Warum gedruckte Bücher wieder gefragt sind

Bibliotheken machen Lust aufs Lesen.
Trotz digitaler Medien erlebt das gedruckte Buch eine Renaissance – vor allem bei Maturanten.

Die Österreicher lesen nicht? Von wegen! Soziale Medien wie Facebook oder WhatsApp führen dazu, dass heute mehr gelesen wird als je zuvor. Allerdings: Dass sich Menschen für ein paar Stunden zurückziehen und in ein Buch versinken, wird seltener – zu verführerisch sind die Verlockungen, die Smartphone oder Laptop bieten.

Das ist auch Markus Feigl, dem Geschäftsführer des Büchereiverbands Österreich (BVÖ), klar. "Eine der vielen Aufgaben der Bibliotheken ist, Menschen jeden Alters Lust auf Literatur zu machen", sagt er im Gespräch mit dem KURIER. Am meisten bewegen könne man, wenn sich die Menschen mit den Autorinnen und Autoren selbst auseinandersetzen. Der Verband bietet daher literarische Workshops an Schulen an: "Wir haben 15 Autoren und Illustratoren von Kinder- und Jugendbüchern ausgewählt, die jetzt durch Österreich touren. Dabei bekommen die jungen Menschen einen anderen Bezug zum Lesen und zum Buch. Sie stellen fest, wie bereichernd das Lesen für das eigene Leben ist und haben Spaß an Literatur." Positiver Nebeneffekt: Diese jungen Menschen haben kein Problem, sinnerfassend zu lesen.

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Warum gedruckte Bücher wieder gefragt sind
grafik FOTO: efks/istockphoto v. 28.09.2017 Bildnummer: 516134724, 46-102781772

Ob sie das in einem eBook oder einem klassischen Buch machen, sei zweitrangig, wobei Feigl ein Fan des Gedruckten ist: "Der Hype ums eBook hat sich gelegt. Bei den Verkäufen im Buchhandel haben sich die elektronischen Medien bei knapp unter fünf Prozent eingependelt", sagt der Chef des Büchereiverbands. Auch in den Bibliotheken kann man eBooks ausleihen: "Das funktioniert über die deutsche Firma Divibib, die die Lizenzen mit den Verlagen ausverhandelt", erklärt der Bibliothekar Feigl.

Ob ein Buch digital angeboten wird, hängt auch vom Inhalt ab: Bei wissenschaftlichen Werken wird sich das Elektronische durchsetzen, weil die Bücher schnell erscheinen müssen und schnell veralten. Auch Reiseführer wird es zukünftig wohl nur noch digital geben, weil sie zu Museen oder Veranstaltungsseiten verlinken. Anders ist das bei der Literatur. Da hat das klassische Buch einen klaren Vorteil: "Man kann es auch in 30, 40 Jahren noch nutzen. Bei digitalen Datenträgern wird das wohl nicht der Fall sein, weil sich die Speicherformate ändern." In den Bibliotheken selbst werden eBooks besonders kurz vor den Ferien nachgefragt. "So spart man Platz und Gewicht im Koffer."

Krimis im Trend

Am liebsten lesen die Österreicher übrigens Krimis. Die Besten-Listen und Empfehlungen aus den Printmedien werden stark nachgefragt, sodass mittlerweile sehr viel hochwertige Literatur gelesen wird. "Ein weiterer Trend sind Hörbücher. Da gibt es bereits fantastische Einspielungen", sagt Feigl. Übrigens: Seit alle Maturanten eine vorwissenschaftliche Arbeit schreiben müssen, erlebt die Bibliothek bei dieser Zielgruppe eine Renaissance. Die Büchereien haben reagiert und bieten Recherche-Seminare an.

Erweitertes Wohnzimmer

Es gibt aber noch einen Grund, warum immer mehr junge Menschen kommen, wie Feigl berichtet: "Die Bibliotheken sind mittlerweile eine der wenigen öffentlichen Orte ohne Konsumationszwang. Deshalb kommen am Nachmittag oft Kinder und Jugendliche, die hier ihre Aufgaben machen. Die Bibliothek wird so zum erweiterten Wohnzimmer und bleibt ein Ort des Denkens und der Literatur. Unsere Hoffnung ist ja, dass durch die vielen Bücher in den Regalen etwas von der Faszination überspringt und die Jugendlichen Lust aufs Lesen bekommen."

Die Bibliothek bleibt ein sozialer Ort. Deshalb bleibt die rein virtuelle Bibliothek wohl eine Utopie. "Es gab weltweit zwei Versuche, eine solche Bücherei zu machen. Eine in Helsinki, eine in Texas. Beide sind bereits Geschichte." Das hat einen Grund: "Die Menschen wollen den persönlichen Kontakt zum Bibliothekar und von ihm beraten werden."

Vom 16. bis 22. Oktober 2017 wird in Österreichs Bibliotheken ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm geboten: Lesungen, Literaturwanderungen, Bilderbuchkinos oder Vorlesestunden.

Beispiel: Am 17. Oktober bietet die Nationalbibliothek (Eingang Heldenplatz) von 16.30 bis 17.30 Uhr den Kurs „Kurrent & Co. – Alte Schriften lesen lernen“ an. Am selben Tag liest Krimiautor Helmut Scharner von 17 bis 10 Uhr in der Stadtbücherei St. Pölten (Plochbergergasse 14).

Weitere Veranstaltungen unter www.oesterreichliest.at

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