Stromfirmen unter Kartellverdacht

Stromfirmen unter Kartellverdacht
Die Aufsicht E-Control vermutet, dass Versorger ihre marktbeherrschende Stellung ausnutzen.

Österreichs Stromverbraucher werden von den Versorgern abgezockt. Dies vermutet die Energiemarktaufsicht E-Control, die den Unternehmen daher mit dem Kartellgericht droht. „Elektrische Energie für Haushaltskunden ist um zehn bis zwölf Prozent zu teuer“, sagt E-Control-Vorstand Walter Boltz.

Ein Durchschnittshaushalt zahle um mindestens 60 Euro im Jahr zu viel für Strom. Denn: Während im Großhandel die Strompreise seit vier Jahren sinken, steigen sie für die Endkunden. „Das darf nicht sein“, betont Boltz. Höhere Ökostromzuschläge seien entgegen den Aussagen der Versorger nicht der Hauptgrund für den teuren Strom.

Stromfirmen unter Kartellverdacht
APA11998466-2 - 21032013 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT WI - Die E-Control-Vorstände Walter Boltz (l.) und Martin Graf am Donnerstag, 21. März 2013, anl. einer Pressekonferenz zum Thema "Jahresbericht 2012" in Wien. APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT
Ausschlaggebend seien zu hohe Spannen der Versorger. Sie würden ihre große Marktmacht – regional haben eine Reihe von ihnen Marktanteile von 80 Prozent und mehr – ausnützen, um die Preise hoch zu halten. „Nach unseren Schätzungen sind die Margen in der E-Wirtschaft üppig. Genaues aber wissen wir nicht, weil die Unternehmen die Herausgabe von Daten verweigern“, ärgert sich Boltz.

"Margen in der E-Wirtschaft üppig"

Die Aufsicht hat schon vor eineinhalb Jahren die Wettbewerbsbehörde angerufen, die in Folge ein Kartellverfahren einleiten könnte. Die Versorger torpedieren eine Prüfung allerdings nach Kräften. Daten über ihre Einkaufspreise halten sie zurück, obwohl das Verfassungsgericht bereits festgestellt hat, dass die Daten zugänglich gemacht werden müssen.

Aber auch die Verbraucher tragen laut Boltz ihr Quäntchen zum überteuerten Strom bei. Denn nur wenige wechseln zu billigeren Anbietern. Nur 1,1 Prozent der Haushalte haben 2012 von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Das ist die niedrigste Rate seit sieben Jahren. Damit verwundert es auch nicht, dass Österreich im EU-Vergleich deutlich zurückgefallen ist. Lagen die heimischen Strompreise 2008 noch unter dem Durchschnitt, ist Österreich bei Haushaltsstrom heute ein Hochpreisland.

Missbrauch

Schelte gibt es von der Aufsicht auch für die Gasversorger. Sie würden den Kleinkunden zu hohe Preise verrechnen und damit die Verluste decken, die sie mit dem Gasverkauf an die Industrie schreiben, glaubt Boltz. Wegen des Erdgas-Überangebots in Europa müssen die Versorger an die großen Unternehmen Gas unter ihren Einstandspreisen verkaufen.

Dass diese Einstandspreise so hoch seien, liege an einem strategischen Fehler der Branche, sagt Boltz. Die Gasversorger hätten 2006 noch einen Langfrist-Gasvertrag über 27 Jahre mit Russland abgeschlossen, obwohl sich abgezeichnet habe, dass die Preise in diesen Verträgen zu hoch seien.

Bei den Verhandlungen über Preisreduktionen mit Gazprom seien Österreichs Versorger „zu scheu“. Die deutsche Konkurrenz gehe viel massiver gegen Gazprom vor.

Stromfirmen unter Kartellverdacht

Die Energiewende mit dem Umstieg auf erneuerbare Energie wird grundsätzlich nicht infrage gestellt. Die Rahmenbedingungen sorgen allerdings für Kritik. E-Control-Vorstand Martin Graf drängt auf die verstärkte Einbindung der Erzeuger von erneuerbarer Energie in den Markt. „Wir brauchen neue Regeln. Mit der bestehenden Marktordnung ist das nicht mehr machbar. “

Derzeit gibt es ein System, bei dem Strom aus erneuerbaren Energieträgern bei der Einspeisung ins Netz bevorzugt behandelt wird. Wegen der deutlichen Zuwächse an erneuerbarer Energie kann laut Rechnung von Graf bereits in vier bis fünf Jahren im Raum Wien das Angebot höher sein als die Nachfrage. Seine Frage lauter daher: „Wer darf dann ins System einspeisen? Das muss geregelt werden.“

Das Fördersystem für die Erzeugung von erneuerbarer Energie garantiert 13 Jahre lang Einspeisetarife, die deutlich über dem Marktpreis liegen. Das sorgt für Renditen, die auch im zweistelligen Bereich liegen können. Die ersten Anlagen sind schon so lange in Betreib, dass sie aus dem Fördersystem gefallen sind. Weitere werden folgen.

Eine Förderung nach den dreizehn Jahren kann sich Graf lediglich für einige Biomasse-Anlagen mit einem besonders guten Wirkungsgrad vorstellen. Wind- und Sonnenenergie-Anlagen (Fotovoltaik) sollen sich am Markt bewähren, zumal sie ohnehin abgeschrieben sind.

Fotovoltaik

Auch wenn sich die rot-grüne Stadtregierung in Wien den Ausbau von Fotovoltaik per Volksbefragung hat absegnen lassen, wird es mit der Sonnenenergie in den Städten nicht viel werden. Johannes Stadler ist bei Wien-Energie für Fotovoltaik verantwortlich. Wegen der vielen verschachtelten Dachflächen, komplizierter Eigentumsverhältnisse und der hohen Kosten sei das Potenzial beschränkt, sagt er. „Der Ausbau von Fotovoltaik-Anlagen in den Städten ist europaweit sehr gering.“

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