Zahlungsmoral: Jede sechste Rechnung wird zu spät bezahlt
Inmitten der erlahmenden Konjunktur laufen die Geschäfte schlecht, bezahlt wird aber noch größtenteils pünktlich. Das geht aus der aktuellen Untersuchung der heimischen Zahlungsmoral durch den Kreditschutzverband von 1870 (KSV1870) hervor. Für das nächste Jahr werde allerdings auch hier "ein Abwärtstrend erwartet", teilten die Gläubigerschützer am Mittwoch mit. Aktuell werde in Österreich jede sechste Rechnung zu spät bezahlt.
"Trotz anhaltender wirtschaftlicher Turbulenzen bleibt die Zahlungsmoral damit im Vergleich zum Vorjahr stabil", so der KSV1870. Doch dabei "dürfte es sich um die Ruhe vor dem Sturm handeln", hieß es unter Verweis auf die jüngste Austrian-Business-Check-Umfrage. 43 Prozent der Unternehmen rechnen für das nächste Jahr mit einer Verschlechterung des Zahlungsverhaltens - je nachdem, wie sich die finanzielle Situation von Firmen und Privaten in den nächsten Monaten entwickeln werde.
Diese dürfte nicht allzu rosig ausfallen, schätzt der Kreditschutzverband. "Nicht nur Geschäftslage und Umsatzentwicklung der Unternehmen zeigen nach unten, sondern auch die Auftragslage rasselt häufig in den Keller." Etwa die Hälfte der Privaten gebe weniger Geld aus als im Vorjahr, stellte der KSV1870 fest. Sowohl Unternehmen als auch Private gerieten "immer mehr wirtschaftlich unter Druck".
Angespannte Kostensituation
Nur noch 49 Prozent der heimischen Betriebe erachten ihre derzeitige Geschäftslage als "sehr gut" oder "gut" - das sei eine Verschlechterung um acht Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr.
Gleichzeitig habe sich der Anteil von Unternehmen mit Umsatzrückgängen innerhalb eines Jahres von 19 auf 31 Prozent deutlich erhöht. Von einer steigenden Umsatzentwicklung berichten laut KSV1870 nur noch 35 Prozent, nach 47 Prozent im Vorjahr.
"Die aktuellen Ergebnisse lassen nur wenig Gutes vermuten", sagt KSV1870-Chef Ricardo-José Vybiral, fest. Am meisten Kopfzerbrechen bereite den Firmen, "die angespannte Kostensituation", gefolgt vom akuten Personalmangel und politischen Unsicherheiten infolge von neuen Richtlinien oder gesetzlichen Einschränkungen, aber auch die innenpolitische Lage.
Die deutlich höheren Kosten gaben zuletzt 81 Prozent der Betriebe zumindest teilweise an ihre Kundinnen und Kunden weiter, 22 Prozent hätten die Preiserhöhungen komplett überwälzt. Darauf verschlechterte sich die Auftragslage bei rund der Hälfte der Unternehmen.
Situation am Bau große Sorgen
30 Prozent berichten von einem geringeren Auftragsvolumen, 17 Prozent von weniger Aufträgen und weitere 7 Prozent von der Stornierung bereits fixierter Aufträge beziehungsweise von einer Nachverhandlung der Preise.
Vor allem der Handel, die Bauwirtschaft sowie der Bereich Gastronomie und Beherbergung hätten mit einer stark rückläufigen Auftragslage zu kämpfen. "Dabei bereitet vor allem die Situation am Bau große Sorgen", betonten die Gläubigerschützer. Zwar seien die Auftragsbücher zur Stunde noch halbwegs gefüllt, doch das sehe in den kommenden Monaten und im Jahr 2024 ganz anders aus, erklärte Vybiral.
"Angesichts der Gesamtsituation war es nur eine Frage der Zeit, bis die Zahl jener Unternehmen sinkt, die ein Geschäftsjahr mit Gewinn abschließen", so der Kreditschützer. Dieser Moment sei nun erreicht. Während 2021 noch 63 Prozent bzw. im Vorjahr 62 Prozent positiv resümiert hätten, seien es heuer 56 Prozent.
Verschlechterung um fünf Prozentpunkte
Laut Austrian Business Check zeigen nach wie vor 66 Prozent der Betriebe (2022: 70 Prozent) in Österreich ein gutes Zahlungsverhalten. Das sind aber laut KSV1870 um zehn Prozentpunkte weniger als noch vor zwei Jahren und um vier Prozentpunkte weniger als 2022.
"Quer über alle Branchen hinweg wird in Österreich aktuell jede sechste Rechnung zu spät bezahlt", berichtete der Geschäftsführer der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH, Walter Koch. Beim Bund zahlen demnach 78 Prozent pünktlich - eine Verschlechterung um fünf Prozentpunkte, in den Ländern ebenfalls 78 Prozent (minus 1 Prozentpunkt). Um einen Prozentpunkt verschlechtert haben sich weiters Firmenkunden, die zu 79 Prozent pünktlich zahlen, sowie die Gemeinden (85 Prozent).
Zahlungsdauer verschlechtert
Die Zahlungsmoral der Privaten wiederum bewege sich mit einem Anteil von 88 Prozent an pünktlichen Zahlern auf Vorjahresniveau.
Bei der Zahlungsdauer verschlechterten sich die Firmenkunden um einen Tag auf 26 Tage. Demgegenüber verbesserten sich die Länder um einen Tag auf 33 Tage. Auf Vorjahresniveau blieben Private mit 13 Tagen, der Bund (34 Tage) und die Gemeinden (25 Tage).
Die langsamsten Zahler sind im Bundesländervergleich die Tiroler - sowohl bei den Firmen (31 Tage) als auch bei den Privatkunden (16 Tage). Am schnellsten sind Firmen aus Vorarlberg (24 Tage) und Privatpersonen aus der Steiermark (11 Tage).
Stärker nachlaufen
Der finanzielle Spielraum vieler Privathaushalte werde kleiner, betonte der KSV1870 unter Verweis auf die Umfrage. Im Vergleich zum Vorjahr kaufe rund die Hälfte (51 Prozent) der Privaten weniger ein beziehungsweise gebe weniger Geld aus. Für 53 Prozent der Betriebe sei es "zuletzt schwieriger geworden, Konsumenten zum Zahlen zu bewegen". Die Unternehmen müssten schon jetzt Rechnungen häufiger nachlaufen als noch vor einem Jahr, so Koch.
Im Rahmen des Austrian Business Check fragt der KSV1870 die heimischen Unternehmen zweimal pro Jahr, wie es um deren wirtschaftliche Situation steht. An der aktuellen Umfrage im August 2023, die gemeinsam mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent durchgeführt wurde, nahmen den Angaben zufolge rund 1.400 Unternehmen teil.
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