verlauf der Krankheit und das Risiko eines Rückfalls hat."

Und Nora betont: "Man muss als beste Freundin nicht Psychotherapeutin werden. Es braucht auch kein Wunder. Nur reden – und da sein – das ist es, worauf es ankommt."

Die Geschichte von Claudia Altmann-Pospischek

Brustkrebs: Frauen reden über ihre Krankheit
Claudia Altmann-Pospischek
Den 5. Juli 2013 wird Claudia Altmann-Pospischek, 41, nie vergessen: "Der damals entdeckte Tumor in der Brust war zwar mit einem Durchmesser von 1,9 Zentimetern relativ klein – aber die Metastase in der Leber hatte bereits einen Durchmesser von 4,3 Zentimetern. Es war ein unvorstellbarer Schock – und ich war mit der Situation heillos überfordert. Ich bin in ein tiefes schwarzes Loch gefallen."

Der "Fels in der Brandung" dieser Tage sei ihr Mann Peter gewesen: "Er ist der allerbeste Mann der Welt – und das sage ich aus vollster Überzeugung. Als Peter mir 2008 versprach, in guten wie in schlechten Zeiten an meiner Seite zu sein, ahnte er nicht, was auf uns noch zukommen würde."

Die Diagnose "Krebs" habe nicht nur ihr, sondern auch sein Leben "total auf den Kopf" gestellt. "Zusammenbruch – Operationen – Chemo – Bestrahlung – Hormontherapie – Fortschritte – Rückschläge: Ein Krankheitsmarathon begann. Peter ließ mich nie aus den Augen, begleitete mich zu Untersuchungen und Arztgesprächen, kümmerte sich um den Haushalt und versuchte, jede Belastung von mir fernzuhalten: Er war einfach immer für mich da – und gab mir nie das Gefühl, eine Last zu sein. Peter ist Unterstützung, Motivation, Aufheiterung, Ablenkung und noch viel viel mehr für mich."

"Unsagbares Glück"

Sie sei sich bewusst, "welch unsagbar großes Glück es ist, so einen Menschen als Partner zu haben – vor allem, weil die Liebe häufig an dieser Krankheit zerbricht. Aber die unsere nicht. Dafür bin ich jeden Tag dankbar". Bis heute wisse sie nicht, "wie er es damals geschafft hat, das alles neben seinem Job im IT-Bereich unter einen Hut zu bringen".

"Am wichtigsten war für uns beide immer, über die Krankheit ohne Tabus zu reden – das nimmt ihr so manchen Schrecken", erzählt Peter Altmann. "Jede Seite zu beleuchten, sämtliche Therapieoptionen abzuwägen und gemeinsam zu entscheiden, wie es weitergehen soll, das war und ist unser Weg. Wir haben uns für einen offenen Umgang entschieden. Für uns ging es darum, die Krankheit als solche anzunehmen und das Schicksal bestmöglich zu meistern. Probleme für uns zu behalten war nie unser Weg. "

Brustkrebs: Frauen reden über ihre Krankheit
Claudia Altmann-Pospischek
Eine wichtige Begleiterin ist für Claudia Altmann-Pospischek aber auch die Psychoonkologin Gabriela Mausser von der Krebshilfe Niederösterreich. "Die Chemie stimmte von Anfang an. Mit ihr kann ich über alle Aspekte der Krankheit sprechen – von der Angst vor der nächsten Untersuchung bis hin zu administrativen Dingen, wie der Beantragung eines Behindertenausweises." Sie besitze die Fähigkeit, immer gemeinsam die nächsten Schritte auf einem langen und steinigen Weg zu "erarbeiten". "Nach einem Gespräch erscheinen manche Dinge nicht ganz so düster wie zuvor, einiges relativiert sich und wir beide können auch zusammen lachen, was immens guttut."

"Arbeiten statt plaudern"

"Bei einer besten Freundin geht es immer auch um die Sachen der besten Freundin – bei mir geht es nur um die Klientin oder den Klienten", betont Mausser. "Wenn ich einen schlechten Tag hatte, spielt das im Gespräch mit den Klienten keine Rolle. Mein Privatleben und meine privaten Geschichten haben im therapeutischen Setting nichts verloren. Ich habe zu den Klienten eine liebevolle, aber trotz allem professionelle Beziehung."

"Wir plaudern auch nicht miteinander, sondern arbeiten miteinander. Nach einer Stunde soll der Klient mit einer neuen Sichtweise, einem neuen Gedanken nach Haus gehen – es soll einfach einen Unterschied zu vorher geben."

Brustkrebs: Frauen reden über ihre Krankheit
Claudia Altmann-Pospischek
Claudia Altmann möchte ebenso wie Susanne Safer anderen Menschen mit Krebserkrankungen Mut machen, offen über die Erkrankung und ihre Folgen zu reden, "die ganzen Ängste und Sorgen nicht in sich hineinzufressen". Claudia: "Ich wollte auch nicht, dass hinter meinem Rücken über mich getuschelt wird. Das war auch der Grund, weshalb ich mit meinem Blog www.facebook.com/claudiascancerchallenge begonnen habe." Es sei auch eine gute Form der Selbsttherapie, jeden Tag eine Kleinigkeit zu schreiben. "Ursprünglich habe ich mit 30 bis 40 Likes gerechnet, jetzt sind es bereits mehr als 1300. Durch meinen offenen Umgang mit der Erkrankung ist eine Welle der Liebenswürdigkeit über mich hereingebrochen – und ich kann nur jedem raten, es ebenso zu tun und offen zu sein."

"Natürlich hätte ich mir für unser Leben anderes gewünscht", sagt Peter Altmann: "Aber da sich an den Tatsachen nicht rütteln lässt, müssen wir uns mit diesen bestmöglich arrangieren. Und das schaffen wir mit der Unterstützung vieler, besonders auch Claudias Eltern, derzeit sehr gut. Wenn alles so bleibt wie jetzt, sind wir mit unserem Leben zufrieden."

Rund 20.000 Frauen erkranken in Österreich jährlich an Krebs. Rund 5500 davon leiden unter Brustkrebs – damit ist das die häufigste Krebserkrankung der Frau. Experten gehen davon aus, dass von den 1500 jährlichen Todesfällen rund 500 verhindert werden könnten – wenn die Erkrankung rechtzeitig erkannt worden wäre. Die Behandlung eines Frühstadiums einer Krebserkrankung steigert die Heilungschancen erheblich.

Brustkrebs: Frauen reden über ihre Krankheit
Am 1. Oktober startet deshalb die „Pink Ribbon Tour“ mit zahlreichen Veranstaltungen in ganz Österreich. Dabei informiert die Krebshilfe über die Bedeutung der Brustkrebsvorsorge und das neue Brustkrebs-Früherkennungs-Programm. Alle Termine und Veranstaltungen zur Tour gibt es unterwww.pinkribbon.at. Alle Frauen ab 40 können im Abstand von zwei Jahren eine kostenlose „Früherkennungs-Mammografie“ in Anspruch nehmen. Nähere Informationen dazu:www.frueh-erkennen.at.

Eine ärztliche Überweisung ist nicht notwendig. Vielmehr kann man sich direkt bei einem an dem Programm teilnehmenden Radiologen anmelden. Die Liste findet sich auf obiger Homepage.

Nähere Auskünfte gibt es auch bei der Telefon-Serviceline 0800 500 181

Neue Broschüre

Die neue Krebshilfe-Broschüre „Aus Liebe zum Leben“ informiert ausführlich über die neuen Richtlinien für die Mammografie. Sie ist kostenlos in Apotheken, Filialen der Pink-Ribbon-Partner oder direkt bei der Krebshilfe unter der eMail service@krebshilfe.net erhältlich,

Download unter www.krebshilfe.net oder www.pinkribbon.at. Telefonische Bestellung bei den Landesorganisationen der Krebshilfe.

Mit den Spenden der Pink-Ribbon-Partner und von Einzelpersonen wird unter anderem die finanzielle Soforthilfe und die Beratung für Brustkrebspatientinnen in ganz Österreich unterstützt.

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