Eine Tablette verändert die Welt

Am 10. August 1897 wurde das Aspirin erstmals entdeckt.
Kopfweh, Kater oder Fieber: Das Allround-Medikament Aspirin hilft bei vielen Beschwerden. Ob es zukünftig auch gegen Krebs eingesetzt werden wird, ist umstritten.

Vor 120 Jahren, am 10. August 1897, stellte der deutsche Chemiker Felix Hoffmann vom Pharmakologischen Institut Bayer erstmals eine synthetische Form von Acetylsalicylsäure her. Besser bekannt ist diese Säure unter dem Namen Aspirin. Das Medikament war damals wie heute wegen seiner vielen Wirkungen eine Revolution in der Medizin. Heute werden jährlich 5 Milliarden Tabletten produziert, weshalb Aspirin nach wie vor als das weltweit erfolgreichste Medikament gilt.

Von ätzender Säure zu heilender Arznei

Der Wirkstoff von Aspirin ist die sogenannte Salicylsäure. Sie ist ein seit 2000 Jahren bekanntes Naturheilmittel, das schon im alten Griechenland als schmerzstillend und fiebersenkend galt. Damals machte man den Patienten Aufgüsse aus der Rinde des Weidenbaums. Bei erstmaliger Anwendung der synthetischen Form traten jedoch Nebenwirkungen wie Brechreiz und verätzte Schleimhäute in Mund und Magen auf. Hoffmann erkannte jedoch das Potential des Medikaments und begann weiter zu experimentieren. Er kombinierte die Salicylsäure mit einfacher Essigsäure und fand so eine Arznei, die gegen Schmerzen, Fieber und Entzündungen half. 1899 kam eben jenes Medikament erstmals unter dem Namen Aspirin auf den Markt.

Wie genau das Medikament wirkt, war lange nicht bekannt. Erst 70 Jahre später fand der britische Pharmakologe John Vane heraus, dass die enthaltene Säure gewisse Botenstoffe blockiert und somit Schmerz- und Entzündungsreaktionen abschwächt – eine Erkenntnis, für die er 1982 den Nobelpreis für Medizin erhielt. Heute sind die kleinen Tabletten aus der Medizin kaum wegzudenken. Sie lindern von Kopfschmerzen über Gelenksschmerzen und Fieber bis hin zum Kater verschiedenste Beschwerden und können das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall verringern.

Eine Tablette verändert die Welt
ARCHIV - Eine Aspirin-Tablette des Bayer-Konzens liegt am 14.03.2007 in Düsseldorf auf einer Verpackung. Der Bayer-Konzern veröffentlicht am Donnerstag (26.04.2012) in Leverkusen die Geschäftsergebnisse zum ersten Quartal 2012. Foto: Martin Gerten dpa/lnw +++(c) dpa - Bildfunk+++

Darmkrebs-Diskussion

Ob das Allround-Medikament auch gegen Krebs vorbeugen kann, wird momentan noch erforscht. Die Einnahme von Aspirin scheint jedoch das Risiko für Darmkrebs zu senken. In einer Studie von 1998 bis 2011 haben niederländische Wissenschaftler festgestellt, dass das Medikament erfolgreich als Schutz gegen Dickdarmkrebs eingesetzt werden kann. Dabei wurden 13.751 Patienten untersucht, die Dickdarm-, Enddarm- oder Speiseröhrenkrebs hatten. Ihnen wurde eine tägliche Dosis von 80 bis 100 Milligramm Aspirin verabreicht. Die Ergebnisse waren erstaunlich: Bei den Patienten, die nach der Krebsdiagnose mit der Einnahme von Aspirin begonnen hatten, stellte man eine fünfjährige Überlebensrate von 75 Prozent fest. Krebspatienten, die kein Aspirin eingenommen hatten, wiesen lediglich eine Rate von 42 Prozent auf. Der Grund dafür ist noch nicht bekannt, man geht jedoch davon aus, dass Aspirin Entzündungsherde im Körper in ihrer Entstehung hindert, die wiederum ein Grund für Krebsbildung sein können. Eine weitere Vermutung ist, dass das Medikament die Blutplättchen am Zusammenklumpen und Verstopfen der Gefäße bei Verletzungen hindert. Tumorzellen können sich in eben jeden Ansammlungen von Plättchen vor der Immunabwehr „verstecken“. Durch die Einnahme von Aspirin wird dieser Schutz außer Kraft gesetzt und die Tumorzellen können vom Immunsystem entdeckt werden.

Eine Tablette verändert die Welt

Mit Vorsicht zu genießen

Trotz der Minderung des Darmkrebsrisikos empfehlen Experten, das Medikament nicht dauerhaft zur Vorbeugung einzunehmen. Aspirin hat eine stark blutverdünnende Wirkung, weshalb es die Neigung für Blutungen in Gehirn oder im Magen-Darm-Trakt fördert. Dieser Effekt wurde erst entdeckt, als Patienten von Mandeloperationen nach dem Eingriff nicht aufhörten zu bluten. Seitdem wird empfohlen, fünf Tage vor einer OP kein Aspirin mehr einzunehmen.

Andere Nebenwirkungen wie Geschwürbildung, Übelkeit oder Sodbrennen sind ebenfalls zu beachten. Ärzte warnen auch vor dem Ruf des Allheilmittels, denn viele Patienten schlucken Aspirin als wäre es eine Vitamin-Tablette. Egal um welches Schmerzmittel es sich handelt, es sollte maximal an zehn Tagen im Monat eingenommen werden – die restlichen zwanzig Tage sollten frei von schmerzlindernden Medikamenten sein.

Auf Grund dieser Fakten ist eine bessere Aufklärung über die Wirkungen von Aspirin notwendig. Experten warnen Patienten vor einem Missbrauch der Arznei, denn mit einem hochwirksamen Medikament kommen auch ernstzunehmende Nebenwirkungen.

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