Zielpunkt-Pleite höhlt Kartellrecht aus
Die Gewerkschaft GPA drängt darauf, beim Verkauf von Zielpunktfilialen an Konkurrenten nicht nur die Wettbewerbsbedingungen, sondern auch den Faktor Beschäftigung zu berücksichtigen. "Eine geringfügige Erhöhung der Marktanteile der bestehenden Unternehmen ist zu verkraften", meint GPA-Chef Wolfgang Katzian.
Derzeit dürfen Händler keine weiteren Standorte übernehmen, wenn sie in einem Gebiet schon einen Marktanteil von 30 Prozent erreicht haben. Hinter den Kulissen wird also an einer Aufweichung der Fusionskontrolle gearbeitet, schließlich kommen für die beiden großen Spieler der Branche, Rewe und Spar, sonst wohl viele Standorte gar nicht erst infrage. Laut Branchenkreisen wird in den zuständigen Ministerien schon fleißig für eine Lockerung der Regelungen lobbyiert.
Jobs oder Macht
"2700 Jobs wiegen schwerer als die Marktkonzentration", meint auch Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes. Er verweist auf die Regelungen in Deutschland: "Dort sind bei einer überwiegend positiven volkswirtschaftlichen Wirkung auch Ausnahmeregelungen möglich." Allerdings gilt dort ein anderes Kartellrecht.
Bleibt die Frage, wer überhaupt Interesse an den Zielpunkt-Standorten hat. "Die Standorte sind von höchst unterschiedlicher Qualität, ich schätze, dass nur ein Drittel davon für Händler interessant ist", meint Wolfgang Richter vom Standortberater RegioPlan. Zielpunkt habe immer eine unterdurchschnittliche Flächenproduktivität gehabt – wegen der wechselnden Geschäftskonzepte, aber auch wegen der schlechten Standorte.
Zieht ein Textil- oder Schuhhändler in einen Standort ein, heißt das noch lange nicht, dass er die Mitarbeiter übernimmt. Richter ist der Meinung, dass es in ein paar Jahren 20 Prozent der Läden in Österreich nicht mehr geben wird. Schließlich ist Österreich mit statistisch 1,4 Quadratmetern Verkaufsfläche pro Kopf europäischer Spitzenreiter. Eine Bereinigung ist längst im Gange. Jüngst sind bauMax und DiTech von der Bildfläche verschwunden.
Aus der Lebensmittelbranche ist viel Kritik an der geplanten Aufweichung des Kartellrechts zu hören. Diese würde den großen Händlern in die Hände spielen, die ihre Expansion in Wien vorantreiben würden – auch auf Kosten der Lieferanten, befürchten Insider.
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