8000 Euro Vorkasse für Krebspatienten

1000 Patienten sollen jährlich bei MedAustron behandelt werden.
Die Therapie in Wiener Neustadt kostet angeblich doppelt so viel wie im Ausland. Die Krebshilfe informiert 5000 Ärzte.

"Hoffnung – neue Dimension der Strahlentherapie" steht auf der Homepage des Krebsbehandlungs- und Forschungszentrums MedAustron in Wiener Neustadt. Neu ist das Zentrum – die Therapie mit Teilchenstrahlen (Protonen derzeit, siehe Grafik) selbst gibt es seit vielen Jahren, bisher aber nur im Ausland: Die Krankenkassen haben 100 Patienten aus Österreich 2015 die Behandlung in Deutschland, der Schweiz oder Italien finanziert – wenn Tumore in der Nähe von strahlungsempfindlichen Organen (z. B. Gehirn, Rückenmark, Auge) liegen, oder bei Kindern, deren Gewebe strahlenempfindlicher ist.

40.000 Euro Kosten

Die Österreichische Krebshilfe verschickt dieser Tage einen von ihrem Präsidenten Univ.-Prof. Paul Sevelda unterzeichneten offenen Brief an rund 5000 onkologisch tätige Ärzte in Österreich: "Wir wurden auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass seitens der EBG MedAustron GmbH ... für Protonentherapien derzeit bis zu gesamt 40.000 Euro samt (Vorab-)Anzahlung von 20 % des Betrags (8000 Euro) verlangt wird", heißt es darin.

Recherchen der Krebshilfe haben ergeben, dass es derzeit "noch keinen Vertrag zwischen MedAustron und der Sozialversicherung gibt". Das heißt: Die Patienten müssen das Geld vorschießen, die Kasse leistet anschließend einen Zuschuss in der Höhe von 20.000 Euro – bleibt für die Patienten ein gleich hoher Selbstbehalt.

8000 Euro Vorkasse für Krebspatienten
Im Hauptverband heißt es, dass man für vergleichbare Behandlungen im Ausland nur rund 20.000 Euro zahle: "Da können wir einem heimischen Institut nicht das Doppelte bieten. Die Forderung von 40.000 Euro ist jenseits von Gut und Böse. Wir sind nicht gegen diese Therapie – aber wir sind auch gesetzlich dazu verpflichtet, einen Zuschuss zu zahlen, der sich an der Höhe der Zuschüsse für ein ausländisches Institut orientiert."

"Die beschriebene Situation ist sowohl emotional als auch finanziell für Patienten äußerst belastend", heißt es in dem "Offenen Brief" der Krebshilfe. "Es können aber – wie bisher – für solche Behandlungen auch finanziell weniger belastende Wege beschritten werden." Ärzte sollten bei Zuweisungen grundsätzlich die Notwendigkeit einer Protonentherapie deklarieren und begründen – "aber kein konkretes Institut" nennen. Bei einer Zuweisung an MedAustron sollten sie auf die "Kostentragungsverpflichtung" und "die möglichen Alternativen" hinweisen.

"Die Verunsicherung unter den Patienten ist groß", sagt Doris Kiefhaber, Geschäftsführerin der Krebshilfe. "Auch durch den Einsatz von Wörtern wie ,Hoffnung‘ glauben sie, dass MedAustron die bessere Strahlentherapie sei. Dabei ist der Einsatz aber nur in ganz bestimmten Fällen sinnvoll."

MedAustron weist Kritik zurück

Bei MedAustron hingegen verweist man darauf, dass man Informationen habe, dass für Behandlungen im Ausland bis zu 50.000 Euro bezahlt wurden. Seit zwei Jahren gebe es konkrete Gespräche mit dem Hauptverband. Diesem wurde der gesamte Businessplan offengelegt, der Tarif wurde "auf der Basis der Entstehungskosten und der unmittelbaren Behandlungskosten" gebildet.

„Ich verstehe nicht, wieso es noch keine Lösung gibt“, sagt Patientenanwalt Gerald Bachinger: „Wenn das so bleibt, ist das eine Zwei-Klassen-Medizin. Übrig bleiben die Patienten.“

Auf eine rasche Lösung drängt auch der Strahlenmediziner Alexander de Vries vom LKH Feldkirch: „Der Therapieplatz sollte sich primär nach der Therapiequalität richten und nicht der finanzielle Rahmen im Mittelpunkt der Entscheidung stehen.“

Bei MedAustron betont man, keine falschen Hoffnungen zu wecken: Die Entscheidung zur Behandlung beruhe grundsätzlich auf einer Entscheidung eines Tumorboards (Spezialistengremium), wie zum Beispiel jenem des AKH Wien.

Die Österreichische Krebshilfe drängt auf rasche „Rechtssicherheit, Klarheit und Transparenz“ für die Patienten, die Tarifverhandlungen gehen jedenfalls weiter.

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