AAAS-Konferenz: Forscher sorgen sich wegen Trump um die Zukunft

Trump als Gefahr für das Weltklima?
Das weltgrößte Wissenschaftstreffen AAAS ist normalerweise relativ unpolitisch. Aber in Zeiten von Trump ist auch das anders.

Der Raum ist so voll, dass die Organisatoren niemanden mehr hineinlassen können. Kurzfristig werden ein zweiter Raum mit Monitor-Übertragung und ein Online-Livestream eingerichtet, Hunderte Menschen verfolgen dort die Diskussionsrunde. Thema: „Die Verteidigung der Wissenschaft und der wissenschaftlichen Integrität in Zeiten von Donald Trump“. Es ist eine von vielen Diskussionsrunden auf der derzeit laufenden weltgrößten Wissenschaftskonferenz AAAS (American Association for the Advancement of Science) in Boston. Sie drehen sich um den umstrittenen neuen US-Präsidenten, die viel debattierten „Fake News“ oder das Selbstverständnis der Forscher in diesen unruhigen Zeiten - und alle sind sie völlig überfüllt.

Normalerweise ist das Jahrestreffen der AAAS, die auch das Fachjournal „Science“ herausgibt, eine relativ unpolitische Angelegenheit. Wissenschaftler präsentieren und diskutieren ihre Ergebnisse. Aber in diesem Jahr hängt der Schatten Donald Trumps auch über der Kongresshalle im Zentrum von Boston. 9000 neue Mitglieder hat die AAAS seit Januar dazubekommen - deutlich mehr als üblich in diesem Zeitraum. Trump hat den Klimawandel einst als erfundene „Ente“ bezeichnet und ist dafür bekannt, dass er Wissenschaft bestenfalls ignoriert, schlimmstenfalls offen ablehnt. Auch ein von Trump vorangetriebenes Einwanderungsverbot für Menschen aus bestimmten Ländern würde die international aufgestellte Forschergemeinde hart treffen. Viele Wissenschaftler sind wütend - und haben gleichzeitig Sorge, dass ihre Forschungsfreiheit und Finanzierung künftig stark eingeschränkt werden könnte.

Besorgniserregende Entscheidungen

Viele der bisherigen Entscheidungen der Trump-Regierung seien „sehr besorgniserregend“, sagt die derzeitige AAAS-Präsidentin Barbara Schaal dann auch gleich in ihrer Eröffnungsrede. „Viele von uns finden momentan, dass es wichtig ist, etwas zu sagen. Nicht als Individuen mit politischer Agenda - auch wenn wir natürlich alle politische Meinungen haben - sondern als Forscher, die sich für Regeln einsetzen, die die Wissenschaft voranbringen.“ 5000 Anstecker mit der Aufschrift „Frag nach Beweisen“ hat die AAAS unter den rund 10 000 Teilnehmern aus fast 60 Ländern verteilen lassen.

Viele tragen zudem Buttons mit Aufschriften wie „Steh' auf für die Wissenschaft!“. Für Sonntag hatten die Forscher zu einer Protestkundgebung auf einem Platz in Boston aufgerufen. Auch für den geplanten „Marsch für die Wissenschaft“ im April in Washington wird immer wieder geworben. Am besten, man bringe noch zwei Freunde mit, die keine Wissenschaftler seien, sagt John Holdren, früher wissenschaftlicher Berater von Trump-Vorgänger Barack Obama. Denn es sei wichtig zu zeigen, dass Forscher in allererster Linie auch ganz normale Menschen seien - und nicht nur Teil der bei Trump verhassten „Elite“.

"Wir müssen Wächter sein"

„Die ersten Anzeichen machen mir Sorgen, dass wir einen großen Wandel in der Kultur um Wissenschaft und Technologie und deren Bedeutung für die Regierung vor uns haben“, sagt Holdren. „Wir scheinen jetzt einen Präsidenten zu haben, der sich gegen Fakten sträubt, die ihm nicht gefallen.“ Holdren empfiehlt: nicht einschüchtern lassen, mit der Forschung weitermachen wie vorher, sich insgesamt besser über wissenschaftliche Themen informieren. Und: zehn Prozent seiner Zeit dem Dienst an der Öffentlichkeit und dem Aktivismus widmen und gemeinsam mit anderen darüber nachdenken, wie die Integrität der Wissenschaft in dieser neuen Ära erhalten bleiben kann. „Wenn ich bei der selben Veranstaltung im vergangenen Jahr von Resistenz gesprochen hätte, hätten alle gedacht, es geht um Bakterien“, sagt ein US-Wissenschaftsjournalist bei einem Empfang. In fast jeder anderen Rede kommt „jetzt erst recht“ vor. „Dieser Tag hat einfach alles verändert“, sagt eine Wissenschaftsjournalistin - und meint den Tag der Wahl im November. Aber nicht jeder Wissenschaftler traue sich, in der Öffentlichkeit als „Wächter“ zu fungieren, so wie das einst Albert Einstein tat, sagt die Harvard-Umweltforscherin Naomi Oreskes. „Wir haben Sorge, dass wenn wir außerhalb der wissenschaftlichen Publikationen und Treffen sprechen, dass wir dann als Aktivisten gesehen werden und dass das dann unsere Arbeit politisiert und unsere Glaubwürdigkeit einschränkt“. Ihre Forschungen hätten aber ergeben, dass solche Sorgen unbegründet seien. „Wir müssen Wächter sein und wir müssen über die Fakten, die wir herausgefunden haben, sprechen, denn sie erklären sich - anders als viele denken - nicht von selbst.“

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