Zielpunkt: Betriebsrat fristlos entlassen

Zielpunkt: Betriebsrat fristlos entlassen
Personalvertreter wegen "Genozid-Sager" rausgeworfen. Gewerkschaft hält Entlassung für rechtswidrig.

Bei der Lebensmittel-Handelskette Zielpunkt (2700 Mitarbeiter, fast 230 Filialen) und ihrem oberösterreichischen Eigentümer, dem Pfeiffer-Konzern mit Sitz in Traun, gibt es ordentlich Zoff. „Am 23. September war die Personalleiterin der Pfeiffer-Gruppe bei uns in Wien und hat uns mitgeteilt, dass die Personalverrechnung in Wien aufgelassen wird“, sagt Gerd H., der stellvertretende Betriebsratschef von Zielpunkt, im Gespräch mit dem KURIER. „Das betrifft sieben Mitarbeiter. Sukzessive wird aber das Zielpunkt-Headquarter in Wien mit rund 130 Angestellten aufgelöst.“ Nachsatz: „Das Entsetzen darüber war für mich und meine Kollegen sehr groß. Ich habe mich in der angespannten Situation zu der unglücklichen Aussage hinreißen lassen, das komme einem beruflichen Genozid nahe.“

Heute tut Gerd H. die verbale Attacke leid. Detail am Rande: Gerd H., der seit 15 Jahren bei der Handelkette beschäftigt ist, leitet derzeit den Zielpunkt-Betriebsrat, weil sich die BR-Vorsitzende auf Fortbildung befindet. Gerd H. ist als Betriebsrat aber nicht freigestellt.

Gegen die Kündigung der Personalverrechner hat der Betriebsrat Widerspruch eingelegt, und die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) hat Klagen eingebracht. Zehn Tage später wurde Gerd H. nach Traun beordert.

Die Dienstanweisung

„Am vergangenen Montag, dem 5. Oktober, habe ich eine Dienstanweisung erhalten, dass ich nach Traun in die Firmenzentrale kommen soll. Der bin ich nachgekommen“, erzählt Gerd H. weiter. „Im Besprechungszimmer der Pfeiffer Holding sind zwei Anwälte und die beiden Geschäftsführer Erich Schönleitner und Roland Malli gesessen. Man hat mir das Vertrauen entzogen und mir mündlich die fristlose Entlassung ausgesprochen.“ Grund sei der Genozid-Sager. Das Entlassungsschreiben selbst ist ein Einzeiler ohne Begründung. Detail am Rande: Der Pfeiffer-Konzern wird vom oberösterreichischen Anwalt Gerald Amandowitsch und dessen Frau vertreten.

Dünnes Eis

„Wenn es um eine Entlassung eines Betriebsrats geht, muss laut Gesetz im Vorhinein die Zustimmung des Arbeitsgerichts eingeholt werden“, sagt GPA-Regionalsekretär Mario Ferrari zum KURIER. „Eine fristlose Entlassung muss auch unmittelbar ausgesprochen werden – und nicht mit zehn Tagen Verspätung.“ Nachsatz: „Der unglückliche Begriff Genozid, der in dieser internen Sitzung fiel, ist kein Entlassungsgrund.“

Die GPA will nun für Gerd H.alle rechtlichen Mittel ausschöpfen. Die Gewerkschaft ist der Ansicht, dass das Dienstverhältnis nach wie vor aufrecht ist. Die GPA-Regional-Geschäftsführerin Barbara Teiber sagt zum KURIER: „Wir sind sehr zuversichtlich, diesen Fall vor Gericht zu gewinnen und wir werden auch beim Sozialplan nicht locker lassen.“

Scharfer Konter

Zielpunkt: Betriebsrat fristlos entlassen
„Der Vorwurf des Genozids ist für uns ein No-Go“, sagt Pfeiffer-Vorstandschef Erich Schönleitner im Gespräch mit dem KURIER. „Er hat wiederholt ehrverletzende Aussagen gemacht. Das ist nur die Spitze des Eisbergs.“ Das sieht auch sein Rechtsberater so. "Der Vorwurf des Genozids ist die schlimmste Form der Beleidigung", sagt Pfeiffer-Anwalt Amandowitsch. "Wir sind sicher, dass diese Entlassung rechtlich halten wird."

Weniger als 50 Mitarbeiter betroffen

Zielpunkt wurde 2012 von Pfeiffer übernommen. Der Pfeiffer-Konzern beschäftigt heute insgesamt 6500 Mitarbeiter, so Schönleitner, im Gesamtkonzern würden lediglich weniger als 50 Mitarbeiter abgebaut. Dass 130 Mitarbeiter betroffen seien, stimme nicht. "Wir haben den Einkauf und die Logistik integriert", sagt Schönleitner. "Im Zentral-Bereich werden Ersatzarbeitsplätze angeboten." Dass das Headquarter geschlossen wird, stimme auch nicht. Mit der Übernahme von Zielpunkt durch Pfeiffer ist die Zentrale in Traun. Es werden Mitarbeiter in Wien bleiben, darunter IT-Mitarbeiter, die die Kassensysteme servicieren, und alle 40 Mitarbeiter im Vertriebsmanagement. "Die Pfeiffer-Logistik GmbH mit den drei Standorten Wien, Graz und Traun hat rund 535 Mitarbeiter", sagt der Konzern-Chef. Bei Zielpunkt werden sogar durch vier neue Standorte 40 neue Jobs geschaffen.

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