Zweite Anklage gegen Abzocker "Friedrich Müller"

Mit bunten Massenbriefen wurden laut Aktenlage bis zu 900.000 Adressaten aufgefordert, doch endlich ihren "sicheren Gewinn" abzuholen.
Betrugsverdacht: Wiener Staatsanwalt hat mehr als tausend Strafanzeigen von Geschädigten "aus aller Welt" verarbeitet.

Zuerst soll "Friedrich Müller" geringwertige "Kosmetik- und Gesundheitsprodukte zu überhöhten Preisen verkauft" haben; darunter solche, die "die volle Seh- und Hörkraft wiederherstellen" sollten, oder "Salben, die jugendliches Aussehen versprachen". Später stieg der fiktive Versandhändler, hinter dem eigentlich die weitverzweigte Firmengruppe des Wieners Gerhard Bruckberger steckte, auf Gewinnspiele um. Besser gesagt: Auf Gewinnzusagen von bis zu 100.000 Euro aus "Jackpot-Spielen". Mit bunten Massenbriefen wurden laut Aktenlage bis zu 900.000 Adressaten auf einen Schlag aufgefordert, doch endlich ihren "sicheren Gewinn" abzuholen. Welchen Gewinn, fragten sich die Empfänger?

In den Briefen fanden sie eine sogenannte Mehrwert-Telefonnummer, die sie zum Geldsegen führen sollte. Unter der gebührenpflichtigen Telefon-Hotline 0900… lief ein Tonband, auf dem "das Jackpot-Team von Friedrich Müller" die Anrufer "mit völlig unnötigen und in die Länge ziehenden Floskeln" vier Minuten lang in der Leitung hielt, heißt es in der 87 Seiten starken Anklage. "Entgegen der Ankündigung gab es keine Gelegenheit, am Ende auf das Band zu sprechen." Pro Minute soll sich ein Telefonat mit 1,86 Euro bis 3,64 Euro bei den Anrufern auf die Rechnung geschlagen haben. Laut Ankläger sollen Bruckbergers Firmen, darunter die EVD Direktverkauf oder IVH Versand Handels AG, groß abkassiert haben.

40 Millionen Euro

Alleine in den Jahren 2000 bis 2003 soll Bruckberger mit dem Mehrwertnummern rund 40,22 Millionen Euro kassiert haben. "Aus den Unterlagen ergibt sich, dass zwar enorme Einkünfte durch die Mehrwertnummern eingingen, die ausgelobten Gewinne aber nicht ausbezahlt wurden", heißt es in der Anklage. Bruckberger und drei weiteren Personen wird schwerer gewerbsmäßiger Betrug, sprich Täuschung, vorgeworfen. Laut Staatsanwalt soll "das Jackpot-Spiel so erdacht gewesen sein, dass eine große Zahl Teilnehmer getäuscht wurde, in dem sie ihren Gewinn über die Mehrwertnummern anforderten, aber tatsächlich gar keine Gewinnchance hatten". Die Vorwürfe werden bestritten. "Mein Mandant ist unschuldig", sagt Bruckbergers Verteidiger Herbert Eichenseder zum KURIER. Bruckberger sitzt seit eineinhalb Jahren in U-Haft. Gegen ihn läuft bereits ein Strafprozess zu einem Teil-Vorwurf in Sachen Gewinnzusagen.

"Mit dieser Anklage kommt jetzt der Vorwurf der Manipulation der Gewinnspiele dazu", sagt Eichenseder. "Es haben zwei Mitarbeiter ausgesagt, Bruckberger habe den Auftrag gegeben, heute darf niemand gewinnen und morgen nur einer. Er bestreitet das." Trotz hoher Zusagen sollen nur kleine Beträge ausgeschüttet worden sein. "Der Jackpot" soll, wenn überhaupt, unter den Anrufern aufgeteilt worden sein. Diesbezügliche Hinweise befanden sich nur "auf der Innenseite der Kuverts".

Laut Ankläger sollen die Auszahlungen nicht mit jenen Summen (10.000 bis 100.000 Euro) übereingestimmt haben, die die kostenpflichtige Telefon-Hotline den Anrufern versprach. In einem Fall wurde ein 10.000-Euro-Jackpot auf 335 Personen aufgeteilt. Die glücklichen Gewinner erhielten je 29,67 Euro.

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