Wie "böse Kaiser" der Antike Münzen zur Selbstdarstellung nutzten
Licinius sei „wie eine sich windende Schlange“ gewesen; Maxentius von verderblichem und bösartigem Wesen, hochmütig und aufgeblasen; Galerius gar ein enormer Fettklumpen. „Des Tiberius und Caius wie auch des Claudius und Nero Taten sind zu ihren Lebzeiten aus Furcht verfälscht, nachdem sie gestorben waren, in frischem Hass niedergeschrieben worden“, wusste schon Tacitus über die römischen Kaiser zu berichten. Den Bösen unter ihnen widmet das Münzkabinett des Kunsthistorischen Museum Wien (KHM) jetzt eine Ausstellung.
Das Münzkabinett deshalb, weil es mit 90.000 römischen Münzen und insgesamt etwa 600.000 Objekten zu den größten Sammlungen der Welt zählt. Und weil die Münzprägung, die beinahe nüchtern und kalt wirkt, einen unverfälschten Blick auf die Herrscher erlaubt. Das denkt zumindest der Numismatiker Klaus Vondrovec.
Neuer Blick
Elf böse Kaiser lässt er auftreten und versucht so, Cäsarenwahn und Christenverfolgung neu einzuordnen. Ausgewählt hat er sie wegen ihres besonders schlechten Images. Der Bogen spannt sich von Caligula über Nero bis zu den Christenverfolgern.
Vondrovec weiß: „Münzen waren nicht nur Zahlungsmittel, sondern auch das erste Bildmedium. Noch vor der Zeitung. Kaiser benutzten sie ganz bewusst zur Selbstdarstellung. Vorne das Porträt und hinten die politische, geistige, religiöse Agenda.“ Instagram der Antike, könnte man sagen.
„Wer die Bilder entworfen hat, wissen wir nicht“, sagt der Numismatiker, ist aber sicher, dass die Leute aus der unmittelbaren Nähe des Kaisers gekommen sein müssen – quasi die Pressesprecher des Machthabers, die die Bilder entwarfen und unter die Leute brachten. Denn Münzen bekam jeder in die Hand. Über das Medium Geld konnten die Massen erreicht werden: „Über Jahrhunderte kamen alle Münzen direkt aus Rom. Es hat nur Wochen gedauert, bis diese Stücke in Großbritannien oder Ägypten waren.“
Natürlich dürfen die Oberfieslinge der Geschichte, die jedem sofort einfallen, im Reigen der bösen Kaiser nicht fehlen. „Nero und Caligula haben tatsächlich viele Leute über die Klinge springen lassen, aber in der Antike war ein Menschenleben generell nicht viel wert“, relativiert der Kurator. Apropos relativieren: Heute sei der Blick auf Nero, der angeblich Rom niederbrannte, differenziert: „Er hat das Militär aktiviert, um zu helfen, seine privaten Gärten für die Brandopfer geöffnet und die Getreidepreise niedrig gehalten. Dann hat er für den Wiederaufbau gesorgt“, zählt Vondrovec auf. „Die von ihm errichteten Gebäude zierten seine Münzen. Nach heutigen Maßstäben war sein Krisenmanagement vorbildlich.“
Wobei er nicht zur Ehrenrettung aller böser Kaiser antreten, sondern den Besuchern die Beurteilung überlassen wolle. Das geht noch bis 4. Oktober 2020 im KHM.
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