Barrieren aus dem Weg räumen

Unikate beim Wettbewerk
Zwei Studenten helfen Menschen mit Behinderung, selbstbestimmt zu leben

Tobi ist glücklich. Sehr glücklich. Der 24-Jährige leidet an infantiler Cerebralparese, einer Behinderung, bei der es durch körperliche oder emotionale Anspannung zu Spasmen, also Verkrampfungen der Muskulatur, kommen kann. Meist merkt er nicht, wenn sich seine Handstellung plötzlich verändert. Ständig darauf hingewiesen zu werden, ist ihm peinlich und unangenehm.

Barrieren aus dem Weg räumen
Wettbewerb Unikate

Doch das hat jetzt ein Ende: Florian Güldenpfennig (32), der Tobi während seines Zivildienstes kennenlernte, hat einen Gegenstand entwickelt, der das Leben seines Freundes erheblich erleichtert. Die „HandCam“ ist auf den ersten Blick ein unspektakulärer Handschuh, der mit einem Sensor verbunden ist. Verkrampft sich seine Hand, wird Tobi durch einen Vibrationsalarm darauf aufmerksam gemacht und entspannt sich wieder. Um herauszufinden, in welchen Situationen der Alarm am häufigsten ausgelöst wurde, macht ein Smartphone automatisch Fotos, wenn die Vibration losgeht.

Selbstbestimmung

Florian, Student am Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung der TU Wien, ist einer von zwei Gewinnern des Ideenwettbewerbs UNIKATE, der von der Österr. Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR) ausgeschrieben und von der Versicherung UNIQA unterstützt wurde. Aufgabenstellung an die Studenten: Dinge entwickeln, die Menschen mit Behinderung helfen, den Alltag besser zu meistern. „Unser Ziel ist es, dass alle Menschen selbstbestimmt leben können“, so Eringard Kaufmann vom ÖAR. „Menschen mit Behinderung leben oft gezwungenermaßen unter dem Motto: Wir sind nicht behindert, wir werden behindert. Wir wollen die Rechte der Menschen mit Behinderung umsetzen, die auch in der Menschenrechtskonvention festgeschrieben sind.“

Kommunikation

Der zweite Gewinner ist Georg Regal. Der 30-jährige Student der medizinischen Informatik half einer Frau, die im Rollstuhl sitzt und nicht sprechen kann, indem er „Tinatel-Mobil“ entwickelte – eine mobile Software, über die Betroffene mithilfe eines Kopfstabs kommunizieren können. Das Programm kann auf jedem beliebigen Computer installiert werden und verfügt über eine Telefon- und Textfunktion.

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Wettbewerb Unikate

Dank Georgs Erfindung kann sich die Dame endlich ohne ihre Assistentin mit jemandem unterhalten – zum Beispiel im Kaffeehaus, wo sie das Programm besonders gerne verwendet. Aber auch bei ihrem Biologiestudium ist „Tinatel-Mobil“ eine große Unterstützung. Ob sich die Frau bei Georg bedankt hat? „Sagen wir so: Das Wort ‚super‘ ist sehr oft gefallen.“

Barrieren aus dem Weg räumen
Wer sich im Fitnessstudio am Ergometer oder Laufband abstrampelt, könnte in Zukunft den Strom fürs Studio liefern. Eine Idee, die in den USA bereits umgesetzt wird. Sina H., die in Innsbruck Innovationsmanagement studiert, hat daraus ein Konzept erarbeitet und beim Ideenwettbewerb der„Circulution Plattform“eingereicht. Die Plattform wurde von Studenten der Universität Innsbruck gegründet, um den Austausch von nachhaltigen Ideen zu fördern. Der Name „Circulution“ setzt sich zusammen aus „Circular Economy“ und „Solution“ und bedeutet „Kreislaufwirtschaft“. Damit wollen die Studenten eine Gegenposition zum derzeitigen Wirtschaftssystem, das sich auf Produzieren, Nutzen und Wegwerfen stützt, einnehmen.

Der Vorschlag, dass sportelnde Menschen künftig im Fitnessstudio Strom liefern, wurde von einer Jury prämiert. Ebenso die Idee von Studentin Sarah. Sie stellte den Nutzen ihres eigenen Autos in Frage und schlägt eine Mitfahrbörse für Kurzstrecken vor, etwa um Einkäufe zu erledigen. „Ich bin draufgekommen, dass ich mein Auto nur für größere Erledigungen brauche. Das ist aber ineffizient.“ Sich das Auto mit anderen zu teilen, ist für Sarah nicht nur umweltfreundlicher, sondern erfüllt einen sozialen Zweck: „Man lernt dabei auch neue Menschen kennen.“ Bevor sie das Konzept ihrer Mitfahrbörse umsetzen will, muss die Studentin ihre Masterarbeit schreiben. Sie schließt nicht aus, dass jemand anders ihre Idee übernehmen könnte. „Die Plattform ist auch dazu da, um gesammelte Ideen zu überarbeiten.“ Das Konzept ihrer Kommilitonin Sina wurde von anderen Menschen weitergesponnen: So könnte zum Beispiel die Energie, die Kinder auf Spielplätzen an Schwing- und Drehgeräten verbrauchen, für Energieerzeugung verwendet werden.

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