Wohin Russland jetzt sein Öl exportiert

Öltransport per Eisenbahn im sibirischen Omsk.
China und Indien kaufen mehr und mehr russisches Öl zu Sonderkonditionen, das Geschäft floriert auch bei Kohle und Gas.

Über die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der Sanktionen des Westens gegen Wladimir Putin und seine Kriegsmaschinerie lässt sich trefflich streiten. Es häufen sich freilich die Berichte, wonach die russische Wirtschaft tatsächlich eine massive Krise durchmacht und die Sanktionen für den Kreml entgegen der russischen Propaganda äußerst schmerzhaft sind.

Unbestritten ist dabei, dass Moskau mittlerweile in China und Indien relativ verlässliche Abnehmer für sein Öl und Gas gefunden hat.

Selbst das ölreiche Saudi Arabien hat seine Öl-Importe aus Russland zur Stromerzeugung im eigenen Land zuletzt verdoppelt. Schlicht deshalb, weil Moskau großzügige Preisnachlässe gewährt oder gewähren muss, um seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine weiter finanzieren zu können. So können die Saudis das billige russische Öl im Land verbrauchen und ihr eigenes Öl gewinnbringend exportieren.

Wenn man so will, umgeht Putin damit die Sanktionen des Westens und kann beispielsweise im Iran Drohnen einkaufen oder Halbleiter und Rohstoffe in China.

Wohin Russland jetzt sein Öl exportiert

Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Staatschef Xi Jinping 

Alle außer Ungarn

Erst Ende Mai hat die EU nach wochenlangem Streit einen weitgehenden Importstopp von russischem Öl beschlossen. Dies betrifft Transporte mit Öltankern über den Seeweg. Bis Jahresende will Europa damit auf 90 Prozent der bisherigen Ölimporte aus Russland verzichten. Die restlichen zehn Prozent entfallen auf Ungarn, das erfolgreich eine Ausnahme vom Embargo für sich erzwungen hat und russisches Öl weiter über die Druschba-Pipeline bezieht.

„Russland versucht, die Sanktionen zu umgehen. Das ist logisch und war auch erwartbar. Trotzdem war es wichtig und richtig, scharfe Sanktionen im Konsens der G-7 gegen den Aggressor zu verhängen“, sagt Michael Löwy, Bereichsleiter Internationalen Beziehungen und Märkte in der Industriellenvereinigung. Und weiter: „Speziell China und Indien haben weiterhin völlig normale Wirtschaftsbeziehungen zu Moskau und nehmen der russischen Wirtschaft ihre beiden größten Exportschlager, nämlich Öl und Gas, gerne zu hohen Preisabschlägen ab.“

Mittlerweile ist Russland sogar Chinas größter Öl-Lieferant – noch vor Saudi Arabien. China ist auch Russlands wichtigster Handelspartner, seit 2019 ist das Handelsvolumen um 30 Prozent auf zuletzt (2021) 147 Milliarden Dollar gestiegen.

Wohin Russland jetzt sein Öl exportiert

"Peking sieht die kurzfristigen wirtschaftlichen Vorteile, Energie günstig aus Russland zu bekommen", Michael Löwy, Industriellenvereinigung

Für Peking sind freilich EU und USA die wichtigsten Handelspartner. Peking steht also unter Druck.

Löwy sagt: „China ist aber momentan das Hemd näher als der Rock. Peking sieht die kurzfristigen wirtschaftlichen Vorteile, Energie günstig aus Russland zu bekommen, darf es sich aber gleichzeitig nicht völlig mit seinen wichtigsten Handelspartnern verscherzen.“

Auch Indien kauft ein

Auch in Indien ist Russland mittlerweile auf den zweiten Platz der Öllieferanten geklettert und hat Saudi Arabien auf Platz 3 verdrängt. Wichtigster Lieferant für Indien bleibt vorerst der Irak.

Aber: Binnen Jahresfrist stieg der Wert der indischen Ölimporte aus Russland um mehr als das 31-fache auf 2,2 Milliarden Dollar. Und auch der Import russischer Kohle hat sich zuletzt verdreifacht.

Öl, Gas und Kohle

Kohle ist auch weiterhin die wichtigste Energiequelle in China. 26 Prozent aller chinesischen Kohleimporte kommen bereits aus Russland. Das bedeutet Platz 2 unter den wichtigsten Lieferanten – nur noch knapp hinter Indonesien. Unterm Strich steigt die gesamte Abhängigkeit Chinas von Russland, was die Energieimporte betrifft – langsam aber sicher nämlich auch beim Gas. Dort stieg der Importanteil in China von lediglich 2,5 Prozent im Jahr 2010 auf 6,7 Prozent 2020.

Gazprom fühlt sich benachteiligt

Gazprom ist der größte Erdgas-Konzern der Welt

Michael Löwy sagt zu dieser Situation: „Viele Wirtschaftsräume und Länder halten sich nicht an die Sanktionen oder verhalten sich aus Eigeninteresse neutral. Da bilden sich neue Allianzen heraus, da verschieben sich Gewichte.“

Es zeige sich: „Putin ist bereit, einen immens hohen wirtschaftlichen und politischen Preis zu zahlen, um seine Ziele in der Ukraine umzusetzen.“

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